Da musste sich manch einer doch ziemlich die Augen reiben. Toro Rosso tauchte am Donnerstag wie Phoenix aus der Asche im vorderen Drittel des Feldes auf und stahl manch arriviertem Team komplett die Show. Daniil Kvyat und Carlos Sainz beendeten den Trainingstag in Monaco auf den Plätzen vier und fünf und damit - man höre und staune - vor beiden Silberpfeil-Piloten!

Bereits im ersten Training ließen die beiden Jungbullen aufhorchen, als sie trotz des kompletten Verzichts auf die ultrasoften Reifen unter den Top 10 landeten. Die obligatorische Verbesserung auf den weicheren Reifen gelang aber am Nachmittag dennoch und brachten ein herausragendes Ergebnis zustande. Wie war das möglich?

"Das wissen wir selbst nicht genau", tappte Sainz noch im Dunkeln. Großartige Änderungen im Vergleich zum Spanien GP vor zwei Wochen habe man jedenfalls nicht vollzogen. "Das Auto hier ist dasselbe wie in Barcelona. Wir haben natürlich das Setup an die Strecke hier angepasst, aber das scheint momentan richtig gut zu funktionieren", so Sainz. Nun ist die Streckencharakteristik eine ganz andere, Motorenpower wird nicht verlangt. Liegt hier der Schlüssel? Der Spanier ist sich unschlüssig.

Toro Rosso landete mit beiden Fahrern vor Mercedes, Foto: Sutton
Toro Rosso landete mit beiden Fahrern vor Mercedes, Foto: Sutton

Fragezeichen bei Toro Rosso

"Man sieht, dass wir und Red Bull näher an Ferrari sind. Natürlich spielt die Motorenleistung hier nicht so eine Rolle, das hilft uns. Aber andererseits ist Renault hier nicht stark", verweist er auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com auf das Werksteam um Nico Hülkenberg, das am Ende des Feldes lag. Zudem scheinen sich die Stärken des Toro-Rosso-Boliden verschoben zu haben. "Es ist ein Fragezeichen für uns. Letztes Jahr sah es so aus, dass langsame Kurven uns nicht entgegenkommen, dieses Jahr plötzlich scheint es, dass uns langsame Kurven besser liegen", erklärte Sainz.

Könnte das Team möglicherweise für einen echten Coup im weiteren Verlauf des Wochenendes sorgen? Der Rückstand auf Daniel Ricciardo, der auf Rang zwei lag, betrug keine zwei Zehntelsekunden. "Ich denke, wir haben ein konkurrenzfähiges Paket zusammen", zeigt sich Teamchef Franz Tost voller Vorfreude. "Das Auto funktioniert gut, wir haben für Monaco ein gutes Setup gefunden. Beide Fahrer mögen Monaco, sie haben die Erfahrung und ich hoffe, dass sie die Leistung am Samstag und Sonntag wiederholen können, denn dann zählt es", so der Österreicher.

Auch Dr. Helmut Marko, Motorsportberater von Red Bull, verfolgte die Leistungen des Juniorteams an diesem Donnerstag mit erhöhter Aufmerksamkeit. "Toro Rosso hat ein super Mittelfeld-Auto. Diese Strecke liegt ihrem Auto. Deshalb bin ich guter Dinge, dass sie beide Autos in die Top-10 bringen", sagte er im Interview mit Motorsport-Magazin.com. Gleichzeitig warnt er vor überzogenen Erwartungen. "Man muss aber natürlich relativieren, da die Teams mit unterschiedlichen Benzinmengen fahren. Aber die Chancen für Toro Rosso sind echt gegeben."

Auch Carlos Sainz will die Kirche zunächst im Dorf lassen. Vor allem die Tatsache, dass Toro Rosso vor Mercedes lag, ist für ihn nicht mehr als eine nette Momentaufnahme. Am Samstag werde das schon wieder ganz anders aussehen, ist er überzeugt. "Wenn sie im Qualifying nicht vor uns sind, dann ist das etwas, was ich niemals verstehen werde", stellt er klar.

Daniil Kvyat meldete sich eindrucksvoll zurück, Foto: Sutton
Daniil Kvyat meldete sich eindrucksvoll zurück, Foto: Sutton

Wie stark verbessert sich die Konkurrenz?

Klar ist für den 22-Jährigen jedoch, dass Toro Rosso mit dem Setup sofort ins Schwarze getroffen hat. "Wir werden keine großen Änderungen am Auto mehr machen", weiß Sainz aber auch, dass große Verbesserungen für Toro Rosso wohl nicht mehr möglich sind. Ganz anders aber die Konkurrenz. "Samstag wird es realistischer sein, was die Pace und die Positionen betrifft. Monaco bringt donnerstags immer mal Überraschungen mit sich, daher wird der Samstag wohl härter", weiß Sainz. Ein Resultat in den Top Acht strebe er jedoch an.

Auch Teamkollege Daniil Kvyat sieht das ähnlich. Der Russe war sogar noch schneller als Sainz und meldete sich nach einer bislang eher enttäuschenden Saison zurück. "Wir sollten da nicht ausflippen", hebt Kvyat jedoch den Zeigefinger. Der Russe wehrt sich sogar dagegen, den Donnerstag als außergewöhnlich zu bezeichnen. "Wir hatten einen guten Donnerstag, jede Runde hatte eine gute Qualität. Aber wir müssen fokussiert bleiben. Das Auto fühlt sich gut an, aber müssen weitermachen", fordert er weiterhin erhöhte Aufmerksamkeit.

Das Auto sei ohnehin stärker, als es gerade Kvyats Ergebnisse in dieser Saison vermuten lassen. "Unser Auto hat viel Potenzial. Immer, wenn wir es ins richtige Fenster bekommen, ist es ein konkurrenzfähiges Auto. Heute haben wir es geschafft", erklärt er. Das Gefühl im Vergleich zu Spanien sei komplett anders gewesen. "Anders als in Barcelona war es angenehm zu fahren. Es war vorhersehbar und kam meinem Fahrstil entgegen", zeigte sich Kvyat erfreut über sein Fahrzeug.