Fernando Alonso hat seit 54 Rennen keinen Formel-1-Sieg mehr gefeiert. Seit dem Spanien-GP 2013 wartet der zweimalige Weltmeister nun schon darauf, wieder ganz oben auf dem Treppchen zu stehen. Vom seit Jahren angepeilten dritten WM-Titel ist er Lichtjahre entfernt - in den letzten Jahren wohl weiter als je zuvor. Mit dem McLaren Honda der Jahrgänge 2015 und 2016 war kein Blumentopf zu gewinnen. Das neue Reglement soll ihn 2017 zurück an die Spitze bringen- doch sollte es das nicht schaffen, könnte sich das Kapitel Formel 1 für ihn bald erledigt haben.

Die vergangenen Saisons schloss Alonso auf den Plätzen 17 respektive 10 ab - bei weitem nicht das, was den Ansprüchen des 32-fachen Grand-Prix-Siegers gerecht wird. Seit seiner Debüt-Saison 2001 für Minardi, als er 23. in der Endabrechnung wurde, schnitt der mittlerweile 35-Jährige in der Weltmeisterschaft nie außerhalb der Top-10 ab - bis er 2015 zu McLaren Honda wechselte. Dass sich Alonso im Herbst seiner Karriere nicht bis auf alle Ewigkeit im Mittelfeld abmühen will, machte er letztes Jahr relativ früh deutlich.

Selbst einen Teamwechsel hatte er für den großen Traum, erneut um die Weltmeisterschaft kämpfen zu können, nicht ausgeschlossen: "Entweder fährst du einen Mercedes oder du fährst in Zukunft einen McLaren Honda." Nach Nico Rosbergs Abgang hielten sich die Gerüchte über einen Wechsel zum Weltmeister-Team hartnäckig, doch Alonso blieb McLaren für 2017 treu - ob nun aus freien Stücken oder gezwungenermaßen, darf spekuliert werden.

Fernando Alonso debütierte 2001 mit Minardi in der Formel 1, Foto: Sutton
Fernando Alonso debütierte 2001 mit Minardi in der Formel 1, Foto: Sutton

Zweckoptimismus für 2017

Das Reglement der vergangenen Jahre gab Alonso jedenfalls wenig Hoffnung, mit McLaren den Sprung zurück an die Spitze zu schaffen: "Selbst wenn wir die gleiche Power wie Mercedes oder Ferrari hätten, ist Mercedes in Sachen Aerodynamik und allem anderen der Konkurrenz weit voraus", war er sicher. Umso mehr stützt er sich seit der Verabschiedung des 2017er Regelwerks auf eben dieses: "Ich denke, mit den Regeländerungen haben die anderen Teams wieder bessere Chancen, da es für jeden neu ist."

Nach 16 Jahren Formel 1 ist er jedoch weise genug, sich nicht zur Traumtänzerei hinreißen zu lassen. Mit Ferrari hatte er schließlich fünf lange Jahre vergebens nach dem WM-Titel gegriffen. Auch mit dem neuen Reglement gibt es für ihn und sein Team deshalb keine Garantien. "Es kann auch das Gegenteil sein und unser Ansatz für das 2017er ist komplett verkehrt", gab er zu bedenken. Neben dem Drang zurück an die Spitze beschäftigte Alonso zuletzt allerdings vor allem das Gesamtkonzept der Formel 1.

Mit dem McLaren Honda der vergangenen Jahre konnte Alonso nur im Regen brillieren, Foto: Sutton
Mit dem McLaren Honda der vergangenen Jahre konnte Alonso nur im Regen brillieren, Foto: Sutton

Auch ohne Erfolge Spaß an der Formel 1

Denn durch die ausbleibenden Ergebnisse wuchs bei ihm die Unzufriedenheit über die Königsklasse in ihrer heutigen Form. Immer wieder schwelgte er in Interviews in Erinnerungen über die gute alte Zeit der V10-Boliden und seine Kämpfe gegen Michael Schumacher. Dass seine Kritik an der Königsklasse auch von seiner sportlichen Durststrecke angetrieben wurde, leugnete er nicht: "Wenn du gewinnst, ist alles großartig. Aber wenn du nicht gewinnst, willst du alles ändern - und zwar so lange, bis du wieder gewinnst."

McLaren hat für 2017 alles auf den Kopf gestellt, um sich nach den ernüchternden Vorstellungen der vergangenen Jahre zu rehabilitieren - zumindest auf Seiten des Marketings. Dort hat die neue Führung rund um Executive Director Zak Brown dem Team zu einer 180-Grad-Wende verholfen. In Sachen Ingenieurspersonal jedoch blieben Sensations-Transfers aus. Beim Traditionsrennstall aus Woking ließ man angesichts der verfehlten Ziele in erster Linie in der Organisation Köpfe rollen. Ob das für eine Kehrtwende reicht, muss sich erst noch zeigen.

Doch auch wenn die Siege ausbleiben, besteht Hoffnung, dass Alonso der Formel 1 weiterhin erhalten bleibt. Denn seiner Ansicht nach sollte die Herausforderung der Formel-1-Boliden an sich genügen, um ihn weiterhin bei Laune zu halten: "Der Grund, warum ich Formel 1 fahre, liegt darin, dass mir die Autos ein Gefühl geben, das ich nirgendwo anders finden kann. Das ist einmalig." Die Fahrzeuggeneration der vergangenen Jahre reizte ihn allerdings nicht ausreichend, wie er immer wieder zu Protokoll gab: "Früher brauchtest du nach zehn Runden eine zweistündige Massage. Jetzt kannst du 150 Runden fahren und dir läuft hinterher kaum der Schweiß."

Fahrerisch anspruchsvolle Boliden wie zu Zeiten seiner WM-Titel sind für Alonso ein wichtiger Faktor, Foto: Sutton
Fahrerisch anspruchsvolle Boliden wie zu Zeiten seiner WM-Titel sind für Alonso ein wichtiger Faktor, Foto: Sutton

Karrierefortsetzung hängt von neuen Autos ab

Sollte Alonso 2017 mit einem wettbewerbsfähigen Fahrzeug ausgestattet sein und auf Augenhöhe mit der Weltspitze kämpfen können, wird er der Formel 1 wahrscheinlich noch eine ganze Weile erhalten bleiben. Wenn dies aber nicht der Fall ist, hängt scheinbar alles vom Erlebnis der neuen Autos ab. "Der entscheidende Punkt ist, wie die Autos sich nächstes Jahr anfühlen. Wie aufregend sind sie zu fahren, wie viel Sprit oder Reifen müssen wir sparen? Wie viel Spaß macht das Fahren des 2017er Autos? Danach werde ich entscheiden", so Alonso, dem es auch mit unterlegenem Material nie an Motivation zu mangeln schien.

Denn auch wenn es nicht um den Sieg ging, kämpfte er in den Rennen wie eh und je um jede einzelne Position. Um die vielleicht letzte große Chance im Herbst seiner Karriere zu nutzen, hat sich der Asturier über den Winter mächtig ins Zeug gelegt, wie der McLarens Physiotrainer erst kürzlich versicherte. "Ich kann sagen, dass Fernando in seiner besten Verfassung ist - stärker und motivierter als je zuvor", so Edoardo Bendinelli. Wenn McLaren alles richtig macht, könnte die Formel-1-Welt in der Saison 2017 also doch noch einmal einen Fernando Alonso mitten im Titelkampf gegen Hamilton, Vettel & Co. erleben.