Rote Offensive im Silberpfeil-Land: Ferrari greift beim Mercedes-Heimrennen in Silverstone mit allen Mitteln voll an. Sebastian Vettel und Kimi Räikkönen erhalten beim Großbritannien GP frische Power Units. "Wir bauen einen neuen Motor ein", berichtet Vettel am Donnerstag auf dem ehemaligen Militärflugplatz. "Es war Zeit, einen neuen einzusetzen", bestätigt Räikkönen.

Eine große Sache daraus machen will jedoch weder der Deutsche noch der Finne. Wie üblich herrscht bei Ferrari, gerade nach drei sieglosen Rennen in Folge, in Sachen Understatement große Einigkeit. "Ich glaube nicht, dass es einen großen Unterschied machen wird", meint Vettel. "Wir hatten geplant, hier einen neuen Motor zu haben." Ähnlich zurückhaltend die Ausführungen Räikkönens. "Das ist alles völlig normal für uns. Das war von Anfang an so geplant. Ob es einen Unterschied macht? Werden wir sehen", sagt der Ferrari-Pilot.

Doch nicht nur der Motor ist neu, auch in Sachen Aerodynamik hat Ferrari in Silverstone einmal mehr ein paar Neuerungen in petto. "Hier kommen wieder ein paar kleine Sachen", bestätigt Vettel. "Wir versuchen uns in jedem Bereich zu verbessern, es ist nicht nur der Motor", sagt Räikkönen. "Das ist nur ein Teil - aber es sind alle Teile, die wir hier bringen und tun, die uns schneller machen sollen."

Räikkönen & Vettel: Zuversicht trotz Understatement

Ausgerechnet im Mercedes-Wohnzimmer nach zuletzt drei Silberpfeil-Siegen über Ferrari in Serie zurückzuschlagen lautet somit bei Ferrari die Devise in Silverstone. Trotz der jüngst starken Mercedes-Form ein mögliches Unterfangen, meint Räikkönen. "Unser Auto war stark, wo immer wir auch hingekommen sind. Ich sehe keinen Grund, warum es hier nicht auch so sein sollte. Solange wir alles geben werden wir eine gute Chance haben", sagt der Finne.

"Wir waren immer da. Vielleicht nicht in Sachen Ergebnisse, aber in Sachen Pace. Das Auto war gut und das macht uns auch hier zuversichtlich. Die Strecke sollte und eigentlich ganz gut entgegenkommen, unserem Auto. Generell waren wir ja immer ganz gut in schnellen Kurven. Also ist die Vorfreude da", ergänzt Vettel. Wäre da nicht das miserable Vorjahres-Wochenende in Silverstone ... "Ja, vergangenes Jahr war hier nicht das leichteste für uns, aber die Autos und Regeln sind komplett neu", sagt Räikkönen. Ob schneller oder langsamer als Mercedes könne er allerdings wie immer noch nicht final einschätzen, so ein ziemlich von dieser Frage genervter Räikkönen.

WM-Leader Vettel stimmt zu, sieht die Scuderia ebenfalls wie immer gut aufgestellt. "Die guten Neuigkeiten für uns sind, dass wir einen guten Saisonstart hatten und im Rennen auf jeder Strecke konkurrenzfähig waren. Normalerweise wissen die Leute nach ein paar Rennen ja um ihre Stärken und ihre Schwächen und zu diesem Zeitpunkt ist es das Wichtigste für uns, dass es mehr Stärken als Schwächen gibt", sagt der Ferrari-Pilot. "Ich weiß aber, dass wir an der Quali-Pace arbeiten müssen, um die Chancen im Rennen zu vergrößern", betont Vettel.

WM-Garantie? Vettel und der Aberglaube

20 Punkte Vorsprung beträgt Vettels Vorsprung auf seinen schärfsten WM-Rivalen Lewis Hamilton inzwischen - auf den machte er trotz eineinhalb siegloser Monate zuletzt zweimal in Folge Boden gut. Stattdessen robbte sich mit Valterri Bottas noch ein zweiter Mercedes-Fahrer in Schlagweite. Die WM-Führung aber bleibt bei Vettel - auch nach dem neunten Saisonlauf und damit vor der Saison-Halbzeit in Silverstone. Noch nie hat der Deutsche in seiner Karriere bei einer solchen Ausgangssituation den Titel verspielt. Ein gutes Omen? "Das wusste ich ja gar nicht", sagt Vettel. "Ich bin ja bei ein paar Dingen sehr abergläubisch, aber das ist keines davon", sagt der Mann, der immer mit einer Münze im Schuh ins Rennauto steigt.

Nicht viel weniger als Rituale und Talismane bedeutet Vettel bekanntlich die Rennsport-Geschichte. Entsprechend laut schlägt sein Herz sehr für den Großbritannien GP in Silverstone. Mercedes vor der eigenen Haustür zu besiegen sei für ihn deshalb gar nicht der größte Antrieb im englischen Regenpalast. "Da stimme ich nicht ganz zu", winkt Vettel ab. "Für mich ist die größte Motivation hier zu gewinnen, dass es das Home of Racing ist. Es gibt bei diesem GP so viel Geschichte, so viel Rennsport-Geschichte in diesem Land", schwärmt Vettel.

Vettel: Das ist mir wichtiger als Hamilton und Mercedes weh zu tun

"Selbst den Pokal nehmen sie dir hier sofort wieder ab. Ich kann ihn zwar nicht behalten, aber zumindest will ich ihn ein paar Momente auf dem Podium in meinen Händen halten. Das ist etwas ganz Besonderes. Du kannst all die Namen lesen von den Fahrern, die hier schon gewonnen haben. Für mich ist das die größere Motivation als Lewis oder Mercedes weh zu tun", ergänzt Vettel.