Saisonhalbzeit in der Formel 1. Doch vor der Sommerpause steht mit dem Ungarn GP noch ein letztes Kräftemessen zwischen Ferrari und Mercedes an. Zuletzt hatten die Silberpfeile leicht Oberwasser gewonnen, doch glaubt Kimi Räikkönen, zuletzt als Dritter bester Nicht-Mercedes-Pilot in Silverstone, nur an eine Momentaufnahme.

"Im letzten Rennen waren wir nicht die Stärksten was den Speed anging. Aber ich denke, dass das viel mit dem Kurs zu tun hatte", erklärt der Finne am Donnerstag vor seinem Pseudo-Heimrennen - nach Ungarn pilgern wegen der sprachlichen und geographischen Nähe traditionell besonders viele Finnen. "Hoffentlich können wir hier im Vergleich mit ihnen viel stärker sein", ergänzt Räikkönen.

Doch hofft der Ferrari-Pilot das nicht nur, sondern erwartet es regelrecht. "Dieser Kurs sollte uns besser liegen", meint Räikkönen. "Ich könnte mich zwar täuschen, aber hoffentlich nicht. Wir geben wie immer unser Bestes und kämpfen dann hoffentlich mit ihnen", sagt der Routinier.

Was Räikkönen zusätzlich Flügel verleiht, so optimistisch in das Wochenende gehen lässt: seine starke Vorstellung zuletzt in Silverstone. Ohne den bitteren Pirelli-Reifenschaden in den letzten Runden wäre Räikkönen nicht nur Dritter, sondern sogar Zweiter geworden - vor einem der Mercedes, wenngleich Valtteri Bottas auch nur wegen seiner Strafversetzung von weiter hinten erst hatte aufholen müssen.

Doch sah Räikkönen in Großbritannien das ganze Wochenende über stärker aus als Teamkollege Sebastian Vettel, qualifizierte sich besser, startete besser, hielt sich in der Anfangsphase zumindest einige Runden recht nah hinter Leader Lewis Hamilton. Für Räikkönen deshalb sogar sein bisheriges Saison-Highlight - noch vor der Pole in Monaco. "Mein bester (Moment, d. Red.)? Ich denke im letzten Rennen fühlte ich mich ziemlich gut. Es hat echt Spaß gemacht. Die Dinge liefen mal wie erwartet und ich konnte alles machen wie ich es wollte", schildert Räikkönen.

Pirelli-Analyse: Räikkönen nicht begeistert

Zumindest bis zu dem Reifenschaden kurz vor Schluss - einem mysteriösen Reifenschaden. Während Pirelli im Fall Sebastian Vettels bereits am Freitag nach dem Rennen die Ursache erkannt hatte und mitteilte, dauerte es bei Kimi Räikkönens lädiertem Pneu länger. Erst am Mittwoch vor dem Ungarn GP meldete sich Pirelli erneut. Doch der Reifenhersteller teilte lediglich mit, er habe keine Anzeichen für Ermüdung oder ein strukturelles Problem an seinem Produkt identifiziert.

Als möglichen Auslöser für den Schaden machte Pirelli stattdessen einen Kontakt mit einem externen Objekt aus - genau zu sagen vermochten es die Italiener jedoch nicht. Und so bleibt es auch für Kimi Räikkönen ein Rätsel. "Ich weiß auch nicht mehr", sagt der Finne. "Es war eine sehr unglückliche Sache. Wir sind auf jeden Fall nicht zu viele Runden gefahren, aber irgendwas ist schiefgegangen." Er habe jedoch nichts mitbekommen. Auch ein Kerb könne kaum verantwortlich sein. "Die nimmst du jede Runde, auf jedem Kurs, die ganze Zeit. Das ist nicht der Grund - ganz sicher", sagt Räikkönen. "Es war einfach eine seltsame Geschichte und es wäre besser für alle, den genauen Grund zu kennen", lamentiert der Ferrari-Star.

Klingt nicht gerade begeistert von den Analysen des Reifenherstellers. Doch wie steht es jetzt um das Vertrauen in Pirelli? Motorsport-Magazin.com hakte direkt beim Iceman nach. "Dinge wie diese passieren - leider. Sogar mit normalen Autos", relativiert Räikkönen auf Nachfrage. "Ich erwarte nicht, dass es nochmal passiert. Es kann aber nochmal passieren - trotzdem hatten wir einfach sehr viel Pech", ergänzt der Finne.

Wer hat Schuld am Reifen-Desaster? (04:25 Min.)

Räikkönen: Speed nicht das Problem, aber ...

Letzteres will Räikkönen in Ungarn auch in jeder anderen Hinsicht so weit es nur geht wegschieben - nur dann könne er auch die potentiell starke Pace seines Ferrari auf die Strecke bringen. "Letztes Wochenende fühlte sich bei mir eigentlich sehr gut an, auch wenn das Endergebnis nicht ganz das war, was wir wollten. Aber dafür gab es ja Gründe ...", erinnert Räikkönen. "Hoffentlich habe ich hier dasselbe Gefühl, dasselbe Gefühl mit dem Auto. Dafür brauche ich aber einen Freitag ohne Probleme, um alle Details hinzubekommen und im Rennen das absolute Maximum aus unserem Paket zu holen."

An ihm selbst - Stichwort Nachzügler-Vorwurf von Sergio Marchionne in Spielberg - werde es jedenfalls sicher nicht scheitern. "Was das Fahren angeht habe ich den Speed, da mache ich mir keine Sorgen", sagt Räikkönen. "Es geht einfach darum, die Dinge alle richtig hinzubekommen." Genau dabei habe sich seine Seite der Garage in dieser Saison teilweise schwer getan, nicht immer alles verstanden. "Und dafür haben wir dann den Preis gezahlt. Ich bin nicht zufrieden mit den Ergebnissen, ganz klar. Ich will Rennen gewinnen und die ganze Zeit da oben stehen", sagt Räikkönen, lässt keinen Zweifel an seiner Motivation.