Alles neu macht der Mai. In der Formel 1 gilt dieser bekannte Satz umso mehr, als dass der Europa-Auftakt stets in den Wonnemonat fällt. Und ebenjenes Rennen gilt traditionell als zweiter Saisonstart, denn die Teams bringen in Spanien stets die ersten großen Updates für ihre Boliden. Oftmals schon konnten Teams plötzlich einen deutlichen Schritt nach vorne machen, die in den ersten Rennen deutlich hinter den eigenen Erwartungen zurückgeblieben waren.

Auf einen solchen Effekt hofft in diesem Jahr das Red-Bull-Team. Als Geheim- und Mitfavorit in die Saison gegangen, mussten die Österreicher sehr schnell erkennen, dass Ferrari und Mercedes weit enteilt sind. Dabei kämpft Red Bull an mehreren Fronten. Das Chassis ist entgegen der Erwartungen nach der Reglementänderung zu schwach, den Boliden von Max Verstappen und Daniel Ricciardo fehlt es an Abtrieb.

Und auch der Motor von Renault hinkt noch immer hinterher. Die Franzosen änderten ähnlich wie Honda das Konzept und kämpfen nun ebenfalls mit Defiziten bei der Zuverlässigkeit, wenngleich nicht so extrem. Besonders die MGU-K macht Renault zu schaffen, Red Bull musste in den ersten Rennen daher auf die Vorjahresversion zurückgreifen.

In den ersten Rennen war Red Bull neben der Spur, Foto: Sutton
In den ersten Rennen war Red Bull neben der Spur, Foto: Sutton

Hoffnungsschimmer Barcelona

In Barcelona soll es nun einen Schritt vorwärts gehen. Renault plant den Einsatz der aktuellen MGU-K. Da Red Bull in Sochi auf den Tausch dieser Komponente verzichtete, würde der Einbau den für den Saisonverlauf gültigen Motorenpool nicht angreifen. Gleichzeitig aber verschiebt sich das große Update der Power Unit bis Juli, obwohl schon in Kanada die Weiterentwicklung kommen sollte. Die größte Hoffnung aber legt Red Bull zumindest kurzfristig auf das neue Chassis.

Für den Spanien GP wird eine B-Version des Boliden zum Einsatz kommen, der die gravierenden Schwächen aus den ersten Rennen zumindest auf Seite des Autos beheben soll. Bereits bei den Wintertests an gleicher Stelle wurde relativ schnell klar, dass sich eine unerwartete Lücke zur Spitze aufgetan hat. Dass dennoch erst jetzt, mehr als zwei Monate später, eine Entwicklung kommt, hat seinen Grund, wie Motorsportberater Dr. Helmut Marko erklärte. "Das liegt daran, dass die Änderungen relativ massiver Natur sind", so Marko in Sochi im Interview mit Motorsport-Magazin.com.

In Barcelona soll ein neues Chassis die Wende bringen, Foto: Red Bull
In Barcelona soll ein neues Chassis die Wende bringen, Foto: Red Bull

Russland als negativer Höhepunkt

Dort im russischen Badeort am Schwarzen Meer war der Rückstand bislang am eklatantesten. 1,7 Sekunden fehlten im Qualifying auf die Pole Position. Die langen Geraden trugen ebenso zum Rückstand bei wie die kurvenreichen Abschnitte. "Über eine Sekunde kommt vom Motor und etwa fünf oder sechs Zehntel vom Chassis", sah Marko dennoch die Hauptlast auf Seiten des Antriebs.

Der Circuit de Barcelona-Catalunya ist jedoch eine ganz andere Strecke als der Kurs in Russland. Zwar gibt es auch eine extrem lange Gerade, doch zieren deutlich mehr schnelle Kurven das Layout der Strecke. Dort wird Abtrieb gefragt, der - so zumindest die Hoffnungen bei Red Bull - durch das Update endlich wieder generiert werden soll. Kann Red Bull also den Anschluss zumindest zum großen Teil wiederherstellen?

Fakt ist: Mit Adrian Newey hat Red Bull den wohl besten Designer der Formel 1 in ihren Reihen. Nach Betrachtung der ersten Rennen wird der Brite genau wissen, an welchen Stellschrauben gedreht werden muss, um das eigene Auto wieder zu einem Spitzengefährt zu formen. Gleichzeitig dachte man dies aber auch schon vor der Saison im Zuge der massiven Regeländerungen. 2009, als die Aerodynamik-Regeln letztmals so entscheidend verändert wurden, schaffte Red Bull den Sprung vom Mittelfeld an die Spitze. Entsprechend groß waren die Erwartungen für diese Saison, zumal Red Bull Initiativgeber der neuen Dimensionen war.

In Russland kämpfte Red Bull im Mittelfeld, Foto: Sutton
In Russland kämpfte Red Bull im Mittelfeld, Foto: Sutton

Entwicklungskrieg fordert alle Teams

Doch dürfte Red Bull nicht das einzige Team sein, das in Barcelona neue Teile bringen wird. Auch bei Mercedes und Ferrari läuft die Produktion auf Hochtouren. Der "Entwicklungskrieg" anno 2017 ist so extrem wie lange nicht. Die neuen Autos sind noch ziemlich jungfräulich und lange nicht am Ende ihrer Entwicklung. Es wird erwartet, dass allen Teams noch große Sprünge gelingen werden. So gesehen könnte Red Bull die Lücke vielleicht verkleinern, ein kompletter Anschluss aber wäre eine Überraschung. Zumal der Rückstand der Power Unit noch immer zu groß ist - auch auf einer Strecke wie Barcelona.

Vielleicht aber ist das Rennglück den Bullen wieder hold. Im vergangenen Jahr war Mercedes eigentlich haushoch überlegen, doch Nico Rosberg und Lewis Hamilton kegelten sich kurz nach dem Start gegenseitig von der Bahn. Der Weg war frei für Red Bull, den Sieg schnappte sich Max Verstappen. Gegen einen ähnlichen Verlauf - dieses Mal zwischen Mercedes und Ferrari - hätte Red Bull mit Sicherheit nichts einzuwenden.