McLaren hat am Freitag in Woking das Auto für die Formel-1-Saison 2017 präsentiert. Der neue Bolide trägt den Namen MCL32, womit das Team mit einer langen Tradition bricht, was die Namensgebung betrifft. Der Wagen soll dem britischen Traditionsrennstall dabei helfen, nach einigen Jahren im grauen Mittelmaß der Königsklasse endlich wieder nennenswerte Erfolge zu feiern.

In Sachen Lackierung kehrt McLaren zu seinen Anfängen zurück: Der MCL32 ist tatsächlich in den Farben orange und schwarz gehalten! Auch in Sachen Aerodynamik gehen die Briten neue Wege. Ein aggressives Frontflügel-Design, ausgestellte Bargeboards samt Luftleitblechen entlang der schmalen Seitenkästen sorgen für einen frischen Look unter dem neuen Reglement. McLaren setzt ebenfalls auf die Aero-Finne, die 2017 bei den meisten Teams zum Einsatz kommt.

Alonso findet orange sexy

Fernando Alonso zeigte sich begeistert vom neuen Design. "Es ist sehr spannend, etwas mehr Farbe am Auto zu sehen", sagte der Spanier. "Unter dem neuen Reglement sieht es wirklich spektakulär aus. Ich denke, das neue Auto wird sexy, wenn es schnell ist. Es ist definitiv das schönste Auto, das ich in den letzten 16 Jahren gefahren bin. Neue Regeln, breite Reifen - von außen sieht alles sehr sexy aus."

Der neue starke Mann an der Spitze von McLaren, Zak Brown, machte bislang keine halben Sachen. Zwar mag die Lackierung nicht das Wichtigste am Auto sein, steht sie doch für den frischen Wind, der jetzt in Woking herrscht. "Ich teile die Frustration der letzten Jahre, denn ich bin McLaren-Fan", sagte Brown während der Präsentation. "2015 war schwierig, 2016 war nicht großartig mit Blick auf McLaren-Standards - aber es war ein Fortschritt. Ich habe keine Zweifel daran, dass wir alles haben, was wir brauchen - es braucht nur etwas Zeit und Geduld."

McLaren kehrt mit dem MCL32 zum Look der Gründerjahre zurück, Foto: McLaren
McLaren kehrt mit dem MCL32 zum Look der Gründerjahre zurück, Foto: McLaren

Herausforderung für Vandoorne

Noch mehr Neues: Alonso bekommt mit Stoffel Vandoorne einen neuen Teamkollegen. Der frühere McLaren-Junior ersetzt 2017 Jenson Button. Mit Alonso an seiner Seite könnte Vandoorne kaum eine größere Herausforderung bevorstehen. "Ich versuche es", sagte der Belgier. "Aber bei McLaren liegt der Fokus darauf, das Team zurück an die Spitze zu bringen. Die letzten Jahre waren schwierig. Es ging immer darum, Fortschritte zu erzielen. Das haben wir geschafft. Jetzt geht es darum, mit dem ganzen Team wieder nach vorne zu kommen."

Ein Apell auch an Motorenpartner Honda. Seit der Rückkehr in der Formel 1 haben sich die Japaner schwer getan. Immer wieder gab es Probleme, ganz besonders im Debütjahr. 2016 lief die Power Unit zuverlässiger, war aber noch lange nicht auf dem Niveau von Mercedes. Der neue Motor namens RA617H wurde über den Winter komplett überarbeitet. Reicht das zusammen mit dem Chassis aus, um wieder ein Siegerauto auf die Beine zu stellen?

McLaren zeigt den orangen MCL32 (00:51 Min.)

Honda: Keine Versprechungen

"Wir machen keine Versprechungen", sagte Hondas Motorenchef Yusuke Hasegawa. "Aber unser Ziel lautet, weitere Fortschritte zu erzielen und die Spitze einzuholen. Wir müssen Gas geben und in dieser Saison noch mehr Boden gutmachen." Gerade angesichts des brandneuen Autos war noch mehr Arbeit angesagt für die Motoren-Ingenieure. "Wir hatten einen geschäftigen Winter", bestätigte Hasegawa. "Es gab einige Bereiche, die wir verändern wollten, um mehr Power zu bekommen. Wir haben den Motor modifiziert, damit er besser ins Auto passt. Der Schwerpunkt ist niedriger geworden, das war eine große Herausforderung."

Weniger Gewicht, niedrigerer Schwerpunkt und mehr Power aus dem Verbrennungsmotor - für Honda war die Liste über den Winter lang. McLaren war unterdessen überzeugt, dass es mit der Japan-Kooperation im dritten gemeinsamen Jahr wieder aufwärts gehen wird.

"Wir haben ein schönes Auto und es wird noch sexier sein, wenn es auch schnell ist", sagte McLaren-Renndirektor Eric Boullier. "Nach drei Jahren mit Honda kennen wir uns sehr gut. Wir sind ihnen gegenüber sehr transparent und umgekehrt ist das auch der Fall. Das ist wichtig, denn das Motor-Layout muss perfekt ins Auto passen und auf all unsere Bedürfnisse angepasst werden."

McLaren greift 2017 mit dem orange-schwarzen MCL32 an, Foto: McLaren
McLaren greift 2017 mit dem orange-schwarzen MCL32 an, Foto: McLaren

2017 noch im Rückstand

Nicht nur Honda hielt sich dezent bedeckt, was die Ziele für die anstehende Saison angeht. Auch McLaren wollte sich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen - sind beide Schicksale ohnehin sehr eng miteinander verknüpft. Dass der Traditionsrennstell 2017 schon um die Weltmeisterschaft fahren kann, erscheint angesichts des letzten Rückstandes auf die Top-Teams ohnehin relativ unrealistisch.

"Glaube ich, dass wir dieses Jahr um die Spitze fahren", sagte McLarens Cheif Operating Officer Jonathan Neale. "Realistisch betrachtet wahrscheinlich noch nicht, nein. Aber glaube ich daran, dass wir als Team weiter bedeutende Fortschritte erzielen werden? Absolut! Und das ist unser Ziel: Die richtigen und notwendigen - wenn auch manchmal schwierigen - Veränderungen zu unternehmen, um voranzuschreiten."

Mit Alonso und Neuzugang Vandoorne: Findet McLaren zurück in die Erolgsspur?, Foto: McLaren
Mit Alonso und Neuzugang Vandoorne: Findet McLaren zurück in die Erolgsspur?, Foto: McLaren

Der Vorgänger: McLaren MP4-31

McLaren beendete die Saison 2016 auf dem sechsten Platz der Konstrukteurs-Wertung. Zwar gelang im zweiten Jahr der Zusammenarbeit mit Motoren-Partner Honda eine Leistungssteigerung, dennoch wartet die anglo-japanische Seilschaft weiterhin auf eine Podiumsplatzierung. Der Wagen konnte vor allem mit einer verbesserten Standfestigkeit punkten, war in Sachen Leistungsfähigkeit den Autos Spitzenteams aber nach wie vor deutlich unterlegen.

Die Fahrer: Fernando Alonso und Stoffel Vandoorne

McLaren kündigte im Herbst des vergangenen Jahres eine "innovative Drei-Fahrer-Strategie" für 2017 an. Bedeutet: Fernando Alonso behält sein Cockpit, während Jenson Button zwar einen neuen Vertrag erhält, seinen Platz aber für den bisherigen Reservefahrer Stoffel Vandoorne freimacht und ins zweite Glied zurücktritt. Während Alonso mit zwei Weltmeister-Titeln und 273 Grand-Prix-Starts zu den erfahrensten Piloten im Feld zählt, hat der 24-jährige Belgier Vandoorne erst ein Rennen auf dem Buckel und steht somit vor seiner Rookie-Saison.

Das Team: McLaren Racing

Mit zwölf Fahrer-Titeln und acht Weltmeisterschaften bei den Konstrukteuren zählt McLaren zu den erfolgreichsten Teams in der Geschichte der Formel 1. Nur Ferrari absolvierte mehr Grand-Prix-Starts als der britische Traditionsrennstall. Der Glanz vergangener der Tage ist mittlerweile jedoch etwas verblasst, denn während der letzte Fahrer-Titel durch Lewis Hamilton aus 2008 stammt, gelang letztmalig 1998 der Gewinn der Hersteller-Wertung. Den letzten Rennsieg feierte McLaren 2012 beim Saisonfinale in Brasilien, seither sprang in vier Jahren nur eine einzige Podiumsplatzierung heraus.

McLaren MCL32: Technische Daten

Chassis
MonocoqueKohlefaser-Struktur mit Überlebenszelle
BodyworkKohlefaser-Struktur, inklusive Motorabdeckung, Seitenkästen, Unterboden, Nase, Frontflügel und Heckflügel mit fahrergesteuertem DRS
VorderradaufhängungKohlefaser-Querlenker und Torsionsfedern (Schubstreben)
HinterradaufhängungKohlefaser-Querlenker und Torsionsfedern (Zugstreben)
Gewicht728 kg (inklusive Fahrer, exklusive Benzin). Gewichtsverteilung zwischen 45,3 und 46,3 %
ElektronikMcLaren Applied Technologies. Inklusive Chassis-Kontrolle, Power-Unit-Kontrolle, Sensoren, Daten-Analyse und Telemetrie
BremssystemAkebono Bremssättel und Master-Zylinder, Akebono "brake by wire"-System (hinten), Karbon-Scheiben und Beläge
LenkungServounterstützte Zahnstangenlenkung
InstrumenteMcLaren Applied Technologies-Cockpitanzeige
FunksystemKenwood
KühlsystemCalsonic Kansei Wasser- und Ölkühlung
BenzinBP Castrol
Schmiermittel & ÖleCastrol
RäderEnkei
ReifenPirelli P Zero
Kraftübertragung
GetriebeAcht Vorwärtsgänge, ein Rückwärtsgang, Kohlefaser-Getriebegehäuse, längsseits verbaut
SchaltungSequenzielle Halbautomatik, elektrohydraulisch betrieben
KupplungElektrohydraulisch betrieben, Carbonplatte
Power Unit (ICE)
TypHonda RA617H
Gewicht145 kg
Hubraum1,6 Liter
Zylinder6
Zylinderanordnung90 Grad V-Anordnung
Anzahl Ventile24
Max. Drehzahl15.000 U/min
Max. Benzindurchflussmenge100 kg per Stunde (über 10.500 U/min)
BenzineinspritzungDirekteinspritzung, ein Einspritzventil per Zylinder, 500 bar Maximum
AufladungEinstufenkompressor und Abgasturbine
Power Unit (ERS)
BauweiseIntegrierte Hybrid-Energierückgewinnung via Motor Generator Units, mit Kurbelwelle verbundene elektrische MGU-K, mit Turbolader gekuppelte elektrische MGU-H
EnergiespeicherLithium-Ionen-Batterie, ca. 20 bis 25 kg
Max. Energiespeicher 4 Mj pro Runde
MGU-K
Max. Umdrehungen50.000 U/Min
Max. Leistung120 kW
Max. Energierückgewinnung2 Mj pro Runde
Max. Leistungsabgabe4 Mj pro Runde
MGU-H
Max. Drehzahl125.000 U/Min.
Max. LeistungUnbegrenzt
Max. EnergierückgewinnungUnbegrenzt
Max. LeistungsabgabeUnbegrenzt