Lewis Hamilton ist mal wieder frisch gebackener Weltmeister. Trotzdem geht der Mercedes-Fahrer das erste Formel-1-Rennen nach dem fünften Ritterschlag seiner Karriere, den Brasilien GP an diesem Wochenende, nicht tiefenentspannt an. Im Gegenteil. Der Brite steht vor Sao Paulo weiter richtig unter Strom.

"Ich spüre hier keinen Unterschied. Der Druck ist derselbe. Ich will das Rennen noch immer gewinnen und meine Performance ist generell unter Druck am besten. Vielleicht erlaube ich mir deshalb inzwischen einfach unterbewusst, dass der Druck bleibt", schildert Hamilton seine eigene, gegenwärtige Verfassung.

Hamilton-Statistik: Kein Sieg nach vorzeitigem Titel

Mit Blick auf seine Karriere war das nicht immer so. Jedes Mal wenn Hamilton bisher einen Titel vorzeitig gewonnen hat, erzielte er bei den übrigen Saisonrennen keinen Sieg mehr. Weder 2014 bei drei noch 2017 bei zwei weiteren Chancen. Im Vorjahr in Brasilien - ebenfalls wie 2018 Rennen eins nach dem Titel - warf Hamilton im Qualifying sogar sein Auto weg. Ein seltener, klarer Fahrerfehler des Briten.

Formel 1 2018: Brennpunkte vor dem Brasilien GP: (06:55 Min.)

"Das ist aber ein Jahr her und da denke ich nicht groß drüber nach", winkt Hamilton jedoch ab. "Aber das darf nicht wieder passieren. Es ist aber ein herausfordernder Kurs, also kann es schon passieren. Aber ich lasse sowas gar nicht erst in meinen Kopf", so der Brite.

Hamiltons Fight für 1000 Jungs: Team-Titel für sie das Wichtigste

Hat Hamilton - eigenem Bekunden zufolge 2018 ohnehin so gut wie nie zuvor, auf der Höhe seines Schaffens - also auch dieses Mini-Laster zu den Akten gelegt? Gibt es jetzt keinen Einbruch mehr, auch wenn der Titel fix ist? Möglich. Doch hat Hamilton in dieser Saison auch schlicht noch ein hohes Ziel.

"Wir haben jetzt noch zwei Rennen, um auch den Konstrukteurstitel für das Team sicherzustellen. Und das müssen wir. Denn das ist der Schlüssel. Das ist das wichtigste aller Dinge. Das ist die oberste Priorität wenn wir uns vor Jahresbeginn mit dem Team zusammen setzten - die Fahrer-WM ist da nur der Bonus. Dafür kämpfen wir für die mehr als 1000 Jungs in der Fabrik, über die wir so oft sprechen. Denn dieser Titel bedeutet ihnen am meisten", erklärt Hamilton. "Und deshalb will ich das schaffen. Ich hoffe, dass wir das dieses Wochenende oder nächstes gemeinsam schaffen."

Brasilien: Mercedes in Formel 1 nicht mehr Top-Favorit

Am besten geht das natürlich mit einem Sieg gleich in Interlagos. "Und ich will hier gewinnen", stellt Hamilton ganz deutlich klar. Sieg-Geschenk an Valtteri Bottas zum Ausgleich für Russland? Für Mercedes wäre ja egal, welcher Fahrer gewinnt. "Ich würde es machen, aber ich bin nicht sicher, ob ich ihm damit einen Gefallen tun würde", sagt Hamilton. Genauso sieht es der Finne. "Ich will es selbst schaffen."

Doch wie stehen für Mercedes überhaupt die Chancen? Zuletzt lief es in den USA immerhin nur durchwachsen, in Mexiko sogar extrem bescheiden. Oder wie Hamilton klar anprangert: "Die letzten beiden Rennen waren für unseren Standard schockierend. Und ich weiß nicht, wie die nächsten beiden laufen werden."

Bottas: Teamwertung wichtiger als P3 in Fahrerwertung

Es ist also durchaus nicht auszuschließen, dass Hamilton zwar erneut daran scheitert, nach seinem eigenen Titelgewinn nicht mehr zu siegen, dass 2018 aber mal nicht an ihm und dem fehlenden letzten Prozent Einsatz, sondern schlicht dem Kräfteverhältnis liegt. Das Problem: So ganz hat Mercedes den Schlüssel, die Ursache der jüngsten Probleme noch nicht ergründet.

Entsprechend vorsichtig blickt Hamilton dem Wochenende in Brasilien entgegen. "Ein Teil davon ist uns noch immer ein Rätsel, manche Bereiche haben wir aber verstanden. Allerdings kommen wir jetzt wieder zu einem Kurs, der recht hart zu den Reifen ist. Dafür waren wir hier auch nie allzu schlecht. Ich hoffe, dass wir hier das Auto richtig hinbringen, um mit Ferrari und Red Bull zu kämpfen. Die werden hier beide wieder stark sein", sagt Hamilton.

Teamkollege Valtteri Bottas denkt kaum anders. Für den Finnen geht es zwar noch immer um den ersten Saisonsieg - und Platz drei in der Fahrer-WM gegen Kimi Räkkönen. Doch sei das nur zweitrangig. "Wir müssen die Teamwertung klarmachen. Es spielt keine Rolle, wo ich rauskomme. Es macht für dich als Fahrer sowieso keinen Unterschied - außer, dass du als Dritter zur FIA-Gala musst und als Vierter eben nicht", scherzt der Mercedes-Pilot.

"Wir wollen einfach als Team stark sein. So gut es irgend geht in Qualifying und Rennen", sagt Bottas. Im Vorjahr gelang dem Finnen das zumindest zur Hälfte. Die Pole holte er. Doch schon am Start ließ er sich von Sebastian Vettel überlisten.

Damit das nicht wieder geschieht, hat Bottas bereits Video-Studium betrieben: "Ich muss dann einfach so schnell wie möglich nach innen. Aber erstmal müssen wir sowieso fürs Quali arbeiten. Aber auch das entscheidet nicht alles. Das Wetter soll hier ja ziemlich wechselhaft werden."