Es ist die Saison von Nico Rosberg: Vier Rennen vor Ende führt er in der Weltmeisterschaft mit 33 Punkten Vorsprung auf seinen ärgsten Titelrivalen und Teamkollegen Lewis Hamilton. Seit dem Japan GP ist nicht nur klar, dass Mercedes der Konstrukteurs-Titel nicht mehr zu nehmen ist und dass auch sicher ein Mercedes-Pilot den Fahrer-Titel holen wird, sondern auch, dass Lewis Hamilton den Titel nicht mehr aus eigener Kraft holen kann.

Bei noch vier verbleibenden Rennen und 33 Punkten Vorsprung würden Rosberg vier zweite Plätze zum Titel reichen, selbst wenn Hamilton viermal siegt. Der Deutsche kann sich sogar einen dritten Platz erlauben. Hamilton bleibt nur noch der Kampfgeist: "Ich werde aber weiterhin mein Bestes geben - so wie ich es heute oder auch sonst immer getan habe. Mehr kann ich nicht machen."

Natürlich hat Rosberg Hamiltons Motorschaden beim Malaysia GP in die Karten gespielt, aber der Vizeweltmeister der vergangenen beiden Jahre führt nicht nur von Andy Cowells' Gnaden. Vor der Sommerpause hätten wohl die wenigsten geglaubt, dass Rosberg das Ruder noch einmal rumreißen kann. Rosberg verspielte einen 43-Punkte-Vorsprung innerhalb von sieben Rennen und lag vor der Pause 19 Punkte hinten.

Nach Sommerpause: Rosberg gewinnt 4 von 5 Rennen

Nach der Sommerpause wartete der Rennkalender mit sechs Strecken in Folge, auf denen Rosberg noch nie gewonnen hatte. Fünf von diesen sechs Rennen sind gefahren, auf vier holte Rosberg den Sieg. In Singapur und Japan in einer Manier, die viele nicht für möglich hielten.

Besonders beeindruckend: Rosbergs Dominanz in Singapur, Foto: Sutton
Besonders beeindruckend: Rosbergs Dominanz in Singapur, Foto: Sutton

52 Punkte holte Rosberg in den fünf Rennen seit dem unglücklichen Deutschland GP auf. Oftmals fiel die Entscheidung am Start - aber auch der gehört zum Rennen. In Ungarn und Deutschland startete Rosberg von der Pole, fiel am Start aber zurück. Seitdem gelingt Rosberg ein Start nach dem anderen, während Hamilton weiterhin mit der sensiblen Mercedes-Kupplung zu kämpfen hat.

Rosberg hat einen Lauf und aktuell sieht es nicht danach aus, als könnte ihn noch irgendjemand stoppen. Bislang ging der Deutsche mit einer Fußball-Einstellung an den Start: Rennen für Rennen, kein Blick auf die WM. Jetzt allerdings wäre der Zeitpunkt, die Einstellung zu ändern.

Rosberg kann nur noch verlieren

Jetzt kann Rosberg im direkten Zweikampf mit Verstappen, Räikkönen und Co. nur noch verlieren. Genau darauf wartet Hamilton jetzt. Bislang war die neugewonnene Rennhärte von Rosberg in dieser Saison hilfreich - Szenen wie in Malaysia gegen Räikkönen muss er sich aber künftig überlegen.

"Wenn uns diese Saison etwas gelehrt hat, dann, dass alles passieren kann und große Umschwünge möglich sind", warnt Toto Wolff davor, die WM schon als entschieden zu sehen. Rosberg tut das freilich ohnehin nicht. Den dritten Konstrukteurs-Titel in Folge feiert er deshalb mit angezogener Handbremse. "Ich werde vielleicht auch ein wenig mitfeiern, aber nicht allzu viel. Die Saison ist noch nicht vorbei. Noch stehen einige Rennen aus und ich muss mir meine Energie einteilen!"

Zwei Faktoren sprechen für Hamilton: Er ist schon dreifacher Weltmeister, Rosberg hat noch keinen Titel gewonnen. Bekommt Rosberg noch das berühmte Nervenflattern vor dem großen Triumph? Und: Hamilton hat nichts mehr zu verlieren - Rosberg sehr wohl. "Angezählte Boxer sind gefährlicher", heißt es beim Boxen. Das Rennen nach dem Tod seines großen Box-Idols Muhammad Ali gewann Hamilton in diesem Jahr. Vielleicht schlägt der angezählte Weltmeister umso härter zurück.