Voller Lob, voller gegenseitigem Respekt haben Sebastian Vettel und Lewis Hamilton trotz ihres sich abzeichnenden WM-Duells 2017 im ersten Saisondrittel stets voneinander gesprochen. Bis jetzt. Dann kam Baku. Dann kam der Vettel-Rempler gegen Hamilton. "Vielleicht haben wir heute die Grenzen des Respekts gesehen", mutmaßte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff.

Hamilton ledert kräftig gegen Vettel

Und das nicht grundlos, hatte sein Pilot gerade zum deftigen Verbal-Konter gegen Vettels Rammstoß auf der Strecke ausgeholt. Respektlos sei Vettels Attacke gewesen, zudem ein schlechtes Vorbild. "Viele Kinder schauen uns im Fernsehen zu und sehen einen vielfachen Weltmeister, von dem man denken sollte, dass er sich besser benehmen kann", sagte Hamilton.

Doch damit nicht genug. Der Brite nutzte die Lage sofort, um einen weiteren Stich zu setzen. "Wir wissen, dass sich in schwierigen Zeiten das wahre Gesicht zeigt, und wir haben in den vergangenen Wochen viel Druck ausgeübt", sagte Hamilton. "Ich persönlich möchte meine Leistung auf der Strecke für mich sprechen lassen. Ich will diese Weltmeisterschaft auf die richtige Art und Weise gewinnen."

Von Vettels Ansatz hält der Mercedes-Pilot demnach verschwindend wenig. Vettel dagegen wollte sich nicht recht äußern, druckste herum. "Ich habe keine Problem mit ihm", sagte Vettel. "Ich respektiere ihn sehr als Fahrer." Allerdings sei es nicht der richtige Zeitpunkt, darüber zu sprechen. Er werde Hamilton abseits des Medienrummels anrufen, um alles zu klären. Der aber war gar nicht interessiert. "Der hat doch meine Nummer gar nicht", polterte Hamilton zurück.

Ein ganz neues Level also im großen Duell Vettel vs. Hamilton. Seit Baku scheint alles anders, härter, angespannter. Geht es so weiter, dürfen sich die Fans angesichts des enges Kräfteverhältnisses zwischen Ferrari und Mercedes im weiteren Saisonverlauf über ein prickelndes Spektakel um den Weltmeistertitel freuen.

Triple-Champion Hamilton und Vierfach-Weltmeister Vettel rittern knallhart um die WM? Gerne! Und am besten mit jeder Menge Drama, Krach und Knatsch. Dann schafft es das Duell vielleicht sogar in die epischsten Kontrahenten-Fehden der F1-Geschichte.

Die größten Rivalitäten bisher präsentiert Motorsport-Magazin.com im Folgenden - natürlich eine rein subjektive Auswahl, jedoch mit dem Versuch, möglichst viele verschieden F1-Jahrzehnte abzudecken und einem leichten Fokus darauf, wo richitig die Fetzen flogen.

5. Lewis Hamilton vs. Fernando Alonso

Vor allem in Ungarn herrschte Eiszeit zwischen Hamilton und Alonso, Foto: Sutton
Vor allem in Ungarn herrschte Eiszeit zwischen Hamilton und Alonso, Foto: Sutton

Sauschneller Rookie gegen amtierender Doppelweltmeister. Bei McLaren war in der Saison 2007 mächtig Zunder drin. Eigentlich hatten alle erwartet, Ron Dennis' Racing-Zögling Lewis Hamilton werde beim frisch verpflichteten Renault-Champion Fernando Alonso zunächst einmal ein Jahr lang in die Lehre gehen. Doch alles kam anders.

Der Brite hielt fast sofort auf Augenhöhe mit. Das schmeckte dem stolzen Spanier natürlich so gar nicht und schon packte er die Psychotricks aus - genug gelernt hatte er nach zwei knallharten WM-Duellen mit Kimi Räikkönen und Michael Schumacher, was dies anbelangt ja genug. Doch vollzog Alonso die Spielchen mit einer Perfidität, dass es diese Rivalität trotz ihrer Kürze (schon nach einer Saison war mit dem Duo bei McLaren wieder Schluss) in unsere Top-5 geschafft hat. Richtig hart und unherzlich ging es nämlich zu.

Zum ersten großen Eklat kam es in Ungarn als Alonso Hamilton an der Box blockierte. Seitdem war die Stimmung vergiftet. Alonso und Hamilton schadeten sich gegenseitig, sodass am Ende Kimi Räikkönen trotz eines eigentlich leicht schwächeren Ferrari-Boliden den Titel buchen konnte. Doch damit nicht genug. In aller Verbitterung über den starken Hamilton und die vermeintliche Bevorzugung Dennis' Lieblingsschülers verstrickte sich Alonso auch noch als Kronzeuge in den Spionage-Skandal, war maßgeblich daran beteiligt, dass McLaren 100 Millionen US-Dollar Strafe zahlen musste und alle Konstrukteurspunkte verlor.

4. James Hunt vs. Niki Lauda

James Hunt und Niki Lauda - die wohl größte Rivalität der 70er Jahre, Foto: Sutton
James Hunt und Niki Lauda - die wohl größte Rivalität der 70er Jahre, Foto: Sutton

Ein ähnlich ungleiches Duell lieferten sich auch Niki Lauda und James Hunt. Auf der einen Seite der analytische Österreicher. Ein detailversessener Arbeiter, Perfektionist mit starker Grundspeed. Auf der anderen Seite Rivale Hunt, britischer Lebemann, Playboy, Naturtalent. Allein aufgrund dieser völlig unterschiedlichen Wesen ein Prototyp für eine ganz große Rivalität.

Richtig dreckig wurde es zwischen Lauda und Hunt zwar nie - im Gegenteil. Lauda und Hunt pflegten sogar eine Freundschaft - trotz grundverschiedener Charaktere. "Hunt ist mir von allen Fahrern der liebste. Ich schätze ihn. Er ist locker, easy, steht über den Dingen. Er ist ein großartiger Fahrer, weil er überragendes Talent hat", lobte Lauda einst.

Dennoch doch darf diese Rivalität aus den 70er Jahren hier einfach nicht fehlen. Zu packend die Duelle auf der Strecke im großen WM-Jahr 1976, über dessen historischen Verlauf mit Lauda-Feuerunfall und Ausgang mit Lauda-Rückzieher alles gesagt ist. Und ein paar Sticheleien gab es dann doch. "Wenn er ausgeruht ist, ist er der schwerste Gegner", kommentierte Lauda ebenfalls, enthalten auch eine Kritik am wilden Lebensstil seines Rivalen.

3. Nelson Piquet vs. Nigel Mansell

Williams holte sich zwei Alphatiere - und bezahlte dafür, Foto: Sutton
Williams holte sich zwei Alphatiere - und bezahlte dafür, Foto: Sutton

Wie Hamilton und Alonso lieferten sich auch Nelson Piquet und Nigel Mansell 20 Jahre zuvor teamintern ein gewaltiges Duell. Die Rivalität der Williams-Teamkollegen war geprägt von jeder Menge böser Worte, zum Großteil jedoch ziemlich einseitig geprägt. So lästerte der Brasilianer über Mansells Ehefrau, bezeichnete den 'Löwen' zudem als dumm und ungebildeten Holzkopf. Besonders heftig auch der Vorfall, als Piquet mit voller Absicht das Toilettenpapier aus Mansells Toilette stibitzte - just, als der Brite einmal unter Durchfall litt.

Mansell dagegen regte sich fast mehr über sein Team auf, das Piquet bevorzugt habe. "Manchmal gab es mehr Hindernisse im Weg als notwendig. Nelson konnte als Fahrer tun was er wollte, aber die Ingenieure im Team sollten transparenter sein. Und manchmal gab es ein Problem, weil ein Ingenieur nicht die Wahrheit erzählte", wetterte der Brite. 1986 hätten ihre Rüpeleien Williams wohl den Titel gekostet, gestand das Duo Jahre später - Weltmeister wurde Alain Prost. Nach zwei Saisons bei Williams endete die teaminterne Rangelei.

2. Michael Schumacher vs. Damon Hill

Adelaide 1994: Die kontroverseste Szene im Mega-Duell Hill vs. Schumacher, Foto: Sutton
Adelaide 1994: Die kontroverseste Szene im Mega-Duell Hill vs. Schumacher, Foto: Sutton

Mika Häkkinen, Kimi Räikkönen, Jacques Villeneuve und Fernando Alonso. Michael Schumacher hatte in seiner langen F1-Karriere gleich jede Menge großer Kontrahenten. Besonders heftig zur Sache ging es allerdings mit Damon Hill - sowohl auf als auch neben der Strecke. Nicht nur während, auch nach seiner Zeit in der F1 hatte der Brite noch so einiges über das Duell mit Schumacher Mitte der Neunziger Jahre zu sagen, darunter wenig Gutes.

Allen voran die kontroverse Kollision der beiden Titelrivalen beim Saisonfinale 1994 wirkte noch lange nach, sorgte für böses Blut: Schumacher war in den Wagen von Hill gekracht, was das Aus für beide und für den Deutschen seinen ersten WM-Titel bedeutete. Auch später knallte es weiter zwischen Hill und Schumacher. Etwa in Monza 1995, wo Schumacher Hill Absicht unterstellte, Schumacher konterte Hill habe viel zu früh und unvorhersehbar gebremst (- eine gewisse Parallele zu Hamilton/Vettel in Baku 2017 drängt sich auf ...). Auch in Silverstone im selben Jahr war Hill Schumacher ins Auto gekachelt.

Auch später ging der Ärger weiter. 1998 unterstellte Schumacher Hill in Kanada eine gefährliche Fahrweise, der Brite sei Schlangenlinien gefahren. Hill entgegnete mit dem Elefanten im Porzellan-Laden. Schumacher habe gerade doch selbst Frentzen ins Grün gedrückt. Immerhin: Längst im Ruhestand gab es seitens Hill schließlich ein Lob: "Michael Schumacher pushte mich fahrerisch auf ein Level, das ich niemals für möglich gehalten hatte."

1. Ayrton Senna vs. Alain Prost

Suzuka 1989: Senna will Prost überholen, der macht zu - Crash!, Foto: Sutton
Suzuka 1989: Senna will Prost überholen, der macht zu - Crash!, Foto: Sutton

Die wohl rücksichtsloseste Auseinandersetzung lieferten sich aber sicherlich Ayrton Senna und Alain Prost - und das auch noch zum Teil im gleichen Team. Heißblütiges Supertalent aus Südamerika vs. kühl berechnender 'Professor' aus Frankreich: Bei McLaren ging es zwischen den beiden grundverschiedenen Legenden der Formel 1 so richtig zur Sache - und das über Jahre auf höchsten Niveau, immer um den WM-Titel.

"Ayrton will mich nicht schlagen, er will mich demütigen", stellte Prost bereits Ende 1988 fest, dass diese Rivalität keine normale mehr war - obwohl es in dieser ersten gemeinsamen Saison noch kollegial abging. Richtig zur Sache ging es dann in der nächsten Saison: In Japan kollidierte Prost beim Saisonfinale mit Vorjahresmeister Senna und sicherte sich nur so diesmal selbst den Titel. Riesenärger inklusive. Schon zuvor hatte es in Imola heftig Stunk gegeben, als Senna eine Teamorder ignoriert und den Führenden Prost überholt hatte. Der Beginn einer Fehde, die schließlich im Crash von Suzuka gipfelte.

Weitermachen mit seinem großen Gegner kam daraufhin für Prost nicht infrage, der Franzose wechselte zu Ferrari. Und erneut kam es in Japan nur ein Jahr später zum Showdown. Gleich am Start beschleunigte Prost Polesitter Senna aus, der griff zu drastischen Mitteln und räumte den Franzosen in Kurve eins ab. Ausfall für beide, diesmal aber Titel für Senna. Schuldeingeständnis? Gab es nie. Senna: "Er entschied hereinzuziehen und dann war es unmöglich, die Kollision zu vermeiden." Prost konterte knallhart: "Um diese Kollision auszulösen, musst du voll auf dem Gas bleiben. Und dabei voll auf dem Gas zu bleiben, ist etwas, das du dir im Gehirn eines Rennfahrers fast nicht vorstellen kannst."

Nach einem Sabbatical von Prost kam der Franzose schließlich zurück - mit Williams, sicherte sich aber eine Klausel, dass Senna nie ebenfalls verpflichtet werden dürfe. Dessen Reaktion: "Feigling!" Erst sehr viel später - ohne die Rivalität auf der Rennstrecke - fanden Senna und Prost zusammen, beendeten ihre Fehde.

Bei einer Top-5 fällt die Auswahl angesichts der langen F1-Geschichte naturgemäß schwer. Wir haben versucht, Duelle herauszusuchen, bei denen es eher richtig heftig zur Sache ging. Doch kann eine Rivalität ja durchaus auch sehr fair und respektvoll verlaufen - wie bei Michael Schumacher und Mika Häkkinen zum Beispiel. Aber welche Fahrer-Rivalitäten haben euch besonders gefesselt? Was ist euch in Erinnerung geblieben? Schreibt uns in den Kommentaren.