Red Bull reist mit einem Doppelsieg im Nacken nach Japan. Allerdings wissen auch die Bullen, dass ihnen der Sieg am vergangenen Wochenende in Malaysia geschenkt wurde. Doch Suzuka ist Red-Bull-Land: Viele schnelle Kurven und im Vergleich zu Sepang nicht gleich zwei ewig lange Geraden - auch wenn Power trotzdem gefragt ist. Der Blick auf die Trainingsergebnisse: Ernüchternd. Mercedes in FP1 und FP2 auf eins und zwei.

Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Als Max Verstappen und Daniel Ricciardo am Nachmittag auf Zeitenjagd gehen wollten, strandete Esteban Gutierrez mit seinem Haas und sorgte für eine VSC-Phase. Deshalb landete Verstappen nur auf vier, Ricciardo gar außerhalb der Top-10.

Die ultimative Pace auf eine Runde ist aber ohnehin nicht Red Bulls Stärke am Freitag. Meist dreht sich der Spieß in der Qualifikation zwischen Red Bull und Ferrari um. Motormodi und Benzinladungen sei Dank.

Verstappen: Unser stärkster Freitag

"Das war bislang einer unserer stärksten Freitage", meint Max Verstappen. "Nach Malaysia sieht es nach einem weiteren guten Ergebnis aus, diese Strecke sollte uns liegen und wir sind im Moment nah den Top-Jungs dran." Auch Teamkollege Daniel Ricciardo strotzt nur so vor Optimismus: "Wenn wir im Qualifying noch etwas Performance finden, können wir nah an den Mercedes dran sein."

Kann Red Bull Mercedes auch in Japan unter Druck setzen?, Foto: Red Bull
Kann Red Bull Mercedes auch in Japan unter Druck setzen?, Foto: Red Bull

Auch Nico Rosberg warnt: "Wir scheinen vor Ferrari zu liegen, aber wir müssen noch abwarten, wo wir im Vergleich zu Red Bull stehen." Nach dem Motorschaden am Boliden von Lewis Hamilton hat sich Mercedes selbst einige Sicherheitsmechanismen für das Rennen verordnet. Zuverlässigkeit wird über Performance gekauft. Wie viel das genau ausmacht, ist fraglich, aber es wird einen messbaren Unterschied geben - sonst hätte Mercedes auch von Beginn an auf Nummer Sicher gehen können.

Die Longruns von Red Bull sahen teilweise stark aus. Auf dem Soft-Reifen hat Mercedes noch die Nase vorne. Auf die schnellste Durchschnittszeit kommt zwar Kimi Räikkönen, allerdings war der Finne nur fünf Runden auf den gelben Pneus unterwegs. Lewis Hamilton fuhr am Ende seines Runs mit 15 Runden alten Reifen noch Zeiten von 1:38,7 Minuten und kam auf einen Schnitt von 1:37,9 Minuten.

Teamkollege Nico Rosberg fehlten im Dauerlauf auf den Soft-Reifen rund zweieinhalb Zehntel auf seinen Teamkollegen. Er schaffte es mit gleich alten Reifen auf 1:38,2 Minuten. Mit etwas mehr Reifenverschleiß hat Red Bull zu kämpfen: Ricciardo kam auf 1:38,3 Minuten im Schnitt, Verstappen fast auf den gleichen Wert.

Den Medium-Reifen testete Red Bull nicht im Dauerlauf. Wie schon in Montreal und am vergangenen Wochenende in Sepang schreibt Pirelli einen Rennreifen vor. Hard ist Pflicht. Sonst haben die Teams die Wahl zwischen den beiden härteren Mischungen. Wegen der hohen lateralen Kräfte wollte Pirelli auf Nummer sicher gehen, der Soft-Reifen kommt erstmals in Suzuka zum Einsatz.

Fahrer Stint-Länge Reifen-Alter Schnitt
Soft
Räikkönen 5 12 1:37.765
Hamilton 9 15 1:37.945
Rosberg 9 15 1:38.203
Ricciardo 9 13 1:38.302
Verstappen 8 14 1:38.329
Medium
Rosberg 9 20 1:38.384
Räikkönen 6 14 1:38.738
Hard
Ricciardo 9 16 1:37.905
Verstappen 9 15 1:38.040
Hamilton 11 19 1:38.126
Vettel 15 22 1:39.184

Rosberg und Räikkönen testeten den Medium-Reifen im Longrun, wirklich überzeugen konnte die Mischung allerdings nicht. Selbst auf eine Runde stellte sich die härteste Mischung als schneller heraus. Im Gegensatz zum Medium hat der Hard ein hohes Temperaturfenster, in dem er funktioniert. Sinken die Temperaturen, könnte sich das Blatt wenden - doch der Hard bleibt am Sonntag auf jeden Fall Pflicht für einen Stint.

Reifenmischung Temperaturfenster Minium Maximum
Hard Hoch 105 135
Medium Niedrig 90 120
Soft Hoch 100 125
Supersoft Niedrig 85 115
Ultrasoft Niedrig 85 115

Auf den Hard-Reifen fühlte sich Red Bull am Freitag richtig wohl. Ricciardo fuhr im Schnitt 1:37,9 Minuten, Verstappen 1,38,0 Minuten. Hamilton fehlten auf Ricciardo bereits zwei Zehntelsekunden. Allerdings fuhr der Mercedes-Pilot mit etwas älteren Reifen.

Ferrari enttäuscht

Enttäuschend fällt der Longrun von Sebastian Vettel auf den harten Reifen aus. Der Ferrari-Pilot fuhr zwar deutlich länger als die direkte Konkurrenz, kam im Schnitt aber nur auf 1:39,2 Minuten. Definitiv zu langsam für Mercedes und Red Bull. "Ich war mit der Fahrzeugbalance heute nicht ganz glücklich", gesteht Vettel.

Ferrari scheint in Suzuka beim Longrun abgeschlagen, Foto: Sutton
Ferrari scheint in Suzuka beim Longrun abgeschlagen, Foto: Sutton

Die Unterschiedlichen Ergebnisse von Red Bull und Mercedes auf den Longruns könnten am Sonntag - sollte es denn trocken bleiben - interessant werden. Mit einem Stopp, so Pirelli, kommt niemand durch. Der Reifenverschleiß ist deutlich höher als noch vor einer Woche auf dem neu asphaltierten Sepang International Circuit.

Bei einer wahrscheinlich Zweistopp-Strategie stellt sich die Frage des Reifens nur bei einem Stint. Ein Stint ist dem Startreifen vorbehalten, der aller Voraussicht nach der Soft wird. Bei einer Differenz von 1,5 Sekunden zwischen Medium und Soft ist die Gefahr zu groß, im Q2 auszuscheiden. Ein Stint ist klar, weil der Hard Pflicht ist. Bleibt ein Stint übrig.

Mehr als 15 Runden erwartet Pirelli nicht vom Soft-Reifen. Das Rennen geht über eine Distanz von 53 Runden. Mercedes könnte mit zweimal Soft und einmal Hard gut über die Distanz kommen. Bei Red Bull war der Verschleiß auf Soft deutlich höher.