Lewis Hamilton war nach dem Japan GP einmal mehr kurz angebunden. Die Presserunde nach dem Rennen hatte er schon zuvor abgesagt, weil er wie schon von Malaysia nach Japan Niki Laudas Dienste als Reiseleiter und Pilot in Anspruch nahm. Blieben noch die Pflichtveranstaltungen: Pressekonferenz der ersten drei und TV-Interviews.

Nach seinem dritten Platz hatte er aber offenbar ähnlich wenig Freude, Auskunft über sein Rennen zu geben, wie tags zuvor, als er den Medienvertreten Respektlosigkeit in ihrer Berichterstattung vorwarf und seine Medienrunde für die schreibende Presse deshalb absagte.

Diesmal aber ärgerte sich der Weltmeister nicht über die Berichterstattung oder aber über einen Motorschaden, er ärgerte sich über sich selbst. Denn nach wenigen Metern war der dritte Suzuka-Sieg in Folge für ihn gegessen. Einmal mehr kam Hamilton am Start schlecht weg, fiel von Position zwei auf Rang acht zurück.

Hamilton entschuldigt sich für Start

Noch in den ersten Runden entschuldigte sich Hamilton am Funk: "Sorry, Jungs!" Doch was war wirklich schuld am schwachen Start? War es Hamiltons Fehler? Machte die Technik einen Strich durch die Rechnung? Oder lag es an der Strecke? Über Nacht hatte es in Suzuka geregnet. Die Ideallinie, auf der die geraden Startboxen - also die Plätze eins, drei, fünf und so weiter - aufgemalt sind, war bereits trocken. Der Rest der Strecke war noch leicht feucht.

"Es war nicht komplett trocken", klagte Hamilton später. "Der schlechte Start könnte teilweise daher kommen, aber es lag nicht nur daran." Rückendeckung gibt es von Mercedes Motorsportchef Toto Wolff: "Die Startlinie war ein Problem für alle, die auf der rechten Seite gestartet sind. Selbst Daniel Ricciardo hat den Start nicht gut hinbekommen und hat eine Position verloren. Die Plätze 1, 3 und 5 waren nach den ersten kurven vorne. Dass die Strecke nicht abtrocknet, obwohl es nur über Nacht regnet, ist bizarr."

Doch Ricciardo kam noch deutlich besser weg als Hamilton, konnte dem lahmenden Weltmeister mit großem Geschwindigkeitsüberschuss gerade noch so ausweichen. Dabei verlor er seine Position an Sergio Perez. Für Hamiltons extrem schlechten Start, für den Verlust von sieben Positionen, kann die Linie alleine also nicht verantwortlich sein.

"Einfach nur durchdrehende Räder", berichtete Hamilton anschließend. Einen Grund dafür wollte nach dem Rennen nicht nennen. "Ich muss erst mit den Ingenieuren sprechen." Toto Wolff hatte das zu diesem Zeitpunkt schon. "Er hatte zudem aber auch einen schlechten Start", gibt Wolff offen zu.

Wolff: Unsere Kupplung ist schwierig

"Wir wissen, dass der Umgang mit unserer Kupplung knifflig ist und wir haben unseren Fahrern in diesem Jahr nicht das einfachste System an die Hand gegeben", so Wolff weiter. "Die ersten Anzeichen besagen, dass es heute ein Problem dabei gab, als er die Kupplung kommen ließ. Aber wir müssen uns jetzt erst einmal die ganzen Daten ansehen, bevor wir eine absolute Aussage treffen können."

Heißt: Lewis Hamilton hat das Zusammenspiel aus Griplevel der Strecke, Kupplungsschleifpunkt und Gaspedalstellung einfach nicht richtig hinbekommen. Das Problem hatte sowohl er schon einige Male in dieser Saison, als auch Nico Rosberg. Die Ursache scheint immer die gleiche: Minimale Schwankungen bei der Kupplungstemperatur haben einen großen Einfluss auf das Verhalten. Das macht es für die Piloten schwer, das Drehmoment einzuschätzen. Um das Kupplungspedal besser dosieren zu können, hat sich Nico Rosberg extra den Handschuh anders nähen lassen.

Im Verlauf des Rennens ging es für Hamilton aber immerhin noch bis auf Platz drei nach vorne. "Jeder Punkt zählt. Deswegen habe ich mir die Seele aus dem Leib gefahren." Im ersten Stint war der Vorwärtsdrang aber nicht so groß wie gedacht. "Ich hatte nicht die Pace von Kimi. Deshalb wusste ich, dass ich länger draußen bleiben musste und versuchte erst gar nicht, ihn im ersten Teil des Rennens anzugreifen", erklärt Hamilton.

Weil Daniel Ricciardo, Kimi Räikkönen und Sergio Perez nach ihrem Stopp in den Verkehr kamen, profitierte Hamilton und überholte das Trio mit seinem späteren Stopp. Die letzten Runden des ersten Stints auf den weichen Runden waren entscheidend für Hamiltons Rennen. Von Platz sieben ging es auf Platz vier vor.

Beim Boxenstopp justierten die Mechaniker den Frontflügel nach und stellten die Elemente steiler. Gemeinsam mit den harten Reifen passte die Balance nun. In freier Fahrt konnte Hamilton die Pace nutzen und war zeitweise der schnellste Pilot. Nach Verstappens Stopp in Runde 29 wartete Mercedes, ließ Hamilton noch in freier Fahrt weiter draußen und holte ihn erst am Ende von Runde 33 rein.

Weil Ferrari bei Vettel erst zwei Runden später reagierte und Vettel im Verkehr Zeit verlor, kam der Deutsche nach seinem Stopp hinter Hamilton raus. Allerdings gab Ferrari Vettel weiche Reifen, sodass er Hamilton gleich angreifen konnte. Hamilton aber konnte die Attacken abwehren, bis Vettels Reifen nachließen. Dann war er am Zug: Mit vier Runden frischeren Reifen konnte er auf Verstappen aufholen, lag kurz vor Rennende direkt hinter ihm.

Die Szene zwischen Lewis Hamilton und Max Verstappen sorgte für Aufsehen, Foto: Sutton
Die Szene zwischen Lewis Hamilton und Max Verstappen sorgte für Aufsehen, Foto: Sutton

Ende der vorletzten Runde startete Hamilton in der Schikane einen Versuch, kam mit Überschuss und wollte innen beim Anbremsen vorbei. Verstappen aber schmiss die Tür zu, Hamilton musste ausweichen und fuhr geradeaus durch den Notausgang. Für Hamilton war damit Position drei besiegelt. "Es hätte sogar Platz zwei werden können, wenn da nicht ein relativ kontroverses Manöver von Max Verstappen in der letzten Schikane gewesen wäre", meinte Paddy Lowe nach dem Rennen.

Weil die Rennleitung den Vorfall nicht einmal untersuchen ließ, legte Mercedes Protest gegen Verstappens Manöver ein. Weil Hamilton und Verstappen die Strecke zu diesem Zeitpunkt schon verlassen hatten, vertagte sie die Entscheidung auf Austin, um beide Fahrer anhören zu können. Daraufhin zog Mercedes allerdings den Protest zurück. Somit ist das Ergebnis offiziell.

Mit Platz drei verlor Hamilton zehn Punkte auf WM-Leader Nico Rosberg, der mit seinem Sieg beim Japan GP den vierten Sieg im fünften Rennen nach der Sommerpause holte. Hamilton kann deshalb die WM nicht mehr aus eigener Kraft gewinnen, Rosberg reichen vier zweite Plätze in vier Rennen.