Schwarz wie die Nacht wurde es an den Flanken der Formel-1-Autos während der Trainings in Monza. Wieder einmal ließ der Reifenhersteller die Teams seine unmarkierten Prototypen testen, die schon bald beim Malaysia Grand Prix zum Renneinsatz kommen sollen. Der Test in Monza scheint auch nötig gewesen zu sein. Denn: Nach den Probefahrten in Spa vor einer Woche waren offenbar Ungereimtheiten aufgekommen. Unglücklich bei einem Reifen, der mitten in der Saison sein GP-Debüt geben soll.

Vor einer Woche in Belgien haderten einige Fahrer mit fehlendem Grip bei den Experimental-Reifen - obwohl es leidlich kleine Änderungen an der Struktur gab, um die Reifen besser gegen Schnitte und andere äußerliche Einflüsse zu schützen. Bei manchen Fahrern soll es Unterschiede von bis zu acht Zehntelsekunden gegeben haben! Der zweite Test jetzt in Monza - ohnehin schon im Vorfeld geplant - war also dringend nötig, um die künftigen Reifen besser zu verstehen.

Komische Unterschiede

"Das ist komisch", räumte Pirelli Racing Manager Mario Isola in Monza ein. "Die Struktur ist zwar etwas anders, aber die Mischung ist die gleiche. Ich kann nicht erklären, warum Fahrer weniger Grip fühlten oder langsamere Rundenzeiten erzielten. Wir müssen diese Unterschiede jetzt quantifizieren. Sind sie groß, bedeutet das, dass es einen Effekt gibt, den wir noch nicht in Betracht gezogen haben. Dann müssen wir das besser verstehen, bevor wir sie bringen."

Das Problem dabei: Pirelli geht die Zeit rapide aus. Der Plan sieht vor, die überarbeiteten Reifen schon beim kommenden Malaysia Grand Prix einzuführen - also dem übernächsten Grand Prix Ende September. Pirelli macht sich nun daran, sämtliche Daten aus Spa und Monza in den eigenen Laboren zu analysieren. Ende nächster Woche sollen alle Daten gesammelt sein und an die FIA geschickt werden. Gibt der Weltverband grünes Licht, gibt es ab Malaysia neue Reifen für die Formel 1.

Pirelli-Plan: Einführung in Malaysia

"Unser Plan ist, die Reifen in Sepang einzuführen, wenn sie in Ordnung sind", führte Isola aus. "Wenn sich herausstellt, dass die Unterschiede klein sind, sehe ich keinen Grund, der dagegen spricht. Wenn wir einen Reifen haben, bei dem wir eine deutliche Verbesserung sehen, dann sehe ich keinen Grund, warum wir ihn nicht während des Jahres bringen sollten." Pirelli pocht also auf das 2016er-Debüt der Prototypen - auch, weil die Produktion der bisherigen Prototypen sowie der Entwicklung Kosten verursachte.

Sollte sich herausstellen, dass die Prototypen für einen kurzfristigen Renneinsatz nicht geeignet sind, werden sie vermutlich überhaupt nicht mehr in dieser Saison eingesetzt werden. Bei Pirelli heißt es: Malaysia oder gar nicht. "Wir hatten die Tests so geplant, um sie in Malaysia einzuführen", erklärte Isola. "Wenn du ihn später bringen wolltest, müsste es weitere Tests geben. Ansonsten gibt es keinen Grund, das zu verzögern. Ehrlich gesagt: Wenn wir ihn in Malaysia nicht einführen, bin ich nicht sicher, ob er dieses Jahr überhaupt noch kommt."

Schwarzer Helm, schwarze Reifen: Nico Rosberg in Monza, Foto: Sutton
Schwarzer Helm, schwarze Reifen: Nico Rosberg in Monza, Foto: Sutton

Fine-Tuning statt Revolution

Bei den Prototypen handele es sich mehr um eine Art Fine-Tuning statt einer Revolution, versuchte Isola die Unterschiede einzuordnen. Nach den Trainings in Monza gab es zumindest keine lauten Beschwerden aus dem Fahrerlager. "Ich habe da nicht viel Unterschied gespürt", sagte Daniil Kvyat auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com. "Es macht keinen großen Unterschied, es ist eher wichtig für Pirelli."

In Spa hatte das teilweise noch ganz anders geklungen. Nico Hülkenberg sagte etwa zu Motorsport-Magazin.com: "Das finde ich nicht ideal. Der Reifen war schon eine Ecke langsamer und hat sich nicht ganz angefühlt wie ein Soft-Compound - er war ein bisschen härter. Mitten in der Saison den Reifen zu wechseln, dann sind die Referenzen wieder einmal über den Haufen geworfen."

Die Teams testeten die Prototypen in Monza ausgiebig, Foto: Sutton
Die Teams testeten die Prototypen in Monza ausgiebig, Foto: Sutton

Spa ist nicht Monza oder Malaysia

Pirelli erklärte sich den Performance-Unterschied auch aufgrund der natürlichen Gegebenheiten in Spa: mit Abstand längste Strecke im Rennkalender, viel mehr Kurven als etwa in Monza. Die neuen Ergebnisse werden nun aufzeigen, ob der Prototyp reif ist für den Ernstfall.

Interessant: Ferrari sparte es sich in beiden Monza-Trainings komplett, die überarbeiteten Reifen auszuprobieren. "Wir haben uns entschieden, nicht auf diesen Prototyp-Reifen zu fahren", sagte Sebastian Vettel. "Wir haben nicht viel Sinn gesehen, deswegen sind wir weniger Runden gefahren als die anderen." In Monza nutzten die Teams insgesamt 39 Sätze der Prototypen, Felipe Massa fuhr mit elf Runden den längsten Stint. Die Bestzeit erzielte Lewis Hamilton vormittags in 1:24.123 Minuten.