Die erste Saison mit den Formel-1-Boliden der neuen Generation ist vorbei. Breiter, schneller, dynamischer sollte die Königsklasse werden. Konnten die Rundenzeiten die Erwartungen erfüllen? Motorsport-Magazin.com liefert den großen Vergleich zwischen 2016 und 2017.

Die Ausgangslage

Vor der abgelaufenen Saison bekam die Formel 1 das größte Facelift seit 2009. Die Autos und Reifen wurden breiter, die Aerodynamik anspruchsvoller. Das Ziel: deutlich schnellere Rundenzeiten, höhere Kurvengeschwindigkeiten und somit eine größere Herausforderung für die Fahrer. Verabschiedet wurden die Regeln bereits 2015. Im Vorjahr legten die Autos vor allem durch die Einführung des Ultrasoft-Reifens schon deutlich zu. Der große Sprung aber sollte in diesem Jahr erfolgen.

Das Thema Reifen verdient bei der Analyse durchaus eine besondere Erwähnung. Da Pirelli bei der Entwicklung der breiten Walzen für 2017 nur mit den so genannten "Mule Cars" der Teams testete und die Belastungen für die Reifen nur unzureichend simuliert werden konnten, konstruierten die Italiener die Reifen eher konservativ. Bedeutet: die Gummis waren im Vergleich zu 2016 eine Stufe härter. Die Fahrer beschwerten sich die ganze Saison über mangelnden Grip der Reifen, zuletzt beim Saisonfinale in Abu Dhabi.

2016 vs. 2017: Die Qualifyings im Vergleich

Differenz ist nicht gleich Differenz. Je länger eine Strecke ist, desto wahrscheinlicher ist es auch, dass der Unterschied zwischen den Zeiten größer ist. Kein Wunder also, dass die absolute Differenz auf keiner Strecke höher war, als in Belgien. Insgesamt 4,191 Sekunden war man im Qualifying schneller als im Vorjahr. Dies entspricht pro Kilometer einer Verbesserung um 0,598 Sekunden.

Dieser Wert wurde jedoch gleich auf mehreren Strecken noch übertroffen. Spitzenreiter hier ist der Hungaroring vor den Toren Budapests. Um satte 0,831 Sekunden pro Kilometer legten die Boliden im Vergleich zu 2016 zu. Erstaunlich zudem dabei: Die beim Ungarn GP eingesetzten Reifenmischungen waren dieselben wie in der Vorsaison, in diesem Jahr also eine Stufe härter. Gleiches gilt für den China GP. Hier wurde im Qualifying eine Verbesserung um 0,683 Sekunden pro Kilometer erzielt, mit ebenfalls denselben Mischungen wie 2016.

Auch in Belgien fielen die Zeiten rapide, Foto: Mercedes-Benz
Auch in Belgien fielen die Zeiten rapide, Foto: Mercedes-Benz

Schlusslicht in der Rangliste ist die Strecke in Bahrain. Hier wurde nicht einmal bei der Betrachtung der absoluten Verbesserung eine Steigerung um eine Sekunde erzielt. Pro Kilometer waren es gar nur 0,134 Sekunden. Dies liegt vor allem im Streckenlayout des Wüstenkurses begründet. Die neuen Regeln sorgten zwar für eine Erhöhung der Kurvengeschwindigkeiten, auf den Geraden aber nahm der Topspeed aufgrund des höheren Luftwiderstandes der breiteren Autos ab. Bahrain besteht aus gleich mehreren langen Geraden und nur wenigen schnellen Kurven.

Im Durchschnitt aller Qualifyings - der Italien GP floss aufgrund eines verregneten Samstags nicht in die Wertung ein - belief sich die Verbesserung auf 2,450 Sekunden, pro Kilometer beläuft sich die Steigerung auf 0,477 Sekunden.

Die Verbesserungen der Qualifying-Zeiten zwischen 2017 und 2016

GPVerbesserung absolutVerbesserung pro Kilometer
Größte Verbesserungen
Ungarn GP-3,689s-0,831s/km
China GP-3,724s-0,683s/km
Spanien GP-2,851s-0,612s/km
Singapur GP-3,093s-0,611s/km
Belgien GP-4,191s-0,598s/km
Geringste Verbesserungen
Kanada GP-1,353s-0,310s/km
Bahrain GP-0,724s-0,134s/km

2016 vs. 2017: Die schnellsten Rennrunden im Vergleich

Schnelle Zeiten im Qualifying sind das eine, im Rennen aber gab es in den letzten Jahren immer wieder Kritik am Langstreckencharakter der Formel 1. Zu viel Spritsparen, zu intensives Reifenschonen, zu wenig Racing am Limit. Die härteren Reifen ließen 2017 zumindest etwas mehr Racing zu. Und die Rundenzeiten fielen ebenfalls deutlich in den Keller. Insgesamt - betrachtet man alle Rennen - war die Verbesserung am Sonntag sogar leicht stärker als am Samstag. Um 0,518 Sekunden pro Kilometer sanken die Rundenzeiten im Durchschnitt aller Rennen.

Absolut hat auch hier wieder Spa-Francorchamps die Nase vorne, um fünf Sekunden ging es nach unten. Relativ betrachtet aber hat überraschenderweise der Monaco GP die größte Differenz zu bieten. Obwohl nur etwas mehr als drei Kilometer lang, schraubte Sergio Perez die Bestzeit aus 2016 um mehr als drei Sekunden nach unten. Macht also fast eine Sekunde pro Kilometer, unerreichter Bestwert der Saison. Bedingt jedoch auch dadurch, dass Perez sich kurz vor Ende des Rennens noch einmal neue Reifen holte.

Perez fuhr in Monaco eine Hammerzeit im Rennen, Foto: Sutton
Perez fuhr in Monaco eine Hammerzeit im Rennen, Foto: Sutton

Ebenfalls deutlich schneller als im Vorjahr verlief der Großbritannien GP. Lewis Hamilton unterbot die Bestzeit aus 2016 um fast fünf Sekunden. Zum Einsatz kamen jedoch erstmals die Supersoft-Reifen. Eigentlich hatte Pirelli geplant, erneut die drei härtesten Mischungen in Silverstone zum Einsatz zu bringen. Nach den ersten Erfahrungen vor allem mit der härtesten Mischung entschied man sich jedoch für eine etwas progressivere Herangehensweise. Erstaunlich: Im Qualifying kam dieser Umstand deutlich weniger zur Geltung.

Die geringste Verbesserung sowohl absolut, als auch relativ gab es in Österreich. Die schnellste Runde von Lewis Hamilton war nur eine Sekunde schneller als der Bestwert der Vorsaison. Pro Kilometer entsprach dies einer Verbesserung von 0,232 Sekunden. In einem ähnlichen Bereich bewegte sich auch das Rennen in Montreal. Auf beiden Strecken kamen dieselben Reifenmischungen wie 2016 zum Einsatz, das Layout mit vielen Highspeed-Passagen und wenigen schnellen Kurven tat sein Übriges.

Die Verbesserungen der schnellsten Rennrunden zwischen 2017 und 2016

GPVerbesserung absolutVerbesserung pro Kilometer
Größte Verbesserungen
Monaco GP-3,119s-0,935s/km
Großbritannien GP-4,927s-0,836s/km
China GP-4,446s-0,816s/km
Spanien GP-3,355s-0,721s/km
Belgien GP-5,006s-0,715s/km
Geringste Verbesserungen
Kanada GP-1,048s-0,240s/km
Österreich GP-1,000s-0,232s/km

2016 vs. 2017: Die wichtigsten Kurven

Besonders vier Kurven im Kalender dienen als Spiegelbild der neuen Regularien. In Barcelona war es besonders Kurve drei, also der langgezogene, nicht enden wollende Rechtsknick. Wurde dieser im Vorjahr noch mit einer Höchstgeschwindigkeit von 212 km/h durchfahren, steigerte sich dieser Wert in diesem Jahr auf 248 Stundenkilometer. Ein Sprung um knapp 17 Prozent und damit die Kurve, die prozentual gesehen am deutlichsten zugelegt hat.

Selbe Strecke, ein paar Meter später. Kurve neun, die schnelle Rechtskurve nach dem Links-Rechts-Bergauf-Stück. Hier ging es ebenfalls deutlich schneller zur Sache. Statt 215 km/h zeigte das Tachometer nun 245 km/h an, was einer Verbesserung um etwa 14 Prozent entspricht.

Zu den bekanntesten und berüchtigtsten Kurven im Kalender gehört Copse Corner in Silverstone. Ehemals die erste Kurve einer jeder Runde, gehört sie nun zum Mittelsektor. An Brisanz hat sie dadurch aber nicht eingebüßt. Mit 260 Sachen ging es 2016 noch durch die Kurve, in dieser Saison waren es satte 30 km/h mehr. Die Boliden waren also 11,5 Prozent schneller.

Für Schlagzeilen sorgte im Zuge der neuen Regeln aber vor allem Pouhon in Spa-Francorchamps. Der ultra-schnelle Linksknick konnte plötzlich Vollgas durchfahren werden, was zuvor nicht möglich war. Fernando Alonso verwirrte damit sogar sein Honda-Aggregat und sorgte unfreiwillig für einen Defekt. In der Geschwindigkeit bedeutete das: Von 253 km/h ging es hoch auf 289 km/h, eine Verbesserung um 14,2 Prozent.