Das Mercedes-Duo ließ beim Trainingsauftakt für den Grand Prix von Großbritannien nichts anbrennen: Valtteri Bottas sicherte sich am Freitag in beiden Sessions die Bestzeit, jeweils dicht gefolgt von Lokalmatador Lewis Hamilton. Ferrari musste sich zunächst sogar hinter Red Bull anstellen, konnte sich im zweiten Training jedoch rehabilitieren. Im Zeitentableau sieht es in Silverstone nach einer klaren Angelegenheit für Mercedes aus, doch die Longruns zeigen: Am Sonntag dürfte Ferraris Atem wieder lang genug für den Kampf um den Sieg sein.

Am Vormittag lag Bottas mit seiner Bestzeit eine halbe Sekunde vor Max Verstappen im schnellsten Red Bull. Der flotteste der Ferrari, in diesem Fall Kimi Räikkönen, lag sogar eine ganze Sekunde hinter dem Mercedes-Piloten. Hamilton war mit unter einer Zehntel Rückstand Zweiter. Im 2. Freien Training zeigte sich an der Spitze dasselbe Bild: Bottas voran, Hamilton lediglich 0,047 Sekunden dahinter. Der feine Unterschied war jedoch, dass Bottas seine schnellste Runde auf dem Supersoft-Reifen fuhr, Hamilton hingegen auf der Soft-Mischung. Hamilton konnte seinen Versuch auf dem weichsten Reifen aufgrund eines Fahrfehlers in Becketts nicht nutzen.

Dahinter übernahm Ferrari wieder die gewohnte Verfolgerrolle der Silbernen. Mit drei Zehnteln Rückstand war Räikkönen deutlich näher dran, während Verstappen im Red Bull sechs Zehntel verlor. Der Abstand der Scuderia erscheint auf einer Runde immer noch üppig. "Für uns war es ein durchwachsener Tag. Hier und da waren wir noch nicht ganz zufrieden", erklärt Vettel, der knapp viereinhalb Zehntel auf Bottas verlor. Red-Bull-Mann Daniel Ricciardo hält fest: "Mercedes war heute unglaublich schnell und normalerweise sind sie im Zeittraining noch schneller. Wir lassen sie für den Moment ihr Ding machen."

Während die Bullen sich den Kampf mit Mercedes offenbar schon abgeschminkt haben, ist Vettel fest davon überzeugt, dass noch mehr geht: "Ich glaube, am Freitag hat jeder noch etwas im Köcher. Die Frage ist nur, wie viel." Der erneuten Freitags-Niederlage gegen Mercedes will er nicht allzu viel Aussagekraft beimessen. "Sie sahen gut aus, egal auf welchem Reifen und unter welchen Bedingungen. Ich glaube aber, wir können uns morgen noch steigern", so der WM-Leader, der auf dem Longrun mit Supersoft-Reifen, genau wie auf einer Runde, langsamer als der Teamkollege war. Schnellster war hier wieder Bottas, der im Durchschnitt Rundenzeiten von 1:32,771 Minuten in den Asphalt brannte.

"Wir sind richtig gut ins Wochenende gestartet", konstatiert Bottas, dessen Reifen beim Longrun mit zwölf Umläufen die kürzeste Laufleistung auf dem Buckel hatten. Hinter ihm reihte sich Räikkönen ein, der im Mittelwert knapp zwei Zehntel auf seinen Landsmann verlor. Vettel hatte als Dritter im Bunde mit über sechs Zehnteln Rückstand, landete aber immer noch acht Tausendstel vor WM-Rivale Hamilton. Weit abgeschlagen waren die Red Bull. Nachdem das Team in Spielberg noch mit einer überraschend starken Rennpace auftrumpfen konnte, sieht es in Silverstone bisher nicht so rosig aus. "Sowohl bei den Short- als auch bei den Longruns waren wir nicht schnell genug", erklärt Verstappen, der wie Ricciardo beim Longrun über eine Sekunde verlor.

Longruns auf Supersoft-Reifen

FahrerDurchschnittliche RundenzeitAbstandReifenalterSession
Valtteri Bottas1:32,771 Minuten12FP2
Kimi Räikkönen1:32,963 Minuten+ 0,191 Sekunden21FP2
Sebastian Vettel1:33,388 Minuten+ 0,616 Sekunden17FP2
Lewis Hamilton1:33,396 Minuten+ 0,624 Sekunden18FP2
Max Verstappen1:33,857 Minuten+ 1,085 Sekunden15FP2
Daniel Ricciardo1:36,162 Minuten+ 1,390 Sekunden16FP2

Während Vettel und Hamilton sich auf dem Supersoft-Reifen hinter den Teamkollegen anstellen mussten, übernahmen die beiden WM-Spitzenreiter auf dem Soft-Reifen wieder das Kommando. Bottas und Hamilton legten als einzige Fahrer der Top-Teams ihre Longruns mit diesem Reifen im 1. Freien Training hin. Mit einem Durchschnitt von 1:33,877 Minuten hatte Vettel auf Pirellis zweitweichster Reifenmischung aber die Nase vorne. Hamiltons Abstand betrug hier 0,190 Sekunden. Anders als beim Supersoft war der Spitzenreiter aber nicht auf deutlich frischeren Reifen unterwegs: 19 respektive 18 Umläufe hatten die Pneus von Vettel und Hamilton auf dem Buckel.

Bottas und Räikkönen verloren drei bis vier Zehntel auf den Wert von Vettel. Deutlich konkurrenzfähiger mutete Red Bull auf dem Soft-Reifen an. Verstappen war mit 0,594 Sekunden beinahe in Schlagdistanz zu den beiden Finnen vor ihm. Lediglich Ricciardo schien auch auf diesem Reifen auf keinen grünen Zweig zu kommen. "Das Gefühl mit dem Auto war heute noch nicht so gut, wie es eigentlich sein könnte", so der Australier, der in Österreich zuletzt hellauf begeistert von der Balance des RB13 war und diese in Silverstone bisher offenbar noch nicht fand.

Laut dem Reifenhersteller dürfte der Soft-Reifen im Rennen trotz der relativ kühlen Temperaturen in Großbritannien die erste Wahl sein. "Wenn man den Supersoft hier sehr strapaziert mit einem vollen Tank, könnte der Reifen pro Runde bis zu zwei Zehntel langsamer sein. Die Runde hier ist sehr lang", erklärt Pirelli-Mann Mario Isola. Der gab darüber hinaus zu bedenken, dass die Longruns im 2. Freien Training in der Regel repräsentativer seien, da die Teams erfahrungsgemäß mit mehr Sprit unterwegs sind. Angesichts der Tatsache, dass Mercedes den Soft-Longrun im ersten Training abhielt, könnte dies in Sachen Rennpace wie schon so oft in dieser Saison für Ferrari sprechen.

Longruns auf Soft-Reifen

FahrerDurchschnittliche RundenzeitAbstandReifenalterSession
Sebastian Vettel1:32,877 Minuten19FP2
Lewis Hamilton1:33,067 Minuten+ 0,190 Sekunden18FP1
Valtteri Bottas1:33,188 Minuten+ 0,311 Sekunden16FP1
Kimi Räikkönen1:33,302 Minuten+ 0,425 Sekunden15FP2
Max Verstappen1:33,471 Minuten+ 0,594 Sekunden17FP2
Daniel Ricciardo1:33,776 Minuten+ 0,899 Sekunden19FP2

Die Reifenmischung, die am Sonntag wohl kaum zum Einsatz kommen wird, heißt Medium. Von den drei Top-Teams investierte lediglich Mercedes in einen Longrun auf der härtesten zur Verfügung stehenden Reifenmischung. Bottas spulte im zweiten Training zehn Runden auf dem Medium-Pneu ab und kam dabei auf einen Durchschnitt von 1:33,888 Minuten. Im Vergleich zu den anderen beiden Mischungen war er mit diesem Wert eine ganze Sekunde langsamer. Auch wenn die Wahrscheinlichkeit für einen Medium-Stint im Rennen gering ist, war Mercedes mit der Performance offenbar zufrieden. "Die Autos haben auf den drei unterschiedlichen Reifen gut funktioniert und eine gute Pace gezeigt", so Technik-Chef James Allison.

Longruns auf Medium-Reifen

FahrerDurchschnittliche RundenzeitAbstandReifenalterSession
Valtteri Bottas1:33,888 Minuten17FP2