Durchwachsener Start in das große Jubiläums-Heimrennen von Ferrari für Sebastian Vettel und Kimi Räikkönen in Monza. Mehr als eine Sekunde fehlte dem selbsterklärten Dreamteam der Scuderia im Königlichen Park zum Auftakt auf den Erzrivalen Mercedes - eine derbe Klatsche gleich zu Beginn vor bereits tausenden Tifosi im FP1.

In der zweiten Session jedoch riss Ferrari das Ruder zwar nicht herum, doch knabberten Vettel und Räikkönen zumindest einen stattlichen Batzen ihres Rückstands auf die Silberpfeile ab. Plötzlich fehlten nur noch eineinhalb bzw. knappe vier Zehntelsekunden auf die Tagesbestzeit von Valtteri Bottas. Dennoch: Von der Spitze des Tableaus grüßte einmal mehr geschlossen das Mercedes-Duo.

Vettel klagt: Durchwachsener Monza-Auftakt

Entsprechend hält sich Sebastian Vettel nach den Trainings mit großen Sprüchen deutlich zurück. „Ich denke, wir sind bereit“, sagt der WM-Leader zwar. „Aber es gibt noch viel zu tun. Das Auto war ein bisschen durchwachsen und zum Schluss war etwas viel Verkehr auf der Strecke“, hadert Vettel. „Das war nicht ganz ideal, um die Pace wirklich auszumachen.“

Doch woran haperte es bei Ferrari genau? Vettel klärt auf: „In Monza fährt man mit wenig Downforce. Da ist es wichtig, dass man Vertrauen ins Auto hat. Denn mit der geringen Downforce brauchst du das Vertrauen, das Auto einfach reinzuwerfen und das Denken aufzuhören. Das fehlt noch ein bisschen. Gerade auf der Bremse können wir uns da noch ein bisschen steigern, damit man da einfach ein bisschen leichter ans Limit gehen kann und das Auto besser spürt.“

Das bestätigt auch der Teamkollege. "Es war kein leichter Tag. Aus welchem Grund auch immer war es schwierig, zu fahren und das Auto dahin zu bringen, wo wir es haben wollten", sagt Kimi Räikkönen. "Ich habe insgesamt einfach nach einer besseren Balance gesucht. Wir haben noch Arbeit zu erledigen, aber das ist für einen Freitag auch ganz normal", sagt der Iceman noch ganz entspannt.

Abgesehen von alldem fühlt sich indes Vettel auch in Monza jedoch stark aufgestellt, um Mercedes herausfordern zu können. „Der Rest sieht schon ganz gut aus. In den Kurven kommen wir schon ganz gut zurecht. Und wenn wir das dann auch noch hinbekommen, dann sollte es morgen schon ein bisschen voran gehen“, sagt Vettel.

Ausgerechnet Monza doch Angststrecke für Ferrari?

Erst nach der starken Performance auf der kleinen Angst-Strecke Spa hatte Vettel erklärt, Ferrari müsse gegen Mercedes jetzt keinen Kurs mehr fürchten. Auch nicht die absolute Power-Strecke von Monza? Ist Silber nach all den starken Vorstellungen der letzten Jahre in Italien in Monza nicht doch eine Nummer zu groß? „Ich weiß nicht. Es ist eine andere Strecke, eine Motorstrecke, ein Power-Kurs, von dem wir wissen, dass sie da ihre Stärken hatten in den letzten Jahren. Ich denke, wir haben da aber gute Schritte getan“, weiß Vettel. „Aber ich glaube unser Auto hat uns dieses Jahr schon oft Mut gegeben. Auch wenn heute vielleicht nicht ganz, ideal war. Am Freitag machst du immer, was du für das Beste hältst. Manchmal zeigst du mehr, manchmal weniger“, meint der Ferrari-Star.

„Insgesamt sind wir ok. Wir reden jetzt auch nicht von einer Welt, die uns noch fehlt. Und wenn wir die zwei, drei Dinge jetzt noch aussortieren können für morgen, dann schaut es wieder besser aus. Für morgen hoffe ich, dass wir noch ein bisschen aufdrehen können“, ergänzt Vettel. Denn: „Wir wissen, dass wir uns verbessern müssen, um mit ihnen mitzuhalten. Sie sind sehr schnell - waren es jedes Mal wenn sie herausgefahren sind. Aber das haben wir erwartet. Wir werden das Auto morgen verbessern und sollten in besserer Verfassung sein, denke ich. Es gibt da ein paar Dinge, die wir noch besser machen müssen.“

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Mercedes: Nicht im Plan, sondern dem Plan voraus

Völlig konträr dazu die Stimmen aus dem Mercedes-Lager: Während Ferrari seiner Top-Form noch hinterherfährt fühlen sich die Silberpfeile bereits jetzt besser aufgestellt als erwartet. „Wir konnten unser gesamtes Programm durchziehen. Im ersten Training waren wir dem Plan sogar voraus, weil wir wegen des Wetters besorgt waren. Ich denke, es war ein guter Tag - zumindest habe ich ein besseres Gefühl als am Freitag in Spa“, sagt der Tagesschnellste, Valtteri Bottas. Für den Finnen eine große Erleichterung, hatte Bottas in Belgien doch nie richtig in die Spur gefunden.

Ganz anders in Monza: „Wir haben auf dem richtigen Fuß losgelegt. Im ersten Training gingen wir beim Setup zunächst in die falsche Richtung, aber wir konnten es im zweiten Training herumreißen und das Auto fühlte sich viel besser an. Insgesamt war es ein positiver Tag. Das Auto sieht stark aus“, frohlockt Bottas. Nicht minder gut gestimmt präsentiert sich Lewis Hamilton. „Das war ein guter, runder Tag. Das Auto scheint gut ausbalanciert zu sein“, lobt Hamilton. Doch wie WM-Rivale Vettel fordert auch der Brite weitere Verbesserung – viel zu knapp gehe es 2017 mit Ferrari zu. „Wir haben aber noch etwas Arbeit vor uns, um noch ein wenig mehr Performance zu finden. Es scheint ziemlich eng zwischen Ferrari und uns zuzugehen. Deshalb erwarte ich, dass es ähnlich wie beim letzten Rennen aussehen wird“, erklärt Hamilton.

Dass die Fahrer ein positives Fazit ziehen ist jedoch teils nur eine Seite der Medaille. Noch besser vermögen in der Formel 1 naturgemäß die Ingenieure und Technik-Verantwortlichen einzuschätzen, wie gut es tatsächlich aussieht. Doch auch hier gilt bei Mercedes: grünes Licht. „Beide Fahrer sahen auf längeren und kürzeren Runs ziemlich wettbewerbsfähig aus. Monza ist eine sehr ungewöhnliche Strecke mit einzigartigen Abtriebs-Werten, aber wir schienen in ordentlicher Verfassung zu sein“, sagt Mercedes‘ Technischer Direktor, James Allison.

Formel 1 Geschichte: Die legendären Steilkurven von Monza: (00:50 Min.)