Am Donnerstag sickerte bereits ein erstes Foto durch, am Freitag präsentierte Formel-1-Boss Ross Brawn die Zukunft der Königsklasse offiziell. Im Rahmen des Singapur GP 2018 zeigte Brawn den anwesenden Journalisten noch viel mehr.

Das Foto, das im Internet kursierte, so erklärte Brawn, war lediglich eine Illustration für Nachwuchs-Ingenieure, das eigentlich nicht an die Öffentlichkeit sollte. "Allerdings haben sie dann alle schnell ihre Smartphones gezückt", so der F1-Boss.

Durch den Leak veranlasst, gab die Formel 1 nun noch viel mehr Details preis. Vor rund einem Jahr begann die Arbeit an den Regeln für 2021. Die Formel 1 will 2021 ihr gesamtes technisches Konzept überdenken. In den aktuellen Strukturen sind größere Änderungen nur schwierig durchzusetzen, allerdings laufen die kommerziellen und sportlichen Verträge zur Saison 2021 aus.

Diese Chance wollen die neuen Formel-1-Bosse beim Schopfe packen. "Wir wollen proaktiv sein und nicht mehr auf Probleme reagieren, wenn sie schon da sind", erklärt Brawn. Inzwischen befindet sich die Formel 1 bereits in der dritten Konzept-Phase.

Formel-1-Autos 2021 verlieren nur noch 20 Prozent Abtrieb

Die Modelle wurden bereits an die Teams gegeben, denen zusätzliche Rechenleistungen zur Analyse eingeräumt wurden. Die CFD-Simulationen sind wie Windkanalstunden beschränkt. "Die Ergebnisse der Teams stimmen mit unseren überein und das ermutigt uns", so Brawn.

Das größte Probleme der aktuellen Formel 1 ist wohl das Überholen. Im Abstand von zwei bis drei Autolängen verlieren die aktuellen Boliden rund 50 Prozent Performance. "Mit unseren Modellen werden sie nur noch 20 Prozent verlieren", erklärt Brawn. "Sie werden also 80 Prozent Performance behalten statt 50 Prozent."

Red Bull, Ferrari & Mercedes: Sind die Teams 2021 überhaupt noch dabei?, Foto: FOM
Red Bull, Ferrari & Mercedes: Sind die Teams 2021 überhaupt noch dabei?, Foto: FOM

Dadurch könnte auch DRS überflüssig gemacht werden. Ganz sicher ist das aber noch nicht. Man will zunächst abwarten, ob sich die Erwartungen auch erfüllen. DRS kann dann nachträglich noch relativ einfach hinzugefügt werden.

Allzu sehr wollte Brawn bei der Designphilosophie nicht ins Detail gehen. Sichtbar an den Konzepten waren allerdings kleinere Verkleidungen der Räder. Die offenen Räder machen den Charakter eines Formel-Fahrzeugs aus, deshalb will man sie grundsätzlich beibehalten. "Aber sie haben aerodynamisch einen schlechten Einfluss auf den Hintermann", beklagt Brawn.

So sah das erste Konzept für 2021 aus, Foto: FOM
So sah das erste Konzept für 2021 aus, Foto: FOM

Deshalb sind kleinere Leitbleche rund um die Reifen zu sehen. Im aktuellsten Konzept gibt es auch Aero-Elemente an den Vorderreifen, nicht nur wie im zweiten Konzept nur an den Hinterreifen. Strukturell, ähnlich wie bei Oval-Rennen der Indycar, sollen die Verkleidungen aber nicht werden.

Formel-1-Boliden werden spektakulär

Neben der Überholfreundlichkeit ist die Optik das zweite große Thema beim Design der 2021er Autos. "Es frustriert mich, wenn die Autos im Videospiel besser aussehen als die, die wir auf der Strecke gaben", so Brawn. "Für mich ist die Ästhetik sehr wichtig." Deshalb arbeitete von Beginn an ein Designer mit den Ingenieuren zusammen.

Ein großer Teil der Optik wird von den neuen Reifendimensionen beeinflusst. Seit der Ausschreibung für einen neuen Reifenalleinausrüster ist klar, dass die Formel 1 ab 2021 auf 21-Zöllern daher rollt. "Sie geben den Autos ein moderneres Antlitz", erklärt Brawn.

Neue Regeln machen Formel 1 2021 langsamer

Die Eierlegende Wollmilchsau gibt es aber auch mit Liberty Media nicht. Für Ästhetik und Überholfreundlichkeit muss ein Preis gezahlt werden. Der Preis ist in diesem Fall Performance. "Sie werden langsamer als die aktuellen Fahrzeuge sein", sagte Brawn Motorsport-Magazin.com.

"Die aktuellen Autos sind bei der Performance sehr eindrucksvoll, aber wenn die Entwicklung so weitergeht, dann muss man auch wieder Anpassungen in die andere Richtung vornehmen, das ist unvermeidlich. Im nächsten Jahr wird es eine erste geben, 2021 die nächste", so Brawn.

Den Kritikern nimmt der Formel-1-Boss sofort den Wind aus den Segeln: "Es geht auch darum, wie der Abtrieb generiert wird. Der absolute Abtrieb wird weniger, aber das gab es in diesem Jahr auch in der Indycar. Das Feedback der Fahrer auf Straßenkursen ist aber sehr gut, nur im Oval gibt es Probleme - das ist aber ein sehr spezieller Fall."

2021er Reglement soll Ende 2019 fix sein

Abgesehen von den Reifen gibt es noch nichts Konkretes. Das Reglement für 2021 will Brawn aber bis spätestens Ende 2019 stehen haben. Je später die Regeln feststehen, desto größer ist der Vorteil für die großen Teams.

Bis dahin werden die Formel-1-Bosse noch jede Menge simulieren. Das finale Reglement kommt von der FIA. Dort ist inzwischen mit Nikolas Tombazis einer der Initiatoren des 2021er Projekts Technik-Chef für Formel-Fahrzeuge.

Ob das neue Reglement alle Probleme lösen wird, steht freilich auf einem anderen Papier. Dessen ist sich auch Brawn bewusst. "Wir sagen nicht, dass wir von Tag eins an die perfekte Ästhetik haben werden. Wir können nicht alles, was die Teams machen, vorhersehen. Aktuell sind die kooperativ, aber sie schalten irgendwann in den Wettkampf-Modus. Der Schlüssel ist es dann, schnell zu antworten, wenn etwas passiert, was nicht vorherzusehen war."