In einem zeitweise chaotischen China Grand Prix behielt Lewis Hamilton die Nerven und sicherte sich seinen ersten Saisonsieg. Der Pole-Setter ließ sich von der turbulenten Startphase samt Virtual Safety Car und richtigem Safety Car nicht aus der Ruhe bringen und fuhr zu seinem 54. Sieg in der Formel 1 sowie dem fünften in Shanghai. Gleichzeitig gelang dem Mercedes-Piloten ein weiterer Meilenstein in der Königsklasse. Mit seinem 106. Podesterfolg zog er mit F1-Legende Alain Prost in der ewigen Podiums-Tabelle gleich.

"Eigentlich hatten wir zunächst alles unter Kontrolle", sagte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff. "Auch bei schwieirigen Bedingungen war die Pace in Ordnung. Aber bei solchen Bedingungen kannst du leicht strategische Fehler machen. Heute ging alles gut. An solchen Tagen willst du keinen anderen Fahrer als Lewis im Auto sitzen haben."

Das Podium: Hamilton überquerte die Ziellinie mit knapp sieben Sekunden Vorsprung auf Sebastian Vettel. Der Ferrari-Star musste sich dem Silberpfeil diesmal geschlagen geben, sorgte aber für einige Highlights. Nachdem Vettel zwischenzeitlich zurückgefallen war, kämpfte er sich mit sehenswerten Überholmanövern zurück. In Runde 20 setzte er sich zunächst gegen Ferrari-Teamkollege Kimi Räikkönen durch und wenig später in einem echten Rad-an-Rad-Duell gegen Red-Bull-Pilot Daniel Ricciardo.

Auch Max Verstappen konnte sich nicht gegen Vettel wehren und fiel dem vierfachen Weltmeister in Runde 29 zum Opfer. Trotzdem dürfte Verstappen mit dem Rennen in Shanghai zufrieden sein. Der Niederländer erzielte als Dritter seine achte Podiumsplatzierung in der Formel 1. Stark: Nach Motorenproblemen im Qualifying startete Verstappen nur von Platz 16. Eine überragende Startphase und gute Strategieentscheidungen während der frühen Safety-Car-Phasen spülten ihn bis auf das Podest.

Die Punkteränge: Im Zuge der Verstappen-Show verpasste dessen Teamkollege Daniel Ricciardo das Podium als Vierter knapp. Der Australier konnte Verstappen im zweiten Renndrittel zwar nicht aufhalten, blieb aber bis zum Schluss dicht dran. Weniger als eine Sekunde trennten die beiden Red-Bull-Piloten beim Zieleinlauf.

"Mit der Strategie lagen wir heute richtig", sagte Red Bulls Teamchef Christian Horner. "Wir schafften es vor die Ferraris, hatten aber nicht die Pace, um auch dort zu bleiben. Zwischen Max und Daniel war es heute echtes Racing. Sie haben gezeigt, dass sie hart gegeneinander fahren können. Davon werden wir diese Saison wahrscheinlich noch mehr sehen. Ein fantastisches Rennen von Max, angesichts dessen, von wo er losgefahren war."

Dahinter musste sich Kimi Räikkönen mit einem enttäuschenden fünften Platz zufriedengeben. "Wir hatten nicht dieses eine spezifische Problem", sagte Räikkönen. "Auf frischen Reifen war das Auto gut. Aber mit der Front hatten wir Probleme. Auf einer Strecke wie dieser kostet das viel Zeit. Ich denke, dass wir ein besseres Ergebnis hätten erzielen können, aber so ist es eben."

Ähnlich durchwachsen lief es für Landsmann Valtteri Bottas. Der Mercedes-Pilot hatte das Rennen von Platz drei aufgenommen, war nach einem Dreher während der Safety-Car-Phase aber weit zurückgefallen. Carlos Sainz, Kevin Magnussen sowie die beiden Force India-Piloten Sergio Perez und Esteban Ocon komplettierten die Top-10. Nico Hülkenberg wurde nach Start von Platz sieben, Drehern und zwei Strafen wegen Überholens unter Safety Car letztendlich nur Zwölfter.

Frühe Safety Cars wirbeln das Feld durcheinander, Foto: Sutton
Frühe Safety Cars wirbeln das Feld durcheinander, Foto: Sutton

Das sagen Hamilton, Vettel & Verstappen zum Rennen

Lewis Hamilton: "Das war unglaublich. Heute war es ziemlich hart für uns alle. Wir sind alle auf Inters los, aber es war ziemlich schwierig. Beim Start war es ziemlich trocken, aber es gab ein paar nasse Kurven. Ein toller Job auch von Sebastian und diesem jungen Kerl Max. Ich war ähnlich schnell wie Sebastian. Wenn es kein Safety Car gegeben hätte, wäre es viel enger geworden."

Sebastian Vettel: "Mein Start war okay. Dann bemerkte ich, dass die Inters starken Verschleiß hatten. Ich war, das Risiko einzugehen, während des Virtual Safety Car die Reifen zu wechseln. Und dann kam das Safety Car raus, als ich begann zu merken, dass die Trockenreifen viel schneller waren. Deshalb konnte ich den Vorteil nicht nutzen. Ich hatte ein spannendes Rennen. Ich hing eine Weile hinter anderen Autos fest. Dann bekam ich freie Fahrt und versuchte, Lewis zu jagen. Immer wenn ich schnell war, konnte er antworten. Es war ein gutes Rennen."

Max Verstappen: "Das Rennen war eine große Herausforderung. Ich glaube, ich habe neun Autos innerhalb einer Runde überholt. Ich hatte zuvor nicht viel Streckenzeit, um die richtige Balance zu finden, weil ich im Qualifying ja kaum gefahren war. Einen Podestplatz hätte ich nicht erwartet. Ich wollte einfach freie Fahrt haben, aber letztendlich haben wir es trotzdem aufs Podium geschafft."

Der Beginn eines epischen WM-Duells: Lewis Hamilton und Sebastian Vettel, Foto: Sutton
Der Beginn eines epischen WM-Duells: Lewis Hamilton und Sebastian Vettel, Foto: Sutton

Der WM-Stand: Nach seinem Sieg hat Lewis Hamilton in der Gesamtwertung mit Sebastian Vettel gleichgezogen. Beide teilen sich den ersten Platz mit 43 Punkten. Neuer Gesamtdritter ist Max Verstappen mit 25 Punkten. Mercedes-Neuzugang Valtteri Bottas belegt den vierten Platz in der Fahrermeisterschaft mit 23 Zählern, gefolgt von Landsmann Kimi Räikkönen, der bislang 22 Punkte sammeln konnte. Daniel Ricciardo folgt als Sechster mit 12 Zählern. Bei den Konstrukteuren hat Mercedes die Führung mit 66 Punkten vor Ferrari (65) übernommen. Schon am kommenden Wochenende geht es für die Formel 1 in Bahrain weiter.

Das Wetter: Das erwartete Regen-Chaos blieb aus, doch einfach waren die Bedingungen nicht auf dem Shanghai International Circuit. Feuchte Mischbedingungen erwarteten die Fahrer zum Start am Sonntagmorgen. Alle Piloten nahmen das Rennen auf den Intermediate-Reifen auf - mit einer Ausnahme: Toro-Rosso-Pilot Carlos Sainz traute sich als einziger, auf Supersofts zu starten. Bei 12 Grad Außentemperatur und 15 Grad Streckentemperatur begann das zweite Rennen des Jahres.

Der Start: Lewis Hamilton, Sebastian Vettel und Valtteri Bottas verteidigten zunächst die ersten drei Plätze. Dahinter kämpfte sich Daniel Ricciardo vorbei an Kimi Räikkönen auf den vierten Platz. Nico Hülkenberg ließ Felipe Massa hinter sich und verbesserte sich auf Position sechs. Der große Gewinner der Startphase war Max Verstappen. Der junge Niederländer nahm das Rennen nach seinen Motoren-Problemen im Qualifying nur von Platz 16 auf. Nach der ersten Runde hatte sich der Red-Bull-Pilot bereits auf Platz 11 verbessert.

Der Re-Start: Beim Re-Start zur 9. Runde kam Hamilton (Soft) gut weg und behauptete die Führung vor Ricciardo auf Supersoft-Reifen. Max Verstappen mit seinen Supersofts setzte sich gegen Kimi Räikkönen (Soft) durch und übernahm den dritten Platz. "Ich habe kein Drehmoment", beschwerte sich der Finne am Funk. Sebastian Vettel (Soft) fuhr auf Platz fünf, gefolgt von Carlos Sainz (Supersoft), Fernando Alonso (soft) und Sergio Perez (Supersoft). In Runde 11 setzte sich Verstappen auch gegen Teamkollege Ricciardo durch und übernahm die zweite Position hinter Hamilton.

Kimi Räikkönen verpasst das Podium auch in Shanghai, Foto: Sutton
Kimi Räikkönen verpasst das Podium auch in Shanghai, Foto: Sutton

Die Zwischenfälle: Sebastian Vettels Start wurde von der Rennleitung angeschaut, weil er wohl nicht ganz richtig in seiner Startbox stand. Die Aktion blieb jedoch ohne Folgen. Jolyon Palmer schaffte es während der virtuellen Safety-Car-Phase, sich auf der Strecke zu drehen. Das gelang wenig später auch Valtteri Bottas während der richtigen Safety-Car-Phase. Der Mercedes-Pilot fabrizierte einen Dreher und fiel bis auf den zwölften Platz zurück.

Nico Hülkenberg kassierte gleich zwei Strafen. In Runde 18 bekam er von der Rennleitung 5 Sekunden wegen Überholens unter dem Virtual Safety Car aufgebrummt. Obendrein kassierte er weitere 10 Sekunden Zeitstrafe, weil er auch noch während der echten Safety-Car-Phase überholt hatte. Kevin Magnussen hatte mehr Glück. Der Haas-Pilot stand unter Beobachtung der Rennleitung, weil er während des Safety Car zu langsam gefahren sein soll - er kam straffrei davon.

Jolyon Palmer sorgte mal wieder für Action auf der Strecke, Foto: Sutton
Jolyon Palmer sorgte mal wieder für Action auf der Strecke, Foto: Sutton

Die Boxenstopps: Jolyon Palmer entschied sich dazu, das Rennen aus der Box zu starten - und zwar auf Supersoft-Reifen. Renault-Teamkollege Nico Hülkenberg bog während der frühen Virtual-Safety-Car-Phase in die Boxengasse ab und wechselte auf Soft-Mischungen. Der Rest des Feldes folgte, Sebastian Vettel schnappte sich etwa Soft-Reifen. Auf den Intermediates draußen blieben nur Lewis Hamilton, Valtteri Bottas, Daniel Ricciardo, Kimi Räikkönen und Max Verstappen.

Nach dem Ende des Virtual Safety Car folgte unwesentlich später eine echte Safety-Car-Phase in Folge des Giovinazzi-Abflugs. Die Spitze um die beiden Mercedes, beide Red Bull und Räikkönen entledigten sich ihrer Intermediates. Hamilton führte auf Softs vor Ricciardo auf Supersofts, Räikkönen auf Softs und Verstappen auf Supersofts.

Verstappen steuerte in Runde 30 ein weiteres Mal die Box an und holte sich einen frischen Satz Supersofts ab. Zuvor hatte er sich beim Verteidigen gegen Vettel verbremst und war auf den dritten Platz zurückgefallen. Verstappen kehrte als Sechster zurück auf die Strecke. In Runde 32 tat es Ricciardo seinem Teamkollegen gleich und ließ einen neuen Satz Supersofts aufziehen. Vettel wechselte in Runde 33 auf Soft-Mischungen und kehrte als Dritter zurück auf die Strecke.

Der Führende Lewis Hamilton steuerte in Runde 36 die Mercedes-Box zu seinem letzten Stopp an und ließ sich neue Soft-Reifen aufziehen. Mercedes-Teamkollege Bottas folgte einen Umlauf später und entschied sich ebenfalls für Soft-Mischungen, bevor er auf Platz sieben sein Rennen fortsetzte. In Runde 40 wurde Räikkönen erlöst und durfte an die Box. Zuvor hatte der Ferrari-Pilot, zu diesem Zeitpunkt auf Platz zwei liegend, am Funk vehement neue Reifen gefordert. Mit Supersoft-Reifen ordnete er sich auf Platz sieben ein.

Sebastian Vettel ließ seinen alten Teamkollegen Ricciardo hinter sich, Foto: Sutton
Sebastian Vettel ließ seinen alten Teamkollegen Ricciardo hinter sich, Foto: Sutton

Die Ausfälle: Lance Stroll fiel dem China GP als Erster zum Opfer. Der Williams-Rookie wurde in Runde 3 von Sergio Perez am Heck getroffen und drehte sich ins Kiesbett. Stroll gelang es nicht aus eigener Kraft, auf die Strecke zurückzukehren. Die Aktion wurde untersucht, aufgrund der kulanteren neuen Regeln gab es aber keine Strafe. Antonio Giovinazzi erlebte ebenfalls kein einfaches Wochenende. Nach seinem Unfall im Qualifying, crashte der Ersatzmann von Pascal Wehrlein auch im Rennen. In Runde 4 verlor er auf der feuchten Start/Ziel-Geraden die Kontrolle über seinen Sauber und krachte in die Streckenbegrenzung. Das löste eine Safety-Car-Phase aus.

Stoffel Vandoorne musste seinen McLaren in Runde 19 wegen Problemen mit dem Benzinsystem an der Box abstellen. In Runde 23 war auch für Daniil Kvyat Feierabend, sein Toro Rosso fiel einem Problem an der Lenkung zum Opfer. Mit Fernando Alonso verabschiedete sich in Runde 35 auch der zweite McLaren aus dem Rennen. Ein Problem an der Antriebswelle versetzte dem aufopferungsvoll kämpfenden Spanier den technischen K.o.

Es wird das große Duell der Saison 2017: Sebastian Vettel gegen Lewis Hamilton, Foto: Sutton
Es wird das große Duell der Saison 2017: Sebastian Vettel gegen Lewis Hamilton, Foto: Sutton

Die Analyse: Viel Chaos zu Beginn, aber einer blieb cool: Lewis Hamilton. Der Sieg des Mercedes-Piloten war nie gefährdet, seine Pace sowohl auf Intermediates als auch auf Slicks überragend. Dem Rest des Feldes um die Ohren fahren konnte Hamilton allerdings nicht. Sebastian Vettel bestätigte mit Platz zwei die starke Performance des Ferrari - nur Kimi Räikkönen fiel ein weiteres Mal ab. Shanghai hat bestätigt: Wir dürfen uns auf ein spannendes Duell zwischen Hamilton und Vettel freuen. Da werden weder Kimi noch Valtteri Bottas eine entscheidende Rolle spielen - beide haben in China Punkte liegenlassen. Ob Red Bull rechtzeitig in den WM-Kampf eingreifen kann? Max Verstappen mit einer großartigen Show und auch Daniel Ricciardo war bei der Pace. Bis zu Mercedes und Ferrari fehlt aber noch ein ganzes Stück.

Die Top-Facts des Rennens

  • 54. F1-Sieg für Lewis Hamilton
  • 106. Podium - so viele wie Alain Prost
  • Sebastian Vettel zum 88. Mal auf dem Podest
  • Max Verstappen von Startplatz 16 auf P3
  • 8. Podest für Verstappen in der Formel 1
  • Beide McLaren fallen im Rennen aus
  • Insgesamt 5 Ausfälle: Alonso, Vandoorne, Kvyat, Giovinazzi, Stroll
  • Hülkenberg doppelt wegen Überholens unter VSC und SC bestraft