Ist Valtteri Bottas ein gleichwertiger Ersatz für den zurückgetretenen Weltmeister Nico Rosberg? Nach dem Saisonauftakt in Australien schien es fast so. Der finnische Neuzugang wurde für seinen Podestplatz von allen Seiten gelobt. Nach dem Rennen in China sah die Sache etwas anders aus. Während Lewis Hamilton den ersten Mercedes-Sieg des Jahres eintütete, warf Bottas wegen eines Fehlers eine mögliche Podiumsplatzierung weg.

"Das war ein dummer Fehler", sagte Bottas offen und ehrlich. "Solche Dinge passieren. Aber es fühlt sich beschissen an, wenn es dir selbst passiert. Das Wichtigste ist jetzt, dass so etwas nicht noch einmal vorkommt." Bottas fiel den kniffligen Bedingungen in Shanghai zum Opfer. Während der Safety-Car-Phase wärmte er seine neuen Reifen zu aggressiv auf, verlor die Kontrolle über den Silberpfeil und kam von der Strecke ab.

Rennen weggeschmissen

Der Fehler warf Bottas bis auf den zwölften Platz tief ins dichte Mittelfeld zurück. Von dort aus konnte er nur noch Schadensbegrenzung betreiben und mit Platz sechs zumindest ein paar Punkte einsacken. Dass sechste Plätze nicht der Anspruch des Weltmeister-Teams Mercedes sind, bekam er anschließend deutlich zu hören - auch, wenn ihn Toto Wolff ein Stück weit in Schutz nahm.

"Er hat das Rennen hinter dem Safety Car beim Reifenaufwärmen weggeschmissen", sagte der Mercedes-Motorsportchef bei RTL. "Das ist schon den Besten passiert und kann passieren. Aber danach war er von der Rolle. Dann war die Pace da, dann wieder nicht mehr. Als er an Kimi herankam, war die Pace wieder da. Aber man kann es ihm nicht übel nehmen, nachdem er das Rennen weggeworfen hatte."

Valtteri Bottas konnte sich immerhin über Lewis Hamiltons Sieg freuen, Foto: Sutton
Valtteri Bottas konnte sich immerhin über Lewis Hamiltons Sieg freuen, Foto: Sutton

Jetzt ist Druck da

Bottas habe laut Wolff einen hohen Preis für einen kleinen Fehler gezahlt. Ein Patzer, mit dem Bottas nun richtig umgehen muss. Jeder Fahrfehler in einem Silberpfeil wiegt schließlich viel schwerer als in einem Mittelfeld-Auto. Bottas versuchte sich gar nicht erst herauszureden, das zeugt von Stärke. Interessant wird es jetzt sein zu sehen, wie er mit der Druck-Situation am kommenden Wochenende in Bahrain umgeht.

"Das Schlimmste, was ich jetzt machen kann, wäre, nicht aufzuhören über den Fehler nachzudenken", sagte Bottas. "Ich muss verstehen, wie ich mich in Zukunft verbessern kann. Ich weiß, dass die Pace da ist und dass ich mit dem Auto gute Dinge anstellen kann. Auch als Team haben wir bessere Arbeit geleistet, besser als am Sonntag in Melbourne. Ich muss jetzt einfach weitermachen, dann werden die Ergebnisse schon kommen."

Ist Valtteri Bottas ein würdiger Nachfolger für Nico Rosberg?, Foto: Mercedes-Benz
Ist Valtteri Bottas ein würdiger Nachfolger für Nico Rosberg?, Foto: Mercedes-Benz

Valtteri muss sich erholen

Erstmals seit seinem Einstieg bei Mercedes bekam Bottas zu spüren, was es heißt, voll im Rampenlicht zu stehen. Erfolge werden noch größer gefeiert, Niederlagen noch mehr ausgeschlachtet. "Valtteri muss sich jetzt davon erholen", sagte sein früherer Manager Toto Wolff. "Es sind noch 18 Rennen zu fahren. Er muss das jetzt analysieren und es dann vergessen. Er hatte ja die Pace im Rennen und konnte Lewis' Zeiten halten. Wenn man mal nicht in der Spitzengruppe fährt, muss man das überwinden. Er hat den richtigen Charakter dafür."

Was genau war überhaupt passiert? Nach dem Wechsel von Intermediates auf Slicks wärmte er während der Safety-Car-Phase seine Reifen auf. Das allerdings zu aggressiv, sodass er in Kurve 10 von der Strecke segelte und Schwierigkeiten hatte, aus dem nassen Gras zurückzukehren.

"Ich war in Kurve 7 als ich die Nachricht erhielt, dass das Safety Car Ende der Runde reinkommt", erklärte Bottas. "Das war also die letzte Chance, auf der Geraden ein wenig hin und her zu schlängeln, um die Reifen auf Temperatur zu bekommen. Ausgangs Kurve 10 fuhr ich ziemlich langsam, lenkte nach links und rechts und gab dabei Gas. Dann kam ich ins Rutschen."

Mit dem China-Podest hatte Bottas nichts zu tun, Foto: Sutton
Mit dem China-Podest hatte Bottas nichts zu tun, Foto: Sutton

Boxenstopp nicht als Ausrede

Schon zuvor war bei Bottas nicht alles glatt gelaufen, der Reifenwechsel an der Box dauerte ungewöhnlich lange. Ungünstig gerade in solch einer wirren Situation, wie sie während der beiden Safety-Car-Phasen herrschte. Bottas wollte den langen Boxenstopp aber nicht als Ausrede gelten lassen. "Ja, wir verloren etwas Zeit beim Boxenstopp, aber das war nichts im Vergleich zu meinem Fehler", räumte er ein.

Mit verschmutzten und kalten Reifen kämpfte Bottas beim Re-Start mit stumpfen Waffen. Während Hamilton und Co. an der Spitze wegzogen, musste er sich durchs Mittelfeld kämpfen. Bottas: "Mir gingen die Runden aus, als ich den Autos vor mir näherkam. Ich konnte die verlorene Zeit nicht mehr aufholen."

Jetzt bleiben nur wenige Tage, bis in Bahrain das nächste Rennen ansteht. Bottas kann sich nach seinem Fehler sicher sein, dass er noch stärker von seinen Kritikern beobachtet wird. Kommt er mit dieser Situation klar? Sein Plan vor dem dritten Rennen in Bahrain: "Jetzt werfe ich einen Blick in den Spiegel und komme gestärkt zurück."