Die Formel 1 fährt in der Saison 2017 weiter ohne Halo. Die Vertreter der Strategy Group haben sich am Donnerstag bei einem Treffen in Genf zunächst gegen den diskutablen Cockpitschutz entschieden. Das Thema ist damit aber nicht vom Tisch. Naheliegend erscheint, dass der Cockpitschutz - ob Halo oder Red Bulls Aeroscreen - auf die Saison 2018 verschoben wird.

Am späten Donnerstagabend bestätigte die FIA in einem Statement die Absage. Die Vertreter hätten sich nicht einstimmig auf eine Lösung verständigen können, hieß es. Aber: Die Entwicklung des Halo-Systems geht weiter. In dieser Saison wird es weitere Tests im Rahmen der Rennwochenenden geben, die sich bis zum ersten Teil der Saison 2017 fortführen.

Halo sei laut FIA derzeit das bevorzugte System. Die Vertreter der Strategy Group seien sich aber darüber einig, dass weitere Tests zu einer noch besseren Lösung führen könnten. Abschließend hieß es: "Halo bleibt eine starke Option für die Einführung zum Jahr 2018."

Bernie: Wir schauen weiter

Die Stratey Group, der die sechs Top-Teams sowie FIA-Präsident Jean Todt und Bernie Ecclestone angehören, hätte sich beim Treffen für die Einführung des Halo-Systems aussprechen müssen. Anschließend wäre der Vorschlag an die F1 Commission weitergeleitet worden zur Ratifizierung und Aufnahme in das Technische Reglement für 2017.

"Wir müssen es uns mehr im Detail anschauen", sagte Ecclestone am Donnerstag nach dem Treffen gegenüber der BBC. "Es gab Stimmen dafür und dagegen. Wir hatten nichts wirklich Positives. Aber wir haben viel darüber gelernt, wie es weitergeht. Wir werden uns das weiter anschauen." Laut dem F1-Boss solle das Halo in Zukunft zudem nur noch als Kopfschutz bezeichnet werden. Ecclestone hatte sich schon vor dem Treffen nicht als Fan des Halo entpuppt - im Gegensatz zu seinem ewigen Gegenspieler Todt, dem die Sicherheit sehr am Herzen liegt.

Vettel mit dem Halo beim Silverstone-Training, Foto: Ferrari
Vettel mit dem Halo beim Silverstone-Training, Foto: Ferrari

Vettel überrascht von Spekulationen

Im Fahrerlager von Hockenheim hieß es, dass sich einige Fahrer gegen das Halo ausgesprochen haben sollen - allerdings hinter vorgehaltener Hand, um in der Öffentlichkeit positiv da zu stehen, oder auch auf Druck des Arbeitgebers. Diese Vermutungen wollte Sebastian Vettel aber nicht bestätigen. "Ich bin etwas überrascht darüber, denn ich denke, dass 90 bis 95 Prozent dafür gestimmt haben", sagte der vierfache Weltmeister am Donnerstag in der FIA-Pressekonferenz. "Deshalb weiß ich nicht, warum so etwas jetzt aufkommt. Das vermittelt einen falschen Eindruck."

Vettel weiter: "Wir mögen das Aussehen nicht. Aber es gibt nichts, was den Tod rechtfertigt. Wir haben immer daraus gelernt, wenn etwas passiert ist. Wir haben immer versucht, uns zu verbessern. Das wäre jetzt das erste Mal in der Geschichte der Menschheit, dass wir unsere Lektion gelernt haben, es aber nicht ändern. Es liegt an uns sicherzustellen, dass es geschieht. Sonst wären wir ziemlich blöd."

Was macht die FIA?

2017 wird die Formel 1 also weiter ‚oben ohne´ fahren. Eine Lücke bleibt allerdings. Aus Sicherheitsgründen hat die FIA theoretisch die Macht, Änderungen auch gegen den Willen der Strategy Group durchzudrücken. Todt soll im Vorfeld allerdings einen Konsens mit den Mächtigen der Formel 1 gesucht haben. Nach dem Statement der FIA in Folge des Genfer Meetings ist davon auszugehen, dass Halo nicht vor 2018 eingeführt wird.

Möglich, dass das Halo nur eine Zwischenstation auf dem Weg zur ultimativen Sicherheitslösung darstellt. Das Aeroscreen-Konzept wanderte nach nicht bestandenen FIA-Tests zwar erst einmal in die Schublade zurück. Letztendlich könnte eine echte Cockpitkuppel jedoch die finale Lösung sein. "Für nächstes Jahr ist Aeroscreen erst einmal raus", sagte Nico Rosberg kurz vor dem Ende des Meetings in Genf. "Vielleicht ist es eine Langzeitlösung. Das ist immer eine Entwicklung. Jetzt ist Halo die beste Lösung, aber man kann es weiterentwickeln und verbessern."

Zuletzt fuhr Red Bull mit dem Halo, Foto: Sutton
Zuletzt fuhr Red Bull mit dem Halo, Foto: Sutton

17 Prozent mehr Überlebenschance

Viele Fahrer waren vor allem nach der Ungarn-Präsentation von Halo überzeugt gewesen. Die FIA hatte ihnen zahlreiche Unfälle der vergangenen Jahre vorgespielt. Mit dem Ergebnis: Die Überlebensrate im Falle eines Zwischenfalls steigt mit Halo um 17 Prozent an. Das überzeugte letztendlich sogar Lewis Hamilton, der sich zeitweise lieber als Vertreter der wilden F1-Zeiten präsentiert hatte.

In Hockenheim am Rande des Deutschland Grand Prix gab es nur noch wenige Fahrer, die nichts von Halo hielten. Einer von ihnen war Romain Grosjean, der während seiner Lotus-Zeit in den einen oder anderen heiklen Crash verwickelt war. "Ich will die Sicherheit in der Formel 1 nicht aufhalten", sagte er. "Es ist großartig. Aber als Fahrer treffen wir die Wahl, einen gefährlichen Sport auszuüben. Daher bin ich kein Fan von Halo. Ich denke, es ist gegen die DNA der Formel 1. Gegen das, was ich als Kind gesehen habe und was seit dem Beginn 1950 war."

Die Alternative für die Zukunft: Red Bulls Aeroscreen, Foto: Red Bull
Die Alternative für die Zukunft: Red Bulls Aeroscreen, Foto: Red Bull

Wirklich ausgereift?

Zuletzt kam das Halo im Rahmen der Testfahrten nach dem Silverstone-Wochenende zum Einsatz. Testfahrer Pierre Gasly drehte seine Runden mit einer Entwicklung von Red Bull. Zuvor war Vettel im 1. Training am Freitag mit dem System unterwegs gewesen für eine Installationsrunde. Einhellige Meinung der Fahrer: Das System solle erst eingeführt werden, wenn es wirklich ausgereift ist.

Daran hatte die FIA zuletzt mit Hochdruck gearbeitet. Allein die Zeit reichte offenbar nicht aus zur Zufriedenheit aller Parteien. Sergio Perez zeigte sich ebenfalls etwas skeptisch: "Ich denke, dass die FIA noch einige Fortschritte damit erzielen muss. Es kann gefährlich sein, wenn etwa ein Teil die falsche Stelle des Halo trifft."

Streitpunkte des Cockpitschutzes waren neben der Optik die Sichtbarkeit für die Fahrer sowie unabwägbare Ereignisse wie Regen auf der Strecke. Felipe Massa, selbst nach dem Feder-Unfall von Ungarn ein gern genommenes Beispiel: "Mir ist es nur wichtig, dass die Dinge ausgereift sind, wenn wir sie ändern."