Es sind bewegte Zeiten für die Automobilindustrie. Noch immer weiß niemand so recht, wohin die Reise geht: Verbrennungsmotor? Wenn ja, Benzin oder Diesel? Elektromobilität? Wenn ja, mit welchem Akku? Oder sind Hybride mehr als eine Übergangstechnologie? Alle Autohersteller stehen vor diesen Fragen, selbst Luxusmarken wie Ferrari.
Ferrari ist Teil von FCA, der Allianz aus Fiat und Chrysler. Die großen Hersteller werden sogar dazu gezwungen, umzudenken. Sowohl in Amerika als auch in der EU gelten immer strengere Emissionsgrenzwerte. In Europa gilt 2020 als Deadline: Dann dürfen die Flotten der Fahrzeughersteller durchschnittlich nur noch einen CO2-Ausstoß von maximal 95 Gramm pro Kilometer haben. Andernfalls drohen sensible Strafzahlungen.
Für kleinere Hersteller gilt das nur bedingt. Hersteller, die weniger als 10.000 Autos jährlich in EU-Mitgliedstaaten zulassen, können Ausnahmen beantragen. Ferrari fällt locker unter diese Grenze. Aber ein Freifahrtschein ist auch das nicht. Zumal FCA CEO und Ferrari-Präsident Sergio Marchionne gerne mehr Autos verkaufen würde.
Bislang fuhr Ferrari mit der Exklusivitäts-Strategie recht gut. Aber Marchionne will für das inzwischen börsennotierte Unternehmen Ferrari Umsatz und Gewinne steigern. Deshalb gibt es keine Tabus mehr: Auch einen SUV kann sich der Italo-Kanadier inzwischen vorstellen.
Ferrari SUV soll 2019/2020 auf den Markt
Ende 2019, Anfang 2020 soll bereits der erste Ferrari SUV auf den Markt kommen. "Er wird aussehen, wie auch immer ein Ferrari Utility Vehicle aussehen muss", sagte Marchionne vor der Eröffnung der Detroit Motorshow. "Aber es muss sich auch fahren wie ein Ferrari. Ferrari wird sein bestes geben, den schnellsten SUV zu bauen. Ich habe das Auto schon gesehen, als ich vor acht Tagen in Europa war, wir arbeiten am Auto, aber es ist noch nicht fertig."
Für Marchionne ist die Diversifikation notwendig. Ferrari verliert durch die Lücke im Sortiment viele Kunden an Porsche, Bentley und inzwischen sogar an Lamborghini. Porsche verkauft seit vielen Jahren den Cayenne bestens und schob noch dessen kleinen Bruder Macan hinterher. Der Volkswagen-Konzern legte mit Bentley gleich noch den Bentayga und mit Lamborghini den Urus hinterher.
Mit einem SUV wird der ohnehin schon stattliche Flottenverbrauch noch einmal steigen. Auch deshalb muss Ferrari nach Möglichkeiten Ausschau halten, den Durchschnitt zu senken. Und womit geht das besser, als mit einem Elektro-Auto? Auf dem Papier stößt ein Elektrofahrzeug kein Gramm CO2 aus.
Ferrari will Tesla Konkurrenz machen
"Wenn ein elektrisches Supercar gebaut wird, dann wird es zuerst von Ferrari gebaut", wird Marchionne von Bloomberg zitiert. "Die Leute sind erstaunt, was Tesla mit einem Supercar gemacht hat. Ich will die Leistung von Elon [Musk, Tesla-Gründer] nicht schmälern, aber ich glaube, wir alle können das."
Überzeugt ist Marchionne aber nicht von E-Autos. "Ich bin Technologie-neutral, die Industrie sollte sich selbst das suchen, was sie für am besten hält", schimpft der Italo-Kanadier. "Wir machen es, weil wir es müssen. Gibt es irgendeine Garantie dafür, dass E-Mobilität nachhaltig und ökologisch? Nein. Wir haben uns bislang noch nicht öffentlich der Elektrifizierung verschrieben. Wir sind skeptisch und wollen in unserer Wahl frei sein und für die Umstände das bestmögliche wählen."
"Wir haben keine Pistole am Kopf, aber wir haben sehr klare Emissionsgrenzwerte. Ich glaube die Gesetze bestimmen die Einführung von Technologien. Ich glaube, dass die Einführung von E-Mobilität verplichtend wird, weil es die einzige Möglichkeit ist, die Werte zu erreichen. Ich glaube aber, dass wir mit der Elektrifizierung das CO2-Problem nicht gelöst haben", meint Marchionne. "Wir müssen realistisch sein, wir dürfen keine unrealistischen Erwartungen hegen: Irgendwann wir die Industrie in diese Richtung gehen, aber es wird viel länger dauern - und die endgültige Lösung wir nicht das sein, was wir jetzt sehen."
Ferrari-Präsident Marchionne trifft Mercedes-Boss Zetsche
Für Ferrari wird all das auch einen Einfluss auf die Formel 1 haben. Wenn selbst Sportwagenhersteller wie Ferrari kein Interesse daran haben, die Hybrid-Triebwerke zu verbannen, wird die Lobby der echten Rennmotoren immer kleiner. Am Ende bleiben nur die unabhängigen Privatteams - die nach und nach weniger werden.
Am Morgen vor der Auftakt-Pressekonferenz zur Detroit Motorshow traf sich Marchionne mit Daimler-Boss Dieter Zetsche. Es ging um die Formel 1. "Und sie können mir glauben, das ist ein spannenderes Thema als Emissionen", scherzte der Ferrari-Boss. Für die Fans ist das Tauziehen um die Zukunft der Formel 1 und der Streit um die neue Motorenformel wohl weniger unterhaltsam.
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