In Brasilien machte Mercedes den Sack zu und holte sich zum fünften Mal in Folge die Team-WM der Formel 1. Eine wichtige Rolle spielte dabei der Sieg von Lewis Hamilton, doch der hätte sich im Rennen beinahe in Rauch aufgelöst. Denn der Mercedes entging nur ganz knapp einem Motorschaden, wie Teamchef Toto Wolff erklärt.

Der drohende Motorschaden war definitiv mehr als nur ein Hintergrundgeräusch. Hamiltons Mercedes stand noch vor Halbzeit des Rennens einmal ganz knapp vor dem Total-Versagen. Schwere Überhitzungsprobleme machten dem Auspuff zu schaffen. Die Mercedes-Ingenieure sahen in einer Runde sogar schon das Ende der Power Unit und damit den Ausfall kommen. Mit heruntergedrehtem Motor rettete sich Hamilton vor Max Verstappen noch über die Ziellinie.

Wolff erlebt Horror am Funk: Hamilton-Motorschaden, bitte was?

Toto Wolff kann sich nach dem Brasilien-GP noch gut an den Moment erinnern, in dem er von Hamiltons Problemen erfuhr. "Wir haben hier und zu Hause in der Fabrik die Motoren-Leute, und was ich - weil ich ungefähr zehn Funkkanäle offen haben - auf einem der zehn Kanäle hören konnte war: 'Lewis Hamilton kurz vor Power-Unit-Versagen, wird in der nächsten Runde passieren.'"

Wolff konnte es gar nicht glauben: "Ich drehte die Lautstärke auf und meinte 'Entschuldigung bitte, was?' Und sie meinten 'ja, wir haben ein massives Problem mit der Power Unit, sie wird in der nächsten Runde kaputt gehen.'" Der Fall trat aber nicht ein, Hamiltons Mercedes überlebte die Runde. Wolff ergriff die Gelegenheit, um sich über die Situation zu informieren.

Lewis Hamilton im Parc Ferme nach dem Rennen, Foto: Sutton
Lewis Hamilton im Parc Ferme nach dem Rennen, Foto: Sutton

"Und sie sagten: 'Na ja, unser Auspuff ist kurz vor dem Versagen und wir liegen über allen Temperaturlimits.'", so Wolff. "Also fragte ich: 'Wie kann man es reparieren?' Und sie begannen, es zu lösen, indem sie alles runtergedreht haben." Mittels der Motor-Software bekam man Hamiltons Auspuff-Temperaturen wieder in den Griff.

Die Lösung schritt nur langsam voran. "Die Temperaturen sanken unter 1000 Grad, auf 980 Grad, aber das ist noch immer zu hoch", erklärt Wolff. Weiter banges Warten an der Mercedes-Box. Auf die Erfahrung hätte Wolff gerne auch verzichten können: "Das war echter Horror."

Hamilton rettet Brasilien-Sieg: Tanz auf den Lenkrad-Knöpfen

Lewis Hamilton bemerkte den drohenden Power-Unit-Totalschaden auch gleich im Cockpit seines Mercedes. "Ich konnte es spüren. Natürlich, schließlich fahre ich von Beginn an mit diesem Motor, also weiß ich alles, was es da zu wissen gibt. Wie es sich anfühlt", erklärt Hamilton nach dem Rennen.

Zuerst wollte er sich möglichst nicht davon ablenken lassen. Er versuchte, das Problem mit einer vorsichtigen Fahrweise im Griff zu halten. Als die Ingenieure dann eine Software-Lösung präsentierten, war Hamilton im Cockpit gefragt.

"Sie haben mir einige Bälle zugeworfen, während ich mit anderen Dingen jongliert habe", erinnert er sich. "Da kamen andere Schalterpositionen. Du stellst eine Standardeinstellung ein.Bei einem Schalter drückst du plus, plus, plus, plus, plus. Dann gehst du zu einem anderen und gehst runter, runter, runter, runter, und so etwas gaben sie mir immer wieder."

Hamilton trägt Mercedes nach Hause: War am Ende fantastisch

Hamilton verlor daher früh im Brasilien-GP gleich einmal die Führung an Max Verstappen: "Er hat uns überholt, wir waren an einem Punkt leichte Beute auf den Geraden." Mit Glück bekam er Platz eins nach der Kollision zwischen Verstappen und Ocon wieder zurück. Danach kam auf Hamilton allerdings eine Mammut-Aufgabe zu. Mit dem lahmenden Mercedes musste er vor einem wieder aufschließenden Verstappen bleiben.

Für Hamilton und Mercedes kamen an diesem Punkt gleich mehrere Probleme zusammen. Der Motor wollte nicht mehr, und die Reifen waren ebenfalls am Ende. "Die letzten zehn Runden habe ich mit dem Auto geredet, habe es angeschrien: Komm schon, Komm schon! Du schaffst das!", sagt Hamilton. "Du kannst dir nicht vorstellen, wie verrückt das Gefühl im Auto ist."

Lewis Hamilton nach dem Sieg in Brasilien, Foto: LAT Images
Lewis Hamilton nach dem Sieg in Brasilien, Foto: LAT Images

Verstappen kam bis zur Zielflagge nicht mehr nahe genug - womöglich auch, weil sein Auto nach der Kollision mit Ocon Aero-Teile und damit viel Abtrieb verloren hatte. Trotzdem dauerte Hamiltons Albtraum bis zum Zieleinlauf: "Ich fühlte mich am Ende fantastisch, als ich es über die Linie schaffte und das Auto nicht kaputt ging. Ich fühlte mich einfach so erleichtert und dankbar."

Was dieses Problem für das letzte Formel-1-Rennen der Saison in Abu Dhabi bedeutet, das kann Hamilton noch nicht sagen. "Ich weiß nicht, soweit habe ich noch nicht gedacht. Ich bin mir nicht ganz sicher." Für die WM wird es aber keine Rolle mehr spielen, nachdem jetzt auch die Team-WM fix an Mercedes geht.