Es ist eines der großen Themen im Fahrerlager vom Nürburgring. Am Rande des DTM-Wochenendes in der Eifel wird spekuliert, dass Lance Stroll schon kommendes Jahr für Williams in der Formel 1 startet. Damit würde der 17-Jährige die Nachfolge von Felipe Massa antreten und an der Seite von Valteri Bottas fahren. Die Rahmenbedingungen passen: Am 29. Oktober feiert Stroll seinen 18. Geburtstag und mit dem fast schon sicheren Gewinn der Formel-3-Europameisterschaft sammelt er genügend Punkte zur Erlangung der F1-Superlizenz.
Zunächst war die Rede davon, dass Stroll mit seinem Prema Powerteam - das zu Teilen seinem Vater Lawrence Stroll gehört - ein Jahr in der GP2 fahren würde. Doch nachdem Jenson Button nun nicht mehr als Massa-Nachfolger infrage kommt, verdichten sich die Anzeichen, dass Stroll den direkten Weg in die Formel 1 gehen wird. Aktuell ist er Nachwuchsfahrer bei Williams. Der Aufstieg wäre finanziell keine Hürde. Vater Stroll ist Milliardär und treibt die Karriere seines Sohnes seit Jahren kontinuierlich voran.
Lance Stroll äußert sich natürlich nicht zu den aktuellen Gerüchten. Aber: Er fühlt sich bereit für die Formel 1, wie er Motorsport-Magazin.com im Exklusiv-Interview sagte. Bislang hat er offiziell lediglich einen Shakedown in einem Formel-1-Boliden absolviert. Die fehlende Erfahrung wäre - siehe Max Verstappen - aber wohl kein Stolperstein auf dem direkten Weg in die Königsklasse. In der Formel 3 konnte er sich merklich steigern, gewann in seinem zweiten Jahr 7 von 21 Rennen und führt die Meisterschaft deutlich vor seinem Prema-Teamkollegen Maximilian Günther an.
Das Exklusiv-Interview mit Lance Stroll am Nürburgring
Lance, fühlst du dich in der Lage, ein Formel-1-Auto zu fahren?
Lance Stroll: Ja, absolut. Ich denke, dass die Formel 3 sich auf einem sehr hohen Level befindet. Sie steht nur eine Stufe unter der GP2. Unsere Autos verfügen bereits über eine Menge Downforce - aber natürlich nicht so viel Power wie ein F1-Auto. Das Wettbewerbs-Niveau ist auch sehr hoch. Deshalb, ja: Ich habe das Gefühl, dazu bereit zu sein.
Was wären die größten Unterschiede in der Formel 1 im Vergleich zur Formel 3?
Lance Stroll: Ich denke, es ist von allem etwas. Ich kann es nicht genau sagen, weil ich die F1 ja so noch nicht erlebt habe. Das sind also Fragen, die ich mir auch selber stelle. Ich bin aber sicher, dass es viele Bereiche und Details gibt, die anders sind als in der Formel 3.
Wie sieht dein aktuelles Programm als Nachwuchsfahrer von Williams aus?
Lance Stroll: Ich absolviere ein paar Sessions im Simulator. Im Moment ist es aber nicht mehr. Insgesamt nimmt das mich das Team unter seine Fittiche. Sie überwachen, wie ich mich aktuell in der Formel 3 schlage und bereiten mich auf die Zukunft vor. Sie geben mir die nötige Zeit in der Formel 3.
Wie fühlt sich das Fahren im F1-Simulator für dich an?
Lance Stroll: Schon ziemlich realistisch, aber letztendlich ist es ein Simulator. Du merkst die Power, die starken Bremsen und die Downforce ist ziemlich unglaublich. Aber Dinge wie der Reifenabbau in der aktuellen Formel 1 sind eben nicht wie in der Realität.
Wie oft warst du dieses Jahr mit Williams bei einem Grand-Prix-Wochenende?
Lance Stroll: Dieses Jahr zweimal. Ich war in Kanada und auch in Monaco, das war alles. Ich war dieses Jahr ja ziemlich beschäftigt mit den Rennen in der Formel 3. An den Wochenenden, die ich nicht an der Strecke verbringe, versuche ich etwas Auszeit zu nehmen.
Was genau kannst du an der Strecke lernen?
Lance Stroll: Du hörst natürlich am Funk mit, aber es ist einiges mehr. Du lernst all die Leute im Team kennen und kommst ihnen näher. In der Teamfabrik triffst du fast nie alle, weil jeder seine eigenen Sachen erledigt. An der Rennstrecke erhältst du ein gutes Gefühl dafür, wie es ist, innerhalb des Teams zu sein. Du lernst zum Beispiel die Namen aller Teammitglieder kennen, es sind solche Details. Das braucht eben auch seine Zeit, aber das funktioniert am besten an der Strecke. Das sind die wichtigen Dinge, die ich dort mitnehme.
Warst du auch bei den Briefings und De-Briefings dabei?
Lance Stroll: Ja, das war sehr interessant. Da hörst du viele Zahlen und viele Dinge, die ich noch nicht ganz verstehe. Aber ehrlich gesagt unterscheidet es sich gar nicht so sehr von dem, was wir hier in der Formel 3 machen. Natürlich sind da mehr Ingenieure und mehr Details am Auto, die besprochen werden. Aber Prema ist sehr professionell und wir arbeiten auf einem hohen Niveau.
Wie empfindest du das Umfeld der Formel 1 im Vergleich zu deiner aktuellen Umgebung?
Lance Stroll: Natürlich gibt es da viele Blitzlichter und das ist eine eigene Welt. Formel 1 eben - viele Ablenkungen und viel Politik. Aber eigentlich ist es nur ein weiteres Fahrerlager. Da gibt´s auch Rennfahrer, wie in jeder Serie. Die haben ebenfalls die Nachwuchsserien durchlaufen. Natürlich sind immer viele Kameras auf dich gerichtet. Aber wenn ich in Zukunft einmal da sein werde, dann fokussiere ich mich aufs Fahren. So wie in der Formel 3. Ich denke, daran wird sich auch in höheren Klassen nichts ändern.
Viele Nachwuchspiloten sind glücklich, dass sich Max Verstappen so stark präsentiert. Er zeigt, dass auch junge Fahrer in der Formel 1 konkurrenzfähig sein können. Wie siehst du das?
Lance Stroll: Max war außergewöhnlich jung, als er eine Gelegenheit erhielt, die viele nicht bekommen. Er leistet unglaubliche Arbeit, wie wir sehen. Es ist gut für den Motorsport und die Formel 1, dass junge Fahrer zeigen, dass sie dazu in der Lage sind. Gleichzeitig möchte ich mich mit niemandem vergleichen, weil alle in unterschiedlichen Situation sind. Aber: Wenn du gut vorbereitet bist und das nötige Talent besitzt - dann sehe ich kein Problem, warum man das nicht auch in jungem Alter machen sollte.
Lance Strolls bisherige Laufbahn
- 2011 - 2013: Kart-Rennen
- 2014: Meister Italienische Formel 4 (7 Siege, 13 Podiums, 5 Poles)
- 2015: Meister Toyota Racing Series (4 Siege, 10 Podiums)
- 2015: P5 Formel 3 Europameisterschaft (1 Sieg, 6 Podiums)
- 2016: P5 beim Daytona 24h-Rennen
- 2016: P1 Formel 3 Europameisterschaft (7 Siege, 11 Podiums, 7 Poles)
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