Es war eine weiß-blaue Traumhochzeit und sollte der Beginn einer ebensolchen Traumehe werden, als die Bayrischen Motorenwerke und der erfolgreichste Formel 1 Rennstall der Neunziger WilliamsF1 in der Saison 2000 in Melbourne erstmals gemeinsam auf die Grand Prix Bühne traten.

Und tatsächlich: Die Erfolge stellten sich von Beginn an ein. Das junge Fahrerduo Ralf Schumacher und Jenson Button sorgte schon im ersten Jahr der britisch-bayrischen Verbindung für einen Sprung von WM-Rang fünf auf Platz drei der Konstrukteurswertung.

Im ersten Ehejahr erstrahlte alles noch im Sonnenlicht., Foto: Williams
Im ersten Ehejahr erstrahlte alles noch im Sonnenlicht., Foto: Williams

Als dann im zweiten Jahr mit vier Siegen gar der Vizeweltmeistertitel bei den Konstrukteuren heraussprang, wähnte man sich mehr als nur im Zeitplan: Man war den Erwartungen voraus. Trotz eines Rückschlags durch die erste erdrückende rote Dominanz des Jahres 2002, welches nur einen einzigen BMW-Williams-Triumph sah, konnten die Weiß-Blauen ihren Vizetitel verteidigen, um dann in Person von Sir Frank Williams höchstpersönlich zu Jahresbeginn 2004 zum Angriff auf die Italiener zu blasen: Der WM-Titel sollte her.

Doch der Schuss ging nach hinten los. Der neue FW26 mit der markanten Nasenbäroptik war ein Fehlschlag. Das hoch bezahlte Fahrerduo Ralf Schumacher und Juan Pablo Montoya kündigte früh seinen Abgang aus Grove an und erst im letzten Saisonrennen in Interlagos gelang dem scheidenden Kolumbianer der erste und einzige Saisonsieg. In der Konstrukteurs-WM fiel man folglich bis auf den vierten Platz zurück.

Für Mario Theissen war dieser erste Rückschlag innerhalb der erst kürzlich bis ins Jahr 2009 verlängerten britisch-deutschen Allianz aber vorerst nicht mehr als eine akzeptable Zeiterscheinung, welche aufgrund der übererfüllten Saisonziele der Vorjahre noch keine - in den Medien bereits beschriene - handfeste Beziehungskrise darstellte.

Die Medien rümpften schnell die Nase über den FW26., Foto: Sutton
Die Medien rümpften schnell die Nase über den FW26., Foto: Sutton

Doch das sollte sich alles ändern, als der neue FW27 auch zu Saisonbeginn 2005 nicht konkurrenzfähig war, BMW weiter auf die altbekannte Weisheit "Unser Motor ist weltmeisterlich, unser Auto hingegen nicht" setzte und Frank Williams sowie Patrick Head sogar öffentlich vor dem Saisonstart eingestehen mussten, dass sie wegen eines Aerodynamikproblems an ihrem Auto an den ersten Rennwochenenden nicht siegfähig sein würden.

Und das sind sie aus eigener Kraft auch nach sieben WM-Läufen noch nicht. Dank der starken Leistung der beiden Piloten, allen voran von BMW- und Techniker-Liebling Nick Heidfeld, und der unaufhörlichen Entwicklungsarbeit in Grove, welche sich im Laufe der letzten Jahre immer als ebenso effizient wie auch notwendig erwies, schnitten die Weiß-Blauen letztlich dennoch besser als vorhergesagt ab.

Nichtsdestotrotz haben die Gerüchteköche schon lange wieder damit angefangen ein in Hinwil gefördertes Schweizer Salz in die ehemals weiß-blaue Hochzeitssuppe zu streuen.

Von Ferrari soll es zu BMW gehen..., Foto: Sutton
Von Ferrari soll es zu BMW gehen..., Foto: Sutton

Und dieses Salz schmeckt den Münchnern äußerst gut, weshalb man schnell die Taktik der Dementis aufgab und einräumte: "Wir verhandeln mit Peter Sauber über eine Kundenmotorenlieferung ab 2006." Von einem Aufkauf des gesamten Teams möchte man im Büro von Mario Theissen hingegen nichts wissen. Und auch Peter Sauber dementiert: "Das sind nur Gerüchte. Ich werde aber keine Kommentare abgeben, die über eine einfache Motorenbelieferung hinausgehen."

Dennoch halten die salzfreundlichen Gerüchteköche und Insider in ihren heißen Küchen daran fest: Der BMW-Vorstand denkt intensiv über eine Übernahme der Hinwiler nach. Eine Entscheidung soll bis Ende Juni fallen. Zumindest hier decken sich die Aussagen mit jenen von Mario Theissen, der - im Entscheidungsfall Sauber-Kundenmotoren - bis Ende des Monats einen Abschluss der Verhandlungen erwartet.

Doch der kleine Sauber-Flirt scheint die Ehefronten zwischen den in Grove und München getrennt lebenden Partnern noch weiter zu verhärten. So antwortete Sir Frank Williams zuletzt in einem Bild-Interview ungewohnt undiplomatisch auf die Frage nach seiner Zufriedenheit mit den BMW-Aggregaten. "Wir sind nie mit unseren Motoren zufrieden", gab der Sir zu Protokoll. "Unser Partner ist ja auch nie mit unseren Autos zufrieden." Noch härter dürfte den Partner, der seine Triebwerke immer noch gerne als die stärksten der Königsklasse bezeichnet, die folgende Aussage getroffen haben: "Wenn ich auf die Geschwindigkeits-Tabelle schaue, ist das vielleicht nicht mehr der Fall..."

Schon zu Saisonbeginn hatte Williams seinen Münchner Freunden einiges Kopfzerbrechen bereitet, als er bei einem Pressefrühstück in London die Schweizer aus dem Sack ließ und zu einem Zeitpunkt, an dem noch niemand damit rechnete, verkündete, dass BMW ab 2006 neben Williams auch Sauber mit Motoren ausstatten würde.

Derzeit sieht es aber beinahe nicht danach aus, als ob die Münchner lange dem FIA-Wunsch nach Kundenmotoren für zwei Rennställe entsprechen würden. Denn Williams könnte immer stärker werdenden Gerüchten zu Folge schon im nächsten Jahr mit einer alten Liebschaft wie Honda oder einem ganz anderen Motorenhersteller wie Cosworth im Bett liegen. Die Scheidungsanwälte dürfte dies aber nicht bereichern, denn BMW soll sich trotz der langen Laufzeit für den Notfall mit einigen Ausstiegsklauseln bewaffnet haben.

Noch lächeln sie wie gute Partner Seite an Seite., Foto: Sutton
Noch lächeln sie wie gute Partner Seite an Seite., Foto: Sutton

Trotzdem geht Williams derzeit "davon aus", dass er auch 2006 auf V8-Aggreagte aus bayrischer Herstellung bauen kann. Aber natürlich "sind auch noch andere Motoren erhältlich", gießt er selbst noch Öl zum Salz ins feurige Suppenwasser. "Wir haben einen gültigen Vertrag. Allerdings scheint BMW derzeit ja überall in der Formel 1 im Geschäft zu sein..."

Einer würde sich bei einer Scheidung von Williams und einem komplett eigenen Neuanfang bei Sauber mehr als nur bestätigt fühlen: Ex-Motorsportdirektor Gerhard Berger. Schließlich war der ehemalige F1-Pilot schon seit jeher ein Verfechter eines reinen BMW-Rennstalls.

"Ich kann mich nur wiederholen, dass ich BMW jederzeit ein eigenes Formel 1 Auto zutrauen würde", wiederholte der Österreicher zu Jahresbeginn seine Weltsicht. "Und dass die Leistung, die Williams in den letzten Jahren abgegeben hat, für BMW nicht ausreichend sein kann."

Wie es dazu kommen konnte, möchte Williams in seiner zickigen Phase des Bild-Interviews allerdings nicht analysieren. "Nun, wir fragen ja auch nicht ständig, warum allein in der Saison 2000 150 BMW-Motoren kaputt gegangen sind."

Und was denkt sich Nick Heidfeld, der nach Jahren in der Versenkung von Sauber und Jordan nun endlich in einem so genannten Top-Team fahren darf, über die Querelen in der BMW-Williams-Ehe? "Wo Erfolg ist, ist Harmonie", hält er es philosophisch. "Wo es schlecht läuft, wird auch schneller mal gezofft. Ich als Fahrer kann eine mögliche Trennung ohnehin kaum verhindern."

Doch obwohl Sir Frank dagegen leise protestiert und sagt, dass es "keine Trennung" geben werde, gibt er offen zu, dass die Partnerschaft alles andere als harmonisch verlaufe. "Unsere früheren Teams mit Honda oder Renault waren wesentlich kooperativer und erfolgreicher. Da gab es nicht diese ständigen Schuldzuweisungen."

Weicht die BMW Power bald einem neuen Sponsor?, Foto: Sutton
Weicht die BMW Power bald einem neuen Sponsor?, Foto: Sutton

Stehen uns also - ungeachtet so mancher Erfolge auf den Rennstrecken wie Nicks zweiten Plätzen oder seiner ersten Pole Position - demnächst noch mehr solcher Schlammschlachten zwischen München und Grove ins Haus? Werden die Gerüchteköche noch mehr Salz für ihre neuesten Kreationen benötigen?

Auf eine mögliche Zukunft bei BMW-Sauber angesprochen sagte Nick nur viel sagend: "Das kommt unter anderem auf meine vertragliche Situation an. Auf die darf ich aber nicht weiter eingehen."

Das kann einerseits nur eine nichts bedeutende Standardaussage sein. Andererseits aber auch jede Menge Zündstoff für die nächste saftige statt salzige weiß-blaue Ehekrise.

Gerhard Berger dürfte die Entwicklung sicherlich mit größtem Interesse verfolgen. Schließlich bildete er mit Mario Theissen schon einmal ein schlagkräftiges Duo und würde er im nächsten Jahr nach dem Ende seiner Auszeit sicherlich gerne eine neue Herausforderung annehmen.

Jene Herausforderung, welche ihn schon vor seinem Ausscheiden bei BMW-Williams zum Weitermachen bewogen hätte. Jene Herausforderung die er so beschreibt: "Die Ressourcen und das technische Know-How eines der deutschen Premiumhersteller zu nutzen, um ein Gesamtfahrzeug darzustellen. Das würde auch relativ schnell zu Erfolg führen." Und das wiederum dürfte in der Vorstandsetage der Eheleute aus München und bei der Teamführung der nach Ressourcen schreienden Schweizer auf gleichsam offene Ohren stoßen...