Sebastian Vettel fällt ein Stein vom Herzen. Gerade hat der Ferrari-Pilot in seinem 200. Formel-1-Rennen seinen 49. Sieg errungen, den zehnten in den roten Farben der Scuderia. Doch dieser Erfolg war ein ganz hartes Stück Arbeit, vielleicht das härteste der inzwischen schon stattlichen Karriere des viermaligen F1-Weltmeisters.
Bis in die letzte Kurve des Bahrain GP musste sich Sebastian Vettel wehren, überquerte die Ziellinie von Sakhir nur 0,6 Sekunden vor Mercedes-Jäger Valtteri Bottas. Einen knapperen Abstand von Sieger auf Zweitplatzierten hatte es beim Wüstenrennen noch nie zuvor gegeben.
Mercedes' Super-Strategie setzt Vettel gefühlt Schachmatt
Was Vettel das Leben trotz Pole, großer Vorschusslorbeeren für die Ferrari-Rennpace nach den Longruns am Freitag und Strafversetzung gegen Lewis Hamilton so schwer machte? Ein strategischer Geniestreich der Silberpfeile und ein gewaltiger Ferrari-Schnitzer beim zweiten Reifenwechsel seines Teamkollegen Kimi Räikkönen.
Aber der Reihe nach. Den Start gewann Vettel noch souverän. Hinter ihm aber schirmte nicht länger Räikkönen vor den Mercedes ab. Bottas hatte einen erstklassigen Start erwischt und P2 übernommen. Doch Vettel verwaltete an der Spitze souverän die Führung, kam in Runde 17 schließlich auch einem Undercut durch Mercedes zuvor. Räikkönen kam einen Umlauf später, wechselte wie Vettel von Supersoft auf Soft. Ferrari plante die von Pirelli empfohlene Zweistopp-Strategie.
Sebastian Vettel: Ich hatte nichts mehr zu verlieren
Mercedes jedoch nicht. Bottas kam in der Runde nach Räikkönen, holte aber Medium. Genauso machte es deutlich später - als Vettel ihn mit frischen Reifen überholt hatte - Lewis Hamilton, der auf Soft gestartet war. Jetzt musste Ferrari reagieren. Zunächst versuchte die Scuderia, an Plan A festzuhalten und wollte Mercedes mit Räikkönen unter Druck setzen. Dessen zweiter Stopp endete jedoch im Fiasko. Nicht nur, dass sich beim völlig chaotischen Reifenwechsel ein Mechaniker das Bein brach, noch dazu schied Räikkönen deshalb aus.
Vettel war damit auf sich alleine gestellt. "Der ursprüngliche Plan war, noch einen Stopp zu machen, aber das wäre sich dann nicht mehr ausgegangen. Denn es war auch nicht viel Vorsprung übrig", berichtet Vettel. "Und sie waren auf der härteren Mischung, da war es ja klar, dass sie keinen Stopp mehr machen würden. Das war eine gute Strategie, die uns unter Druck gesetzt hat", lobt Vettel den smarten Schachzug Mercedes'.
Vettel: Alles unter Kontrolle? Habe Ferrari belogen
"Als sie auf die Medium gegangen sind habe ich gedacht, das wäre das Schachmatt, denn wir mussten nochmal reinkommen. Das war der ursprüngliche Plan, aber dann haben wir das angepasst und versucht, die Reifen am Leben zu halten", schildert Vettel Ferraris Reaktion, die am Funk deutlich zu vernehmen war ("Plan B"). Doch leicht war dieser Job nicht. Eher eine Verzweiflungstat.
Vettel: "Ich hatte nichts zu verlieren. Ich wäre auch Dritter gewesen wenn es nicht geklappt hätte. Wenn es dann trotzdem klappt, ist der Sieg umso süßer." Noch süßer fühlte sich der Sieg an, weil sich Vettel nicht nur direkt bei Mercedes-Strategiezug, sondern auch die ganze Zeit danach noch fahrend K.o. fühlte.
F1-Statistik: Doppelsieg zum Saisonstart seit 36 Jahren WM-Garantie
"Beide Mercedes waren schon am Ende des ersten Stints schnell. Dann sind sie auf die Medium gewechselt und waren damit auch stark. Zehn Runden vor Schluss sagte ich im Funk, alles unter Kontrolle. Das war eine Lüge. Ich hatte nichts unter Kontrolle. Als sie mir von Valtteris Pace berichtet haben, habe ich im Auto angefangen zu rechnen und dachte, der kriegt mich. Keine Chance, dass ich es schaffen konnte. Ich habe dann aber alles versucht, um sauber zu bleiben", schildert Vettel.
Vettel weiter: "Ich habe die Reifen so gut ich konnte gehegt und gepflegt und es hat funktioniert - aber nur gerade so eben. Am Ende der Geraden hat Valtteri mal ziemlich geschnüffelt, aber zum Glück sind ihm die Runden ausgegangen", berichtet Vettel vom brenzligsten Moment in Kurve eins der letzten Runde.
Über den positiven Rennausgang wunderte sich Vettel also selbst von allen am meisten. Statistisch bringt der Sieg den Ferrari-Star jetzt in eine formidable Lage: Seit 1982 hat kein Fahrer mehr die ersten beiden Saisonrennen gewonnen ohne am Ende des Jahres auch Weltmeister zu werden.
Doch Vettel, in der WM-Wertung jetzt 17 Punkte vor Lewis Hamilton, hält von derlei Zahlenspielereien wenig: "Ich glaube nicht an Statistiken. Manchmal spricht es einfach für dich, manchmal gegen dich. Vor allem tut es mir heute erst einmal Leid für den Mechaniker, der bei der Situation um Kimi verletzt wurde."
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