Eigentlich sollte Sauber in der Saison 2018 mit Honda-Power an den Start gehen. Obwohl eigentlich Zukunftsmusik, waren die Pläne für eine schweizerisch-japanische Allianz nach wenigen Wochen schon wieder Schnee von gestern. Kurz nach der Trennung von Teamchefin Monisha Kaltenborn wurden die Pläne mit Honda über Bord geworfen. Stattdessen geht es nächstes Jahr in die 18. Saison mit Ferrari-Power im Heck. Und für die Scuderia soll Sauber in Zukunft sogar noch mehr sein, als nur der Motoren-Kunde.

Aufgrund der finanziellen Situation in Hinwil ist die Zusammenarbeit zwischen Sauber und Ferrari in der Saison 2017 nicht mehr ganz so intensiv wie einst. Statt aktuellem Material gibt es lediglich Power Units mit der Spezifikation des Vorjahres. Ab dem kommenden Jahr soll die Partnerschaft aber wieder so eng werden wie in früheren Jahren, als Maranello neben den Motoren hin und wieder auch Personal lieferte. Sauber als Ferraris B- beziehungsweise Juniorteam? "Das ist eine exzellente Idee und etwas, an dem wir arbeiten", so Ferrari-Präsident Sergio Marchionne.

Die Absicht der Italiener ist klar: Mit Antonio Giovinazzi und Charles Leclerc stehen zurzeit zwei Ferrari-Junioren mit scharrenden Hufen vor der Tür zur Königsklasse. "Wir brauchen den Platz, denn wir haben ein paar junge Ausnahmefahrer in unseren Reihen", erklärt Marchionne. "Wir müssen einen Platz finden, um den Grundstein für die Scuderia Ferrari von morgen zu legen." Ihr derzeitiges Problem: Bei Ferraris bisherigem Top-Kunden Haas sind für 2018 bereits beide Cockpits vergeben.

"Wir sind glücklich mit unseren Fahrern und haben auch nie gesagt, dass wir vorhaben etwas zu ändern. Beide haben Verträge, alles ist gut", hatte Teamchef Günther Steiner in Budapest noch einmal klargestellt, dass die US-Amerikaner 2018 definitiv mit Romain Grosjean und Kevin Magnussen weitermachen werden. Der Österreicher weiß allerdings auch um die Qualitäten des roten Nachwuchses, der für sein Team schon an den Trainingsfreitagen im Einsatz war.

"Ich denke, sie sind beide sehr gut. Sie haben sehr viel Potential und die Leute wissen das. Ich denke, Ferrari und Mercedes werden die nächsten guten Jungs in die Formel 1 bringen", so Steiner, dem auch das Problem der beiden Youngster bewusst ist: "Die Schwierigkeit für diese jungen Piloten ist, sie müssen zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein. Es gibt nichts anderes, was du tun kannst."

Giovinazzi hatte unlängst erklärt, dass ihm die Hürde für den Aufstieg in der Formel 1 trotz Unterstützung von Ferrari durchaus bewusst ist. "Es gibt nur 20 auf der ganzen Welt. Das ist wirklich schwer, nicht so wie beim Fußball", so der 23-Jährige, der bei der Zukunftsfrage voll und ganz auf seine Förderer baut: "Ich vertraue ihnen und sie wissen genau, was sie für mich tun können." Was genau die Scuderia für ihn tun kann, wird sich wohl demnächst beim Fahrer-Lineup von Sauber zeigen.

Antonio Giovinazzi gehört seit Dezember 2016 zum Kader von Ferrari, Foto: Sutton
Antonio Giovinazzi gehört seit Dezember 2016 zum Kader von Ferrari, Foto: Sutton

Lange Tradition: Ferrari-Fahrer im Sauber-Cockpit

Bei Sauber freut man sich darauf, im kommenden Jahr einen der vielversprechenden Youngster in den eigenen Reihen begrüßen zu dürfen. "Für uns als Team würde es Sinn machen, jemanden wie Leclerc oder einen anderen jungen Fahrer zu haben", so Teamchef Frederic Vasseur gegenüber Autosport. Der Franzose möchte die Fahrerfrage bei Sauber in naher Zukunft klären: "Ich denke, es wird schwierig es vor September zu erledigen. Aber das könnte ein gutes Ziel sein."

Der Transfer von Piloten aus Maranello zum Kunden in die Schweiz hat in der Vergangenheit bereits mehrfach stattgefunden. Bereits 1997, im ersten Jahr der Zusammenarbeit, ging Ferrari-Reservist Nicola Larini für Sauber an den Start. In der Saison 2000 belohnte die Scuderia Mika Salo mit einem Platz bei den Schweizern, nachdem der Finne sich 1999 als Ersatzmann für den verletzten Michael Schumacher als große Hilfe im Titelkampf gegen Mika Häkkinen und McLaren Mercedes erwiesen hatte.

Von seinen Junioren hat Ferrari in der beinahe zwei Dekaden andauernden Partnerschaft jedoch erst zwei bei Sauber platziert. In den Jahren 2004 und 2005 parkte Ferrari die damalige Nachwuchshoffnung Felipe Massa beim Peter Sauber. 2011 debütierte der damalige Scuderia-Junior Sergio Perez für Sauber in der Königsklasse. Für das Jahr 2015 wäre vermutlich der verstorbene Jules Bianchi von Marussia zum Traditionsrennstall aus Hinwil gewechselt.

Für die Saison 2016 hatte Ferrari seinen Ersatzpiloten Esteban Gutierrez bei Haas untergebracht. Dieses Jahr bestreitet Giovinazzi sieben Freitagstrainings für Haas, nachdem er die ersten beiden Saisonrennen als Ersatz für Pascal Wehrlein im Sauber saß. Marchionne betont, dass der italienische Sportwagenhersteller in Zukunft bereit wäre, sogar noch mehr Kunden-Teams mit Motoren auszustatten: "Zusammen mit Liberty Media und der FIA haben wir uns dazu verpflichtet, zukünftige Teams zu unterstützen. Je mehr es gibt, desto besser für uns."

Weniger erfreulich dürften diese Entwicklungen für Mercedes-Junior Pascal Wehrlein sein. Einerseits ist es unwahrscheinlich, dass Ferrari gleiche beide Junioren bei Sauber unterbringt. Doch andererseits hat Marcus Ericsson Teameigner Longbow Finance SA im Rücken und ist damit für 2018 wohl gesetzt. Für Wehrlein könnte das bedeuten, dass er sich für sein drittes Jahr in der Formel 1 wieder einen neuen Arbeitgeber suchen muss.