Haas gab unlängst bekannt, auch 2018 mit Romain Grosjean und Kevin Magnussen in der Formel 1 an den Start zu gehen. Für die aufstrebenden Youngster aus Ferraris Reihen bedeutete das schlechte Nachrichten: Antonio Giovinazzi und Charles Leclerc hätten beim Kunden der Scuderia noch am ehesten die Chance gehabt, den Sprung in die Königsklasse zu schaffen. Haas-Teamchef Günther Steiner sieht in der aktuellen Formel 1 schlechte Chancen für den Nachwuchs.

"Es ist schwierig für einen jungen Piloten, für diese Ferrari-Jungs Charles und Antonio, irgendwie reinzukommen. Denn es gibt niemanden mehr, der ihnen einen Platz geben kann. Es gibt einfach keinen Platz mehr", erklärt Steiner die verzwickte Lage von Leclerc und Giovinazzi. "Die Schwierigkeit für diese jungen Piloten ist, dass sie zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein müssen. Es gibt sonst nichts, was sie tun können."

Während der Nachwuchs in der Vergangenheit dank entsprechender Mitgift von seinen Förderern bei Hinterbänkler-Teams untergebracht werden konnte, ist dieser Weg in der heutigen Formel 1 nicht mehr so leicht zu bestreiten. "Du kannst im Moment nicht einmal mehr ein Cockpit kaufen", fügt Steiner an. Vermeintlich eine gute Position für den Sport, denn eine Flut von Pay-Drivern wie in den 1990er und frühen 2000er Jahren gibt es damit momentan nicht.

"Es hört sich nach dem richtigen Weg an und eigentlich ist er es auch, aber manchmal hat es geholfen", so Steiner, für den dieser Zustand aber auch seine Schattenseiten hat: "Als es Minardi noch gab war es ihre Aufgabe, Fahrer aufzubauen. Vielleicht waren sie nicht glücklich damit, Letzter zu sein - aber sie konnten damit leben, denn Fahrer aufzubauen war ihr Business-Modell." Früher war es Gang und Gäbe, dass talentierte Piloten wie Fernando Alonso oder Mark Webber von ihren Managern bei Teams wie Minardi geparkt wurden.

In den vergangenen zehn Jahren ist dieser Karriereweg aber immer seltener geworden. "Daniel Ricciardo fuhr zu Anfang bei HRT. Er wusste, dass er damit nichts gewinnen konnte, aber er konnte Erfahrung sammeln. Das gibt es jetzt nicht mehr", erinnert Steiner an die Anfänge von Red Bulls heutigem Vorzeige-Piloten, der 2011 für sein Debüt an HRT ausgeliehen wurde. Dabei ist es laut Steiner heute umso wichtiger, F1-Neulingen die nötige Zeit zum Lernen einräumen zu können.

Manager Flavio Briatore parkte Fernando Alonso 2001 für sein F1-Debüt bei Minardi, Foto: Sutton
Manager Flavio Briatore parkte Fernando Alonso 2001 für sein F1-Debüt bei Minardi, Foto: Sutton

F1-Debüt bei Ferrari für Giovinazzi und Leclerc ein großes Risiko

"Der Sprung von der Formel 2 in die Formel 1 ist ein ganz anderer. Es ist ein so großer Unterschied, dass du einfach etwas Zeit zum Lernen brauchst", so der Österreicher, der aufgrund der Fahrer-Situation bei Haas für die Ferrari-Junioren aktuell nur den gewagten Sprung direkt ins Werksteam sieht: "Charles und Antonio gleich in einen Ferrari zu stecken, ist ein großes Risiko. Klar kann es gutgehen, aber die Chancen sind höher, dass es schief geht."

Während ein Rookie sich bei einem Hinterbänkler-Team in Ruhe die Hörner abstoßen konnte und Fehler in der Regel von geringerer Tragweite waren, werden sie bei einem Team wie Ferrari sofort mit enormem Druck konfrontiert. "Die Erwartungen sind so hoch, nicht auch nur den geringsten Fehler zu machen. Aber der Sport ist so komplex, du machst einfach kleine Fehler. Du bist jung, erst 20 Jahre alt und du hast die Erfahrung einfach nicht", so Steiner.

Dass Erfahrung im Motorsport ein wichtiger Faktor ist, lässt sich kaum von der Hand weisen. In der Saison 2017 offenbarte sich die Unerfahrenheit der Rookies Lance Stroll und Stoffel Vandoorne bei einigen durchwachsenen Vorstellungen. Im Gegensatz zu einem Cockpit in der Königsklasse hat Erfahrung laut Steiner jedoch kein Preisschild: "Du kannst sie nicht kaufen. Du brauchst Zeit und die kannst du nicht kaufen."

Romain Grosjean und Kevin Magnussen werden Haas auch 2018 für Ferraris Nachwuchs blockieren, Foto: Sutton
Romain Grosjean und Kevin Magnussen werden Haas auch 2018 für Ferraris Nachwuchs blockieren, Foto: Sutton

Selbst Mercedes und Ferrari zahlen nicht wie Familie Stroll

Milliardärssohn Stroll hat in der Vorbereitung auf seine Debüt-Saison in der Formel 1 unzählige Testkilometer in einem 2014er Williams-Boliden absolviert. Zwar hat er sich zur Saisonmitte gefangen und stand mittlerweile schon auf dem Podium, doch Summen wie Familie Stroll investieren laut Steiner nicht einmal die größten Teams für die Ausbildung ihres Nachwuchses. "Sie können sich das nicht leisten. Es ist einfach zu teuer", so der Haas-Teamchef.

Zwar ist Stroll der Beweis dafür, dass es auch in der heutigen Formel 1 noch Pay-Driver gibt, doch die Situation ist trotzdem eine ganz andere als noch vor 15 Jahren. "Es passiert zwar noch, aber bei Stroll kann man sehen, dass sich die Budgets gegenüber damals geändert haben. Es gibt nicht viele, die sich das leisten können", so Steiner, der dem Pay-Driver-Modell gegenüber prinzipiell auch nicht abgeneigt ist.

"Mit dem kommerziellen Aspekt ist nichts verkehrt", erklärt er. Außerdem läuft ein Pilot, der dem Team finanzielle Vorteile verschafft, für ihn nicht automatisch unter der Kategorie Bezahlfahrer. "Wenn du als Fahrer einen Sponsor im Rücken hast, heißt das nicht, dass du ein Pay-Driver bist", verweist er auf durchaus hochangesehen Personalien wie Sergio Perez oder Valtteri Bottas.