Die Formel 1 biegt auf die Zielgerade ein. Mit dem Italien GP in Monza endete nicht nur die Europasaison, sondern auch das zweite Drittel der F1-Saison 2018. Für Sebastian Vettel und Lewis Hamilton geht der WM-Kampf damit in die heiße Phase. Das jüngste Rennen führte vor Augen: Der letzte Stint des Jahres wird unter anderen Bedingungen ausgetragen als die vorherigen.

Konkret: Stallorder ist jetzt offenbar kein Tabu mehr. Zumindest bei Mercedes. Schon vor Monza kündigte Toto Wolff an, je nach Ausgang des Italien GP zu überlegen, diesen unbeliebten Weg zu beschreiten. Dann geschah es bereits in Monza. "Meine Mission war es, Kimi aufzuhalten", sagte Valtteri Bottas direkt nach dem Rennen.

Ferrari-Teamchef Arrivabene: Beschäftigen Fahrer, keine Butler

Zuvor hatte er als Bremsklotz zugunsten Hamiltons gegen seinen Landsmann Räikkönen fungiert. Dafür verliehen die Sozialen Medien dem Finnen bereits den unrühmlichen Namen Blockas. Oder um es mit Ferrari-Teamchef Maurizio Arrivabenes Worten in der italienischen 'La Gazetta dello Sport' zu sagen: "Wir beschäftigen Fahrer, keine Butler." Ein vor der Teamgeschichte durchaus kurioses Statement aus Maranello.

Formel 1 2018: Top-Themen nach dem Italien GP (10:53 Min.)

Was auch die Reaktion einer Legende des Rennstalls vor Augen führt. "Wir gewannen auf diese Weise ein paar Meisterschaften. Als ich Chairman und CEO war, mit Kimi und Felipe Massa, mit Rubens Barrichello und Michael Schumacher, mit Michael und Eddie Irvine", sagte Luca di Montezemolo der BBC. "Das ist Teil der Geschichte und Bottas hat nichts falsch gemacht oder ein Foul begangen. Mercedes hat seinen Job gemacht. Wenn ich bei Ferrari am Runder wäre und in derselben Lage wie Mercedes würde ich genau dieselbe Entscheidung treffen. Fertig.

Mercedes-Teamchef Wolff: Monza war keine Teamorder

Arrivabenes Mercedes-Pendant Wolff bestritt unterdessen, es habe sich in Monza überhaupt schon um Teamorder gehandelt. Für Bottas sei der extrem lange erste Stint schlicht auch selbst die beste Strategie gewesen, die Hilfe für Hamilton nur eine praktische Nebenwirkung. Für die meisten Beobachter war es eher andersherum. Oder vielmehr: ganz klar andersherum.

Genau deshalb kam auch die Frage auf, wieso Ferrari nicht längst ähnlich spielt. Darauf musste nicht nur Arrivabene antworten, der einen Positionswechsel zwischen seinen Fahrer gleich am Start zudem als gefährlich und verrückt brandmarkte, sondern auch Sebastian Vettel. Vor allem Sebastian Vettel.

Sebastian Vettel nach Quali-Klatsche an Ferrari: Sprechen später

Schon nach dem Qualfiying war das Thema in Monza aufgekommen. "Wir sprechen später", funkte der Deutsche da an Ferrari nachdem er sich hinter Polesetter Räikkönen qualifiziert hatte, wobei der Iceman Vettels Windschatten erhielt, nicht andersherum. Vettel bekam jedoch auch einen nur leicht schwächeren Tow Hamiltons.

Nach dem Rennen lag nun die Frage nahe: Hätte es zu Vettels unglücklichem Hamilton-Unfall in der Variante della Roggia überhaupt kommen müssen? Wäre ein anderes Ergebnis im Qualifying oder ein Tausch zumindest direkt am Start die Rettung gewesen? Sprich: Hätte auch Ferrari klar eingreifen, Räikkönen zum Helfer machen müssen?

Vettel: Nie etwas geschenkt bekommen, rechne nicht damit

"Die Frage richtet sich mehr an das Team als an mich", verweist Vettel bei Nachfragen an die Scuderia. Doch gibt er zumindest eine Einschätzung ab: Fordern will Vettel Stallorder in Maranello nicht. "Ich fahre mein Rennen und habe kein Problem damit (das Räikkönen frei fahren darf, Anm. d. Red.)", versichert Vettel. "Ich glaube ich habe noch nie etwas geschenkt bekommen in der Vergangenheit und auch heute nicht. Deshalb gehe ich nicht an den Start und rechne mit so etwas."

Doch was ist mit dem "Wir sprechen später"? Gar keine Diskussionen also bei Ferrari? Das schon, berichtet Vettel. "Ich habe gestern gesagt, dass ich nicht happy war. Aber ich denke, dass ich bei den Leuten, die das betrifft, die Punkte angesprochen habe, die es anzusprechen gibt", so Vettel nach dem Rennen über das Qualifying.

Vettel: Immer bereits gegen alle zu fahren

"Natürlich war ich nicht happy mit dem Ergebnis nach dem Qualifying, denn ich denke, dass ich auf Pole hätte sein können. Aber das war das Ergebnis und ich denke, dass heute nichts damit zu tun hatte. Es war einfach etwas unglücklich und hätte auch andersherum ausgehen können." Über den Start habe man aber nicht gesprochen, bestätigt Vettel seinen Teamchef. "Nein, ich denke wir sind alt genug. Ich denke nicht, dass wir den Start vorher durchgehen müssen."

Wie Mercedes Ferrari austrickste - Italien GP 2018 (Analyse) (21:32 Min.)

Vettel betont nochmals. "Ich mache meinen Job und bin dafür vorbereitet gegen alle Rennen zu fahren." Wenn Mercedes das anders sehe, habe er damit kein Problem. "Jeder ist frei, zu entscheiden, welchen Ansatz er wählen möchte. Für uns ist es ziemlich klar und geradeaus", sagt Vettel. Ihm sei es egal, sollte er jetzt gegen drei Autos fahren müssen, Hamilton nur mehr gegen zwei.

Wolff: Hamilton will nichts geschenkt

"Ich komme damit klar, gegen drei Autos zu kämpfen und ich bin genauso happy gegen - wie viele sind wir insgesamt? 20? - 19 Autos zu kämpfen. Ich war nie in einer anderen Lage als dieser. Das ist auch in Ordnung. Ich erwarte nichts anderes", stellt Vettel klar.

Beim Konkurrenten Mercedes soll die Diskussion nun wie angekündigt geführt werden. Doch betont Wolff abermals: "Ich mag Teamorder nicht wirklich, das ist nicht cool für den Sport und für beide Fahrer nicht gut." Denn Hamilton sehe es wie Vettel, so der Österreicher: "Lewis will nichts geschenkt. Und Valtteri will nichts hergeben." In Monza, stellt Wolff nochmals seine Sicht der Dinge dar, sei es ja auch noch gar nicht nötig gewesen. "Wir sehen dann, was in Singapur passiert. Aber ich will den Moment so weit wie möglich aufschieben."