Dass Toro Rosso im Lauf der Formel-1-Saison 2016 immer weiter durchgereicht werden würde stand eigentlich schon vor Saisonbeginn fest. Immerhin fährt der Rennstall mit Power Units von Ferrari aus dem Vorjahr, die nicht mehr entwickelt werden. Bis zum Ungarn GP wehrte sich das Team dank starker Aerodynamik jedoch erfolgreich gegen die Abwärtspirale.

In Hockenheim dann wieder ein neues Aero-Paket, um die im Vergleich zunehmend schwächelnde Power Unit wett zu machen. Schuss in den Ofen! Plötzlich erlebte Toro Rosso seltsame Performance-Probleme, punktete weder beim Deutschland GP vor noch beim Belgien GP nach der Sommerpause.

Toro Rosso feilt an seltsamen Performance-Sorgen

Es war das erste Mal in dieser Saison, dass Toro Rosso an zwei aufeinander folgenden Wochenenden ohne Zählbares die Heimreise nach Faenza antreten musste. Die Quittung: Zu allem Überfluss verdränge McLaren das Team von Franz Tost auch von Rang sechs der Konstrukteurswertung.

Jetzt steht mit dem Italien GP auch noch das Highspeed- und Power-Rennen schlechthin auf dem Programm. Die Aussichten auf ein Comeback der kleinen Scuderia sind demnach ausgerechnet beim Heimrennen marginal. Weil sowieso kaum etwas zu holen ist erklärt Toro Rosso Monza daher in diesem Jahr zum Test-Wochenende. "Es war ein interessanter Tag. Wir haben heute viel im Hintergrund getestet, das man so nicht gesehen hat", sagt Carlos Sainz nach dem Trainingsfreitag. "Wir haben viele Daten gesammelt, die uns wichtige Erkenntnisse bringen", bestätigt Teamkollege Daniil Kvyat.

Ihr Rennstall hatte sich ein straffes Analyse-Programm verordnet, um festzustellen, was genau in den vergangenen Rennen schief gelaufen ist. "Da haben wir nicht die erwartete Performance gebracht. Aber dank all der Vergleichstests und Analysen heute kommen wir der Lösung jetzt näher, denke ich" sagt Optimist Sainz.

Dass das Gros der Probleme einzig vom seit Hockenheim neuen Aero-Paket rührt, glaubt Sainz jedoch weniger. "Auch das Team denkt nicht, dass alle Probleme damit zusammenhängen. Trotzdem hat das Team nur für den Fall das alte Paket nochmal hierher gebracht, um es zu testen. So können wir unsere Vergleiche machen und feststellen, wo die Unterschiede liegen", schildert Sainz im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com genauer, woraus die Monza-Tests im Detail bestanden.

Im Vergleich: Toro Rossos Aero-Pakete

Insbesondere an Seitenkästen und Frontflügel sieht man die Unterschiede.

So schraubte Toro Rosso zwischen erstem und zweiten Training am Boliden von Sainz herum, wechselte vom alten auf das neue Aero-Paket. Teamkollege Kvyat unterdessen fuhr in beiden Sessions mit der aktuellen Version. "So haben wir immer eine Referenz zu Daniil. Es wird interessant mit den Daten", erklärt Sainz das Vorgehen.

Für Monza nicht gerade optimales Programm

Durch das Fahren allein könne er keine großen Schlüsse ziehen. "Es fühlte sich sehr ähnlich an, gab aber kleine Unterschiede. Allerdings verändern sich die Bedingungen und die Strecke auch von FP1 zu FP2. Da müssen wir schon die Daten ansehen", sagt Sainz gegenüber Motorsport-Magazin.com.

Angesichts dieses besonderen Trainingsprogramms erstaunen die überaus schwachen Positionen (Sainz P16 & P17, Kvyat P17 & P20) kaum. "Ein Großteil unserer Läufe erfolgte heute in Voraussicht auf den Rest des Jahres mit einer Flügel-Einstellung, die nicht gerade perfekt für die langen Monza-Geraden ist", erklärt Chef-Renningenieur Phil Charles.

Sainz: Schlüsselrennen in Singapur

"Es ist also keine Überraschung, dass wir hier in Monza nicht gut performen, das war zu erwarten", bestätigt Sainz. Der Spanier hofft daher nicht einmal mehr, als sich den Top-10 nur ein wenig mehr zu nähern. Damit habe er überhaupt kein Problem. Denn: "Das Ziel ist, mit klaren Ideen nach Singapur zu fahren. Singapur ist ein Schlüsselrennen für uns. Dort wird sich entscheiden, ob wir weiter zu kämpfen haben oder zurück in Q3 und die Punkte kommen. Die zweite Saisonhälfte kann noch gut werden!"

Und gut bedeutet hier, wieder weiter vorne im Mittelfeld mitzumischen, McLaren zu fordern, das laut Sainz auch in Sachen Power dank des jüngsten Honda-Upgrades klar vorbeigezogen sei. Kein leichtes Unterfangen. Zumal in Monza eher noch eine neue Gefahr von hinten droht. "Leider beginnt der Kampf um P6 immer schwieriger zu werden. Diese Strecke kommt Haas sehr entgegen, weil sie die aktuelle Power Unit haben", sagt Sainz.

Eine Niederlage gegen die US-Amerikaner in Monza könne er genau deshalb aber verschmerzen. "Es kümmert mich nicht, wenn sie hier vorne liegen. Aber es macht mir etwas aus, sollten sie in Singapur vorne sein", stellt Sainz klar. Die bittere Devise beim Heimrennen Toro Rosso lautet dieses Mal also nur "Schadensbegrenzung", wie Ingenieur Charles selbst kommentiert.