China GP 2018, Max Verstappen schießt Sebastian Vettel ab. Alle springen vor Aufregung auf, nur Sekunden später wartet jeder auf einen wutentbrannten Funkspruch des Ferrari-Stars. Doch von Vettel kommt nicht viel, nur ein enttäuschter Spruch über Verstappen. Dann eben nach dem Formel-1-Rennen in Shanghai. Nächste Fehlanzeige. Wieder geht dem F1-Piloten keine derbe Ansage über die Lippen.

Regelrecht enttäuscht, keine Schlagzeile bekommen zu haben, ziehen die Journalisten davon. Enttäuscht, aber auch verwundert. Nahezu garantiert war die Presse von einer öffentlichkeitwirksamen Geschichte ausgegangen. Vettels Vorgeschichte spricht für sich.

Sebastian Vettel flippt aus: Die Vorgeschichte

Die Gurken-Lästerei gegen Narain Karthikeyan in Malaysia 2012, der Kvyat-Torpedo-Spruch 2016 in China oder Vettels wilde Flucherei auf FIA-Rennleiter Charlie Whiting in Mexiko später in jener Saison sind nur einige besonders gut bekannte Beispiele.

Oder auch Baku 2017, als es Vettel jedoch auf der Strecke wortwörtlich krachen ließ, dem Heppenheimer beim berüchtigten Rammstoß gegen Lewis Hamilton regelrecht die Sicherungen durchbrannten.

Nahm sich Vettel Marchionne-Kritik zu Herzen?

Ganz anders der Sebastian Vettel der Formel-1-Saison 2018. Überreaktionen auf der Strecke, im Boxenfunk, im Interview? Nicht einmal mehr im Eifer des Gefechts. Aber warum? Woher rührt die Gemütsänderung? Hat Vettel die Worte des Ferrari-Bosses Sergio Marchionne Ende vergangenes Jahres zum Anlass genommen?

Möglich. Davon erwähnt Vettel, als er auf das Thema angesprochen wird, selbst jedoch genauso wenig, wie davon, das Meditieren für sich entdeckt zu haben. "Nö", winkt Vettel ab. Vielmehr steckt etwas anderes, viel Simpleres dahinter. Er sei schlicht gereift. "Über manche Dinge habe ich mich in der Vergangenheit mehr aufgeregt. Aber ändern kann ich das nicht mehr", blickt Vettel zurück.

Vettel: Der Wirbel danach lohnt sich nicht

"Ich bin jetzt aber lange genug dabei und glaube nicht, dass ich mich generell von Kleinigkeiten ablenken lasse. Ich habe einfach Spaß am Fahren und versuche meinen Job so gut zu erledigen, wie ich kann, damit ich dann auch selbst zufrieden bin und mich ruhigen Gewissens ins Bett legen kann", schildert Vettel.

Der Ferrari-Star weiter über seine gewisse Altersmilde: "Manche Dinge kann man sowieso nicht ändern und muss sie einfach hinnehmen und da drüber stehen. Der Wirbel danach lohnt sich oft sowieso nicht. Das ist oft anstrengender als der eigentliche Ärger und der Frust in dem Moment selbst ..."

Vettel: Heute wird jedes Wort zerrissen

Damit spielt Vettel bereits auf einen zweiten Aspekt an, der hinter seinem neuen Auftreten steckt: Seine Reaktion auf den Zeitgeist. Bereits früher in dieser Saison hatte Vettel ein regelrechtes Pamphlet über mehr Emotionen im Sport abgegeben, damit ausgerechnet seinen großen Widersache Lewis Hamilton verteidigt.

Ähnliches berichtet Vettel jetzt auch über seine eigene Lage und Herangehensweise. "Es ist schade, dass man es heute nicht mehr so leben kann, weil das dann teilweise zerrissen wird und aus jedem Blickwinkel betrachtet wird statt einfach hinzunehmen, was gerade war und es einfach aus einem normalen Blickwinkel anzuschauen", sagt Vettel.