Vier Rennen vor dem Saisonende ist die Lage in der Weltmeisterschaft ziemlich klar. Lewis Hamilton kann nicht mehr aus eigener Kraft Weltmeister werden, denn selbst wenn der Brite alle ausstehenden Grands Prix gewinnt, reichen Nico Rosberg vier zweite Plätze, um sich zum Champion zu krönen.

Hamilton startet in Austin von der Pole Position, Foto: Sutton
Hamilton startet in Austin von der Pole Position, Foto: Sutton

Hamilton braucht also die Schützenhilfe der Konkurrenz, die sich zwischen ihn und Rosberg schiebt, während er natürlich gewinnt. Beim US GP in Austin könnte sich die Chance dazu bieten. Hamilton startet vor Rosberg von der Pole Position, doch die dahinter klassierten Red-Bull-Piloten scheinen nach den Eindrücken des bisherigen Wochenendes in der Lage, mit Mercedes mitzuhalten.

Red Bull hat zwei Eisen im Feuer

Zwar waren die Silberpfeile im Qualifying wie gewohnt eine Klasse für sich, im Rennen sollte Red Bulls Rückstand jedoch deutlich geringer ausfallen. "Sie können ja nicht den Quali-Modus fahren. Wir werden auf jeden Fall Druck ausüben, und das bewährt sich ja, wie man gesehen hat", erklärte Motorsportberater Dr. Helmut Marko gegenüber Motorsport-Magazin.com.

Wie stark Red Bull im US GP sein könnte, deutete sich am Freitag in den Longruns an, als Ricciardo und Verstappen mit vollen Tanks die schnellsten Piloten auf der Strecke waren. Zusätzliche Brisanz erhält die Ausganglage durch die Reifenwahl. Während Hamilton, Rosberg und Verstappen auf den weichen Reifen starten, geht Ricciardo auf den superweichen Pneus ins Rennen.

Longruns in Austin:

Fahrer Stint-Länge Reifen-Alter Schnitt
Soft
Ricciardo 8 14 1:42.762
Verstappen 9 14 1:42.834
Rosberg 14 22 1:43.444
Räikkönen 8 12 1:43.459
Vettel 15 20 1:44.646
Supersoft
Ricciardo 12 15 1:42.919
Vettel 4 10 1:42.981
Rosberg 9 13 1:43.120
Hamilton 6 11 1:43.177
Verstappen 6 11 1:43.238
Räikkönen 8 17 1:44.381

Diese halten zwar kürzer und haben einen früheren ersten Stopp zur Folge, sollten dafür am Start aber mehr Grip bieten. "Hoffentlich bringen sie mich in eine bessere Position", will sich Ricciardo nach dem Erlöschen der Ampeln im Idealfall an die Spitze des Feldes setzen. Marko ergänzt hinsichtlich der gesplitteten Strategiewahl: "So hat man zwei Eisen im Feuer. Die anderen tun sich schwer, auf uns zu reagieren, weil sie nicht genau wissen, was läuft."

Fest steht für den Österreicher jedenfalls, dass sich Red Bull aus dem Titelkampf keineswegs heraushalten wird. "Das interessiert uns überhaupt nicht. Wir fahren unser Rennen und wollen das bestmögliche Ergebnis holen", stellte er klar. Auch Rosberg ist sich bewusst, dass er am Sonntag womöglich mehr als nur einen Gegner haben wird. "Red Bull wird sehr nah dran sein, ganz klar. Die probieren ja auch einiges mit der Strategie, die sind immer eine Gefahr", warnt der WM-Leader bei Motorsport-Magazin.com.

Hamilton und der Start

Ob Hamilton die potenzielle Einmischung Red Bulls in die Karten spielt, hängt ganz entscheidend von seinem Start ab. Dieser war zuletzt in Suzuka katastrophal und trug dazu bei, dass er nunmehr auf fremde Hilfe angewiesen ist. "Wir haben nicht mehr gemacht als sonst auch", absolvierte Hamilton in Austin allerdings nicht mehr Übungsstarts als üblich. "Jedes Wochenende so viele wie mögliche. Wir versuchen da nix zu verpassen."

In Japan legte Hamilton einen Horrorstart hin, Foto: Sutton
In Japan legte Hamilton einen Horrorstart hin, Foto: Sutton

Zuletzt war Hamilton anlässlich der Feierlichkeiten zum Gewinn der Konstrukteurs-Weltmeisterschaft in der Fabrik in Brackley zu Gast und nutzte diesen Besuch auch, um das Startprozedere zu optimieren. "Es liegt an den Fahrern, die Kupplung im besten Moment loszulassen. Unsere Kupplung ist vielleicht nicht am besten zu bedienen, und deshalb gibt es mehr schlechte Ergebnisse", erklärt Motorsportchef Toto Wolff, der verrät: "Für mich ist es immer eine Erleichterung, wenn sie okay vom Start wegkommen und wir Diskussionen vermeiden, ob die Kupplung gut ist oder nicht."

Nicht geändert hat sich nach dem Gewinn des Konstrukteurstitels an Mercedes' Herangehensweisein in puncto Teamorder - es gibt keine. "Es gibt nur eine Auflage, dass sie es wie Sportsmänner machen, was die meiste Zeit der Fall war", fordert Wolff von seinen Fahrern gegenseitigen Respekt auf der Strecke. "Sie sind zwei der besten und erfahrensten Fahrer und der Hauptunterhaltungsfaktor für die vier letzten Rennen."

Ob es aber auch tatsächlich bis zum Finale in Abu Dhabi Spannung gibt, liegt nicht zuletzt daran, ob es Hamilton gelingt, seinen Rückstand auf Rosberg zu verringern. Der Brite würde gut daran tun, seinem Teamkollegen in Austin mehr als sieben Punkte abzunehmen. Doch das liegt bekanntlich nicht allein in seinen Händen.