Auch nach zwei Jahren des neuen Reglements ist die Kritik der Fans am Sound der Power Units groß. Bei den ersten Testfahrten der Formel-1-Saison 2016 in Barcelona feierte ein neues Auspuff-Design Premiere, das ab dieser Saison für alle Teams verpflichtend ist. Damit soll die Lautstärke zurückkommen.

Technisch gesehen ist es einfach. Um den Ladedruck kontrollieren zu können, haben Turbomotoren Ventile, sogenannte Wastegate-Ventile. Sollen weniger Gase durch den Turbo, öffnen die Ventile und leiten die Gase am Turbolader vorbei. Ein Bypass. In der modernen Formel 1 regelt die MGU-H die Drehzahl größtenteils. Wastegate-Ventile sind zwar vorhanden, aber nur zur Sicherheit. Entsprechend selten machen die Ventile auf.

Renault setzt auf ein Wastegate-Pipe, Foto: Sutton
Renault setzt auf ein Wastegate-Pipe, Foto: Sutton

Um das Anblasen von Chassis-Teilen zu verhindern, wollten die Regelhüter nur noch ein zentrales Auspuffendrohr. Das erleichtert das Reglement diesbezüglich. Also mussten die Wastegate-Bypässe in das eine zentrale Hauptrohr führen. Das Problem: Weil die Ventile meist geschlossen waren, waren die Zuleitungen Sackgassen, die wie Schalldämpfer wirkten.

Als Reaktion auf die magere Soundkulisse dürfen die Teams die Wastegate-Bypässe nicht mehr in das Hauptrohr leiten. Die Wastegate-Gase müssen im dafür definierten Bereich am Heck des Fahrzeugs austreten. Anblasen von aerodynamischen Teilen ist quasi unmöglich. Dabei haben die Teams selbst freie Wahl, ob sie die beiden Wastegate-Rohre einzeln nach hinten führen oder in einem zusammenfassen.

Von 124 Dezibel auf 128 Dezibel

Die Wastegate-Gase werden separat nach hinten geleitet, Foto: Renault Sport F1/Motorsport-Magazin.com
Die Wastegate-Gase werden separat nach hinten geleitet, Foto: Renault Sport F1/Motorsport-Magazin.com

Wie bereits von Motorsport-Magazin.com im Vorfeld gezeigt, haben sich zwei Lösungen herauskristallisiert: Auf der einen Seite die Micky-Maus-Variante, auf der anderen Seite die Schneemann-Lösung. Renault setzt bislang als einziges Team auf den Schneemann: Ein Wastegate-Rohr ist über dem zentralen Auspuff angebracht. Bei der Micky-Maus-Variante befinden sich zwei kleine Rohre direkt neben dem Hauptrohr. Die Wastegate-Pipes sind Mickys Ohren.

Auf dem Prüfstand hat Mercedes bereits Messungen vorgenommen. Diese Ergebnisse sind nicht eins zu eins in die Realität zu übernehmen, aber doch relativ genau. Von ehemals 124 Dezibel ist der Lärm auf 128 Dezibel gestiegen. Eine Steigerung um vier Dezibel. Hört sich - zahlenmäßig - nicht besonders spektakulär an, ist es aber bei genauerer Betrachtung.

Die meisten Teams setzten auf die Micky-Maus-Variante mit zwei kleinen Rohren, Foto: Sutton
Die meisten Teams setzten auf die Micky-Maus-Variante mit zwei kleinen Rohren, Foto: Sutton

Die Dezibel-Skala ist logarithmisch. Die Erhöhung um vier Dezibel entspricht einer Verdoppelung der Sound-Energie. Von der Wahrnehmung her sollen die Power Units damit zwölf Prozent lauter sein. Zum Vergleich: Die V8-Aggregate wurden bei Mercedes mit 129,5 Dezibel gemessen.

Doch was sagt die Realität? "Ich denke, die Autos sind lauter. Es klingt ein bisschen schöner und kraftvoller", sagte Vettel nach dem ersten Testtag. "Sie sind noch immer nicht so laut, wie ich sie gerne hätte, aber besser als die letzten Jahre."

Diesen Eindruck kann auch Motorsport-Magazin.com teilen. Der ganz große Durchbruch ist es allerdings noch nicht. Dafür hat sich auch die Klangfarbe verändert. "Das hängt aber vor allem damit zusammen, dass die Motoren stärker werden und wir höhere Zylinderdrücke haben", wirft Andy Cowell ein. Der Unterschied zwischen den verschiedenen Motorenhersteller ist nun noch deutlicher: Beim Renault-Motor ist ein starkes Turbo-Pfeifen zu hören, der Honda klingt nach wie vor am dreckigsten. Der Mercedes klingt am ruhigsten, der Ferrari liegt irgendwo dazwischen.