"Yes! Yes! Yes!" So feierte Sebastian Vettel seine Pole Position zum Großen Preis von Russland. Zum ersten Mal in dieser Saison ging die Pole nicht an Mercedes - stattdessen an Ferrari und WM-Spitzenreiter Vettel, der mit einer 1:33.194 nicht zu schlagen war. Der vierfache Weltmeister musste ganze 588 Tage auf seine nächste Pole warten - zuletzt stand er beim Singapur Grand Prix 2015 auf Startplatz eins. Gleichzeitig war es Vettels 47. Pole in der Formel 1.

Dahinter ging es ultra-eng zu. Beim Showdown in der letzten Qualifying-Runde war Vettels Teamkollege Kimi Räikkönen nur hauchdünn unterlegen. Mit einer persönlichen Bestzeit von 1:33.253 Minuten hatte er 0,059 Sekunden Rückstand auf Vettel. Ein geschichtsträchtiges Ergebnis: Die letzte reine Ferrari-Reihe eins datiert aus dem Jahr 2008, als Räikkönen letztmalig auf der Pole stand.

Mercedes kollektiv geschlagen

Mercedes musste sich diesmal mit der zweiten Startreihe zufriedengeben. Valtteri Bottas kam nahe an Vettel heran - 0,095 Sekunden Rückstand und damit Startplatz drei. Lewis Hamilton blieb ausnahmsweise chancenlos und lag am Ende 0,573 Sekunden hinten.

"Ich war heute einfach nicht schnell genug", sagte Hamilton, der es zum ersten Mal seit Singapur 2016 nicht in die erste Reihe geschafft hatte. "Es lag allein am letzten Sektor, da fehlte eine halbe Sekunde. Ferrari sind die Schnellsten im Qualifying und generell im Renntrim. Es war spannend zu sehen, wo wir morgen stehen. Natürlich habe ich das Ziel, nach vorne zu kommen. Aber mein Longrun am Freitag war ziemlich schlecht. Also hoffe ich, dass es im Rennen besser läuft."

Ferrari hat es geschafft: Mercedes im Qulaifying geknackt, Foto: Sutton
Ferrari hat es geschafft: Mercedes im Qulaifying geknackt, Foto: Sutton

Red Bull mehr als chancenlos

Mercedes und Ferrari fuhren in Sochi in einer ganz eigenen Welt. Beleg gefällig? Daniel Ricciardo fehlten als Fünftschnellstem gigantische 1,7 Sekunden auf Spitzenreiter Vettel. Felipe Massa quetschte sich zwischen das Red-Bull-Duo und verwies Max Verstappen auf Startplatz sieben. Nico Hülkenberg und die beiden Force-India-Piloten Sergio Perez und Esteban Ocon komplettierten die Top-10. "Morgen wird es ein hartes Stück Arbeit für uns", sagte Hülkenberg. "Nach wie vor ist das Rennen der schwierige Teil für uns. Auf dem Longrun lag das Auto auch nicht super, deshalb bin ich skeptisch."

Thriller im Q3

Räikkönen erzielte die erste schnelle Rundenzeit im Q3. Der Finne setzte sich mit einer 1:33.253 an die Spitze der Zeitenliste. Bottas kam an nächsten an den Ferrari-Piloten heran, sein Rückstand betrug 0,036 Sekunden. Hamilton brachte seine erste Runde unterdessen nicht zusammen und lag 1,2 Sekunden hinter dem Spitzenreiter im roten Auto. Vettel fehlten unterdessen 0,173 Sekunden auf seinen Teamkollegen.

Vettel begann die zweite und entscheidende Qualifying-Runde. Nach zwei Aufwärmrunden startete er zu seinem finalen Schuss. Mit einer 1:33.194 übernahm er zwischenzeitlich die Spitze vor Räikkönen, der sich mit seinem letzten Run nicht verbessern konnte. Mit 0,059 Sekunden schlug Vettel seinen Teamkollegen. Auch die Mercedes konnten nicht mithalten. Bottas kam bis auf 0,095 Sekunden heran, Hamilton fehlte am Ende mehr als eine halbe Sekunde.

Bestzeiten-Vergleich im Q3 des Qualifyings

Fahrer1. Run2. RunPers. Bestzeit
Sebastian Vettel1:33.4261:33.1941:33.194 (Q3. 2. Run)
Kimi Räikkönen1:33.2531:33.7131:33.253 (Q3, 1. Run)
Valtteri Bottas1:33.2891:33.3711:33.264 (Q2, 1. Run)
Lewis Hamilton1:34.4641:33.7671:33.760 (Q2, 1. Run)

Gerangel zwischen Hamilton und Hülkenberg

Gleich zu Beginn des Q3 kam es zu einer kuriosen Szene, als sich Lewis Hamilton und Nico Hülkenberg beim Reifenaufwärmen in die Quere kamen. In Kurve 3 wurde es eng zwischen den beiden Fahrern, bis Hülkenberg schließlich vorbeizog. Kommentar von Hamilton: "Er ist ziemlich gefährlich gefahren."

Qualifying - Session 3
Zwischenfälle: Gerangel zwischen Hamilton und Hülkenberg
Top-5: Vettel, Räikkönen, Bottas, Hamilton, Ricciardo

Das sagen Vettel, Räikkönen & Bottas zum Qualifying

Sebastian Vettel: "Mein erster Run im Q3 war nicht so toll, deshalb habe ich es gelassen. Ich wusste, dass es eng werden würde. Ich wusste auch, dass ich die Linie als Erster überqueren würde. Ich habe dann sofort am Funk nach den anderen gefragt. Dann habe ich das Ergebnis von Vallteri bekommen und dann die Nachricht, dass es geklappt hat. Es war eine echte Freude, im Auto zu sitzen und es mit wenig Benzin ans Limit zu bringen."

Kimi Räikkönen: "Das Wichtigste ist, dass wir vorne stehen. Klar wäre ich lieber ganz vorne gewesen. Ich hatte Verkehr in meiner Outlap am letzten Stück von Q3. Deshalb war es schwieriger für mich. Ich habe versucht, es in der letzten Kurve hinzubiegen, hat aber leider nicht geklappt. Trotzdem bin ich glücklich, auch, weil es besser lief als in den letzten Qualifyings."

Valtteri Bottas: "Wir können am Ergebnis gut sehen, dass Ferrari heute schneller war. Wir waren schnell, aber es hat nicht gereicht. Die waren schon das ganze Wochenende vorne, vor allem auf den Ultrasoft-Reifen. Damit hatten wir am Freitag riesige Probleme. Wir haben uns verbessert, aber offensichtlich war der Fortschritt nicht groß genug. So wild ist der Startplatz aber nicht, es ist ein langer Weg bis zur ersten Kurve."

Neue Zeitrechnung in der Formel 1: Ferrari ist das Team to beat, Foto: Sutton
Neue Zeitrechnung in der Formel 1: Ferrari ist das Team to beat, Foto: Sutton

Das war Q2: Ansage von Valtteri Bottas! Der Pole-Setter aus Bahrain fuhr eine 1:33.264 - und war damit fast eine halbe Sekunde schneller als Teamkollege Lewis Hamilton. Da konnte auch Ferrari nicht mithalten. Während beide Mercedes nach ihrer schnellen Runde in die Box abbogen, gingen Vettel und Kimi Räikkönen für einen zusätzlichen Run noch einmal auf die Strecke. Beide Ferraris hatten sich zuvor im Q1 einen Satz der Ultrasoft-Reifen gespart.

Räikkönen verbesserte sich mit seinem zweiten schnellen Run auf den zweiten Platz hinter Landsmann Bottas mit knapp vier Zehnteln Rückstand. Teamkollege Vettel sicherte sich die absolute Bestzeit im zweiten Sektor, verbremste sich im dritten Abschnitt aber leicht und beließ es bei Platz vier im Klassement. Nico Hülkenberg fuhr hinter Max Verstappen abermals auf den sechsten Platz. Carlos Sainz verpasste den Sprung ins Q3 mit rund zwei Zehnteln Rückstand auf Esteban Ocon. Fernando Alonso, der den McLaren nach Q1 in höchsten Tönen gelobt hatte, schied als 15. aus.

Qualifying - Session 2
Zwischenfälle: Vettel-Verbremser in letzter Runde
ausgeschieden: Sainz, Stroll, Kvyat, Magnussen, Alonso
Top-5: Bottas, Räikkönen, Hamilton, Vettel, Massa
Zunächst sah es noch gut aus für Mercedes, Foto: Sutton
Zunächst sah es noch gut aus für Mercedes, Foto: Sutton

Das war Q1: Valtteri Bottas und Lewis Hamilton sicherten sich die ersten beiden Plätze im Q1, spannender war aber Ferrari dahinter. Sebastian Vettel und Kimi Räikkönen waren die einzigen aller 20 Piloten, die nur auf den Supersoft-Reifen fuhren. Mit der langsameren Mischung fehlten Vettel 0,452 Sekunden auf Spitzenreiter Hamilton. Hamilton brauchte eine Weile, um den Rhythmus zu finden - er fiel mit einem frühen Verbremser auf.

Dramatischer ging es viel weiter hinten im Feld zu. Pascal Wehrlein und Jolyon Palmer verloren in ihren letzten schnellen Runden die Kontrolle über ihre Autos und landeten in der Streckenbegrenzung. Palmer erwischte es auf der Innenseite von Kurve 4, Wehrlein flog in Kurve 13 ab - und damit beide raus aus dem Qualifying.

"Ich bin einfach zu schnell in die Kurve rein, dann hat die Hinterachse blockiert und ich habe mich gedreht. Für Q2 hätte es aber eh nicht gereicht", sagte Wehrlein nach seinem zweiten Qualifying in dieser Saison. Palmer war zuvor vor allem in der Boxengasse schnell. Der Renault-Pilot wurde mit 8,8 km/h zu viel in der Boxengasse geblitzt - 900 Euro Strafe für den Teamkollegen von Nico Hülkenberg, der Sechster wurde.

Qualifying - Session 1
Zwischenfälle:Geldstrafe und Crash für Palmer, Wehrlein in der Mauer
ausgeschieden: Palmer, Vandoorne, Wehrlein, Ericsson, Grosjean
Top-5: Bottas, Hamilton, Vettel, Räikkönen, Verstappen
Jolyon Palmers Renault nach dem Crash in Sochi, Foto: Sutton
Jolyon Palmers Renault nach dem Crash in Sochi, Foto: Sutton

Die Strafen: Stoffel Vandoorne wird im Grid um 15 Plätze nach hinten versetzt. Ursache: Honda hat es tatsächlich geschafft, schon im vierten Saisonrennen das erlaubte Kontingent an Power Unit-Elementen zu überschreiten. Außerdem bekommt Carlos Sainz drei Plätze aufgebrummt, weil er beim letzten Rennen in Bahrain eine Kollision mit Lance Stroll verursacht hatte.

Die Analyse: Spätestens jetzt beginnt eine neue Zeitrechnung in der Formel 1. Ferrari ist besser als Mercedes. Punkt. Erstmals seit einer gefühlten Ewigkeit steht Sebastian Vettel wieder auf der Pole, dahinter mit Kimi Räikkönen auch noch der zweite Ferrari. Damit hatten die Silberpfeile wohl nicht gerechnet nach der Dominanz der vergangenen Jahre. Jetzt könnte es sogar richtig böse werden, denn: Im Renntrim war Ferrari ohnehin schon stärker aufgestellt. In Sochi kommen auch noch die Ultrasoft-Reifen zum prominenten Renneinsatz - die Mischung, die Hamilton und Bottas bislang arge Probleme bereitete. Patzt Ferrari am Sonntag nicht, ist der Doppelsieg zum Greifen nah.