Max Verstappen hatte an diesem Dienstag in Barcelona seinen ersten Auftritt in Red Bulls neuem RB13. Nachdem Teamkollege Daniel Ricciardo am Vortag noch einen holprigen Start in die neue Saison hatte, erlebte der Niederländer einen reibungslosen ersten Arbeitstag. Obwohl er und sein Team es nach wie vor nicht auf Rundenzeiten abgesehen hatten, spielte Verstappen auf der Rennstrecke schon einmal einige Rennszenarien durch.

Mit 89 Runden schaffte der 19-Jährige auf der Rennstrecke, wo er sich vergangenes Jahr zum bis dato jüngsten Formel-1-Sieger der Geschichte machte, beinahe doppelt so viele Umläufe wie sein australischer Stallgefährte am Vortag. "Am ersten Tag erwartet man natürlich, dass es kleine Probleme gibt. Aber heute lief es eigentlich sehr gut für uns. Wir haben fast alles erledigt, was wir auf dem Plan hatten", so das Fazit seines ersten Diensttages im RB13.

Als Dritter fehlten Verstappen bei einer Rundenzeit von 1:22.220 Minuten ganze 1,3 Sekunden auf die Bestzeit von Kimi Räikkönen im Ferrari. Sorge bereitet ihm der Rückstand jedoch nicht. "Für uns geht es jetzt noch nicht darum zu zeigen, wie schnell wir sein können", so der Red-Bull-Pilot, der betont, dass die Prioritäten für seine Truppe noch woanders liegen: "Es ist wichtig, dass wir Kilometer sammeln, um zu sehen ob alle Teile auch funktionieren. In den folgenden Tagen werden wir dann sehen, wie schnell wir sind."

Die Zeiten der Spitze sieht er demzufolge auch nicht als richtungsweisend für das Kräfteverhältnis in der neuen Saison. "Es ist natürlich schwierig zu sagen, wie viel Sprit die anderen gefahren sind", gibt er zu bedenken und verweist darauf, dass sich an der Performance der Boliden ohnehin noch jede Menge tun wird: "Wir können uns noch verbessern, aber jeder kann sich noch verbessern. Es ist der zweite Tag mit einem neuen Auto und neuen Regeln."

Verstappen macht an seinem ersten Testtag gleich einmal Jagd auf die Konkurrenz, Foto: Sutton
Verstappen macht an seinem ersten Testtag gleich einmal Jagd auf die Konkurrenz, Foto: Sutton

Verstappen trainiert Überholmanöver

Angesichts der breiteren Spur und des Plus an Downforce wurden schon vor der ersten Ausfahrt der Boliden Stimmen laut, die ein schwierigeres Überholen prognostizierten. Nach dem ersten Testtag bestätigten diverse Piloten diese Vorahnung. Verstappen nutzte seinen ersten Einsatz gleich einmal dafür, sich selbst zu überzeugen. "Ich habe heute ein bisschen Erfahrungen gesammelt, wie es ist, hinter Autos zu fahren", so der Youngster, dessen Fazit sich nicht mit der Allgemeinheit deckt: "Du hast mehr Downforce und fährst etwas schneller durch die Kurven, aber das war es auch schon." Wo er schon einmal dabei war, führte Verstappen gleich eine Zweikampf-Simulation durch.

"Ich habe ein paar Überholmanöver gemacht - und es funktioniert. Du kannst mit dem Auto überholen", lautet seine Erkenntnis. Verstappen baute sich seit seinem Debüt vor zwei Jahren mit kreativen und vor allem konsequenten Überholmanövern einen Ruf als ausgezeichneter Zweikämpfer auf. Der höhere Grip könnte es den Gegner in der Theorie im Falle eines Angriffs vermeintlich einfacher machen, sich zu verteidigen. Der WM-Fünfte des vergangenen Jahres hat ein allerdings ein einfache Rezept dafür, wie er mit einem Schmunzeln verrät. "Du musst sie dann nur etwas schneller überholen."

Papa Jos Verstappen ist bei den Barcelona-Testfahrten wieder einmal als Gast mit von der Partie , Foto: Sutton
Papa Jos Verstappen ist bei den Barcelona-Testfahrten wieder einmal als Gast mit von der Partie , Foto: Sutton

Neue Boliden schön schnell

Insgesamt hinterließ der Bolide der Generation 2017 nach dem ersten Outing einen guten Eindruck bei Verstappen. "Der Geschwindigkeitsunterschied im Vergleich zum Vorjahr ist ein guter Schritt. Es macht mehr Spaß in den schnellen Kurven", zieht er den Vergleich zum Vorjahr. Ganz erfüllt haben sich seine Erwartungen jedoch noch nicht, wie er anfügt: "Es könnte natürlich immer noch schneller gehen, aber die Autos jetzt sind schon schön schnell."

Räikkönens Bestzeit lag etwas über einer Sekunde unter der letztjährigen Pole Position von Hamilton. Die anvisierten fünf Sekunden, welche die neuen Autos schneller sein sollen, sind noch ein ganzes Stück entfernt. Verstappen will sich zwar nicht festlegen, spekuliert aber darauf, dass die Zeiten noch um "vielleicht drei" Sekunden fallen könnten. Die erhöhte körperlich Beanspruchung spürte der Youngster zwar, aus der Bahn werfen konnte sie ihn jedoch nicht: "Dafür haben wir im Winter trainiert. Das müssen wir drauf haben."

In den langsamen Kurven ist die Mehrbelastung verhältnismäßig gering, doch im Fahrverhalten machten sich die breiteren Boliden laut Verstappen auch hier deutlich bemerkbar: "Da hat man viel mehr Traktion. Das war letztes Jahr sehr schwierig, einen Kompromiss für einen guten Exit zu finden. Aber mit so breiten Reifen ist das jetzt viel besser."

Red Bull blickt auf Testtag 1 in Barcelona zurück (01:13 Min.)

Fahrerisch kein Unterschied zu 2016

Während sich das neue Reglement im Fahrgefühl relativ deutlich äußerte, macht es für ihn aus fahrerisch Sicht hingegen keinen Unterschied. "Es spielt nicht wirklich eine Rolle. Als Fahrer passt du dich einfach an deine Situation an. Ob es jetzt ein Auto mit viel Downforce ist oder nicht, du passt dich einfach an", so Verstappens pragmatische Beurteilung. Seine fahrerischen Qualitäten haben ihm im Verlauf der vergangenen Saison zwar den Ruf eines Titelanwärters eingebracht, doch um die Weltmeisterschaft kümmert er sich momentan noch nicht: "Im Moment liegt mein Fokus nicht darauf. Ich will nur Kilometer sammeln und habe mir noch keine Ziele gesetzt."

Auch wie sich die neue Power Unit von Renault im Vergleich zur Vorjahresversion macht, kann er nach dem ersten Tag noch nicht einschätzen. "Die Zuverlässigkeit heute war ziemlich gut. Wir hatten keine Probleme. Es ist aber noch zu früh um zu sagen, wo wir mit dem Motor liegen", hält er sich bedeckt. Da sich die Red-Bull-Piloten täglich hinterm Steuer abwechseln, könnte Verstappen seine Freizeit durchaus dafür nutzen, die Boliden der Konkurrenz genauer in Augenschein zu nehmen - ein Spaziergang entlang der gegnerischen Garagen kommt für ihn aber nicht in Frage: "Das ist die Aufgabe des Teams."