Haas ist bislang die größte Überraschung der Formel-1-Saison 2018. Hätte die Boxencrew beim Australien GP nicht mit Fehlern an beiden Autos für einen Doppel-Ausfall gesorgt, hätten Kevin Magnussen und Romain Grosjean das bislang beste Ergebnis der Teamgeschichte eingefahren. Magnussen und Grosjean lagen auf den Positionen vier und fünf.
Die Konkurrenz spottete anschließend im Fahrerlager: "Wäre das Team so weit, dass sie aus eigener Kraft ein so schnelles Auto bauen könnten, dann könnten sie auch vier Reifen wechseln." Die Kritik ist klar: Haas ist als Team noch nicht bereit dafür, um Platz vier zu kämpfen. Weder auf technischer, noch auf operativer Seite.
Der Vorwurf der Konkurrenz: Haas hätte den 2018er Formel-1-Boliden nicht selbst entwickelt. Viel Know-how für den VF-18 soll von Ferrari aus Maranello gekommen sein. Fernando Alonso bezeichnete den Haas gar als Ferrari-Duplikat. Auch McLaren Rennleiter Eric Boullier hegt so seine Zweifel: "Sie haben einen beachtlichen Sprung bei der Performance gemacht, sie sind kein großes Team und stehen Ferrari sehr nah. Ein paar Teile des Autos sehen auch sehr ähnlich aus, aber vielleicht ist das ja nur Zufall."
An Zufall wollen viele im Formel-1-Fahrerlager bei Haas und Ferrari nicht glauben. Force India geht öffentlich besonders hart mit Haas ins Gericht. "Es überrascht mich, dass ein Team mit 250 Leuten, von denen einige noch nicht lange zusammenarbeiten, ein Auto wie dieses produzieren kann. Das ist eine große Überraschung, es muss eine technische Zusammenarbeit mit Ferrari geben", sagte Force Indias Geschäftsführer Otmar Szafnauer zu Motorsport-Magazin.com.
Es ist kein Geheimnis, dass sich Haas und Ferrari auch technisch sehr nahe stehen. Die US-Amerikaner erhalten nicht nur die komplette Power Unit samt Getriebe von Ferrari, sondern auch Vorder- und Hinterachse.
Teams müssen Listed Parts selbst machen
Das ist laut Reglement auch erlaubt. Das Reglement sagt klar, was erlaubt ist und was nicht. Monocoque, die frontalen Crash-Struktur, Überroll-Struktur, Flügel, Unterboden, Diffusor und alle Bodywork-Komponenten, die mit dem äußeren Luftfluss in Kontakt kommen sind sogenannte 'Listed Parts' und müssen vom Team selbst entwickelt und gebaut oder von einem Zulieferer speziell für das Team gemacht werden. Ein anderer Rennstall gilt nicht als Zulieferer.
Doch genau das ist der Vorwurf der Konkurrenz. Das leistungsbestimmende Element der Formel 1 ist noch immer die Aerodynamik. Und genau da sieht der Haas dem letztjährigen Ferrari angeblich sehr ähnlich.
Motorsport-Magazin.com hat den Haas deshalb einmal genau unter die Lupe genommen. Tatsächlich sind sich der 2018er Haas und der 2017er Ferrari in vielen Details zum Verwechseln ähnlich.
Haas-Frontflügel die beste Ferrari-Kopie
Schon der Frontflügel ist nicht nur eine Adaption des Ferrari-Konzepts, sondern ein in vielen Details sehr ähnliches Bauteil. Man achte auch auf den Knick an den Pylonen, die Nase und Frontflügel miteinander verbinden. Fairerweise muss man erwähnen, dass mit Red Bull und Renault noch zwei weitere Teams auf ein ähnliches Konzept setzen - allerdings dem Ferrari nicht ganz so ähnlich sehen.
An den Bargeboards gibt es die größten Unterschiede zwischen Haas und Ferrari. Nur kleinere Details sind ähnlich, wie beispielsweise das kleine Luftleitblech an der Seite des Monocoques. Mit etwas Phantasie erkennt man auch den an Luftleitblechen am Seitenkasten ein ähnliches Konzept, bestehend aus mehrteiligen horizontalen Elementen. Allerdings haben hier auch andere Teams, beispielsweise Red Bull, Ferrari kopiert.
Auffälliger werden die Gemeinsamkeiten dann schon eher am Seitenkasten selbst. Haas setzt in diesem Jahr ebenfalls auf eine zweiteilige Öffnung. Die Haupt-Öffnung ist wie am letztjährigen Ferrari sehr schmal, dafür aber recht lang. Oben drüber ist die zweite kleine Öffnung. Auch Williams und Sauber haben dieses Konzept 2018 adaptiert, allerdings bei weitem nicht so ähnlich wie Haas.
Dass die Airbox bei Haas 2018 eine Kopie der späteren Ferrari-Airbox 2017 ist, sei geschenkt. Hier setzen inzwischen viele Teams auf eine breitere Lösung mit mehreren Schächten. Maßgeblich wird dieser Faktor auch vom Triebwerk bestimmt, auch wenn das Reglement die Airbox explizit als 'Listed Part' ausweist.
Weiter hinten fällt vor allem die Heckflügelhalterung auf. Neben Ferrari und Haas setzt nur Williams auf zwei Streben, alle anderen Teams verbinden den Heckflügel mit einer zentralen Strebe mit dem Chassis.
Bei einem Teil lässt sich die Verwandtschaft schließlich gar nicht mehr leugnen: Der Diffusor. Kein anderes Team hat auch nur ansatzweise eine solche Lösung am Rand des Diffusors gewählt wie Ferrari in der Saison 2017. Kein anderes Team hat das komplexe Werk nachgebaut - nur Haas. Die Amerikaner dafür in Perfektion. Original und Kopie lassen sich kaum unterscheiden.
Weil Haas viele Ferrari-Komponenten ganz offiziell erhält, kann man argumentieren, dass viele Lösungen am Chassis daraus folgen. Viele Details sind allerdings so komplex und ähnlich, dass es schwer fällt zu glauben, dass ein solch kleines Team ohne Hilfe darauf kommt. Alle Teams sehen sich die Konkurrenz an und kopieren teilweise, in einer solchen Häufung wie beim Haas passiert das allerdings normalerweise nicht. Viele Sachen lassen sich nicht einfach übernehmen und an ein anderes Auto bauen. Beim Haas funktioniert das offenbar ganz gut.
Die Konkurrenz fordert nun, dass die FIA die Vorgänge bei Haas und Ferrari genauer überwacht. Haas nutzt den Ferrari-Windkanal in Maranello. Wie soll die FIA hier überwachen, dass es zu keinem Wissenstransfer kommt? Ein Haas-Konkurrent meint: "Wenn die FIA die Regeln macht, dann muss sie sie auch überwachen können."
Aber warum kopieren Sauber, Williams, Force India und Co nicht einfach das Haas-Konzept? "Weil wir innerhalb der Regeln bleiben wollen", poltert Szafnauer. Der US-Rumäne lässt sich aber so schnell nicht aus der Ruhe bringen: "Letztes Jahr war Haas zu diesem Zeitpunkt auch schneller als wir. Der Schlüssel ist es, über das Jahr zu entwickeln. Wir haben unser Entwicklungs-Schicksal selbst in der Hand..."
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