Das waren sie also - jene drei Rennen, die Christian Klien von Red Bull Racing zugesichert bekam. Jetzt, morgen Dienstag, wird entschieden, ob Klien auch in Imola im zweiten Red Bull-Cosworth neben Fixstarter David Coulthard sitzen wird, oder ob der Freitagspilot Vitantonio Liuzzi bei dessen Heim-GP zum Einsatzfahrer befördert wird. Für Klien würde eine Entscheidung für Liuzzi bedeuten, dass er in San Marino zuschauen müsste, denn er verfügt über keine Berechtigung für den dritten Wagen am Freitag.

Morgen Dienstag wird ein Tribunal die laut Red Bull-Motorsportbetreuer Dr. Helmut Marko "komplizierte Auswertung" vornehmen. Ein Tribunal, bestehend aus Firmenchef Dietrich Mateschitz, Teamchef Christian Horner und dem Sportdirektor Marko, wird am Dienstagabend in einem Gipfelgespräch die endgültige Entscheidung fällen.

Christian Klien hätte in Bahrain wieder wertvolle WM-Zähler nach Hause bringen können, doch die Elektronik ließ den Hohenemser im Stich, sie sorgte dafür, dass Klien von seinem siebenten Startplatz aus keinen Meter fahren konnte. Der 23jährige war enttäuscht, denn er lieferte sein bislang bestes Formel 1-Wochenende: "Die Plätze drei bis sechs und damit weitere WM-Punkte wären möglich gewesen."

Red Bull-Boss Mateschitz hat erst unlängst moniert, dass man auch Tonio Liuzzi eine Chance geben wolle. Für den Italiener spricht auch, dass er in Imola seinen Heim-GP bestreiten würde. Noch dazu kennt Liuzzi die drei kommenden Strecken in Imola, Barcelona und Monaco, wo er letztes Jahr das Formel 3000-Rennen gewonnen hat. Es geht dabei aber natürlich auch um Marketing.

Kuntschik: Sport oder Marketing?

In einem Plädoyer für den Verbleib von Christian Klien im Red Bull-Einsatzcockpit stellte der langjährige Formel 1-Experte und Mediengelehrte Gerhard Kuntschik in den Salzburger Nachrichten die Grundsatzfrage: "Sport oder Marketing?" Es sei verständlich, dass man aus Marketing-Gründen einem Italiener in Italien zu seinem F1-Debüt verhelfen wolle, aber: "Einer wie Christian Klien, der in der Bahrain-Qualifikation unter anderen beide McLaren-Mercedes, einen Renault und beide Honda schlägt, hätte es sich verdient, weiter im Renncockpit zu bleiben."

Kuntschik spricht aus, was viele denken - vor dem Saisonbeginn habe Red Bull Racing die Leistungen von Nr.1-Pilot David Coulthard als Messlatte für Klien definiert, daher gelte: "Der Vorarlberger muss seinen Platz behalten!" Tatsächlich hat Klien die Anforderungen mehr als nur erfüllt. Im wegen gleicher Spritmengen relevanten Duell in den Samstags-Qualifyings konnte Klien den 13fachen GP-Sieger 2:1 besiegen, in Bahrain konnte der Österreicher dem routinierten Schotten sogar sechs Zehntelsekunden abknöpfen. Aber auch in den beiden Rennen in Melbourne und Sepang konnte Klien beeindrucken - wer hätte darauf gewettet, dass Klien in den ersten beiden Saisonrennen jeweils Punkte holen wird?

Der Vorarlberger hat bewiesen, dass er nicht nur an Speed zugelegt hat, sondern auch seine im letzten Jahr gesammelten Erfahrungen in einer Art und Weise umsetzen konnte, die ihm das professionelle Beenden eines Grand Prix ermöglicht. Er wurde schlicht ein grundschneller Punkteeroberer - getreu dem Motto: "You have to finish first..." Diese Routine ist es auch, auf die Christian Klien setzt - denn Punkteränge sind das tägliche Brot eines jungen Rennstalls wie Red Bull Racing.

Die beiden Kontrahenten um das Einsatzcockpit sind befreundet, werden sogar gemeinsam in eine Wohnung ziehen, wie sie am Sonntag im ORF erklärten - Liuzzi: "Ich kann leider nicht kochen, deshalb wird das der Christian tun. Ich übernehme dafür den Haushalt." Die kommende Entscheidung habe keinen Einfluss auf ihre Freundschaft, versicherte Liuzzi: "Das Team wird die richtige Entscheidung fällen, Christian und ich bleiben trotzdem Freunde." Und auch Klien zog eine klare Trennlinie zwischen Privat und Rennstrecke. Trotzdem hoffe er natürlich auf eine Entscheidung zu seinen Gunsten: "Ich war über das gesamte Weekend gesehen schneller als Coulthard. Ich habe mein Bestes gegeben. Man rechnet immer damit, dass man im Cockpit bleibt. Ich hoffe, auch in Imola noch dabei zu sein. Die Entscheidung liegt nicht bei mir."

Leihgabe an Sauber kommt nicht in Frage

Die in den Medien immer wieder kolportierte Möglichkeit, einen der beiden Red Bull-Youngsters bei Sauber als Ersatz für Jacques Villeneuve unterzubringen, war in Hinwil niemals wirklich angedacht worden, in Bahrain hat Peter Sauber demonstrativ an dem Kanadier festgehalten. Der Ex-Weltmeister hätte in Bahrain beinahe WM-Punkte geholt, er soll Probleme mit einem neuen und angeblich von Massa mitentwickelten Bremssystem haben. Bei den kommenden Tests kann Villeneuve erstmals seine technischen Probleme aussortieren, zwischen den Übersee-GP gab es dafür keine Möglichkeit.

Alex Wurz hat eine Lanze für seinen Landsmann Christian Klien gebrochen: "Ich würde die Paarung nicht ändern. Christian hatte David Coulthard das ganze Wochenende über im Griff. Wenn man Klien austauschen würde, könnte ich das nicht verstehen." Lob gab es auch von Niki Lauda: "Christian ist im Training sehr gut gefahren." Lauda hätte Klien ohne dessen Ausfall einen Platz unter den Top 5 zugetraut. Und auch Teamchef Horner fand am Samstag nach dem Qualifying in Bahrain lobende Worte für Klien: "Christians beste Runde heuer überhaupt, vielleicht ein Zehntel von Perfektion weg."

Wer würde den dritten Wagen steuern?

Wie immer man auch entscheiden wird - für Klien würde eine Entscheidung für Liuzzi eine längere GP-Pause zur Folge haben. Die Frage wäre dann, wer an den Freitagen den dritten Red Bull steuern würde. Die beiden relevanten Red Bull-Junioren, der Amerikaner Scott Speed und der Schweizer Neel Jani sind beide in der neuen GP2-Serie engagiert, die in Imola im Rahmen des Formel 1-GP ihren Saisonauftakt feiern wird.

Eines sollte man morgen Abend vielleicht auch bedenken: Sein "guter Lauf", den Klien ja eindeutig hat - der Österreicher fährt zurzeit in absoluter Bestform - würde durch ein Engagement von Liuzzi ziemlich grob unterbrochen werden, für einen jungen Rennfahrer eine störende Zäsur, wie sie auch bei einer Zwangspause nach einem Unfall auftreten kann. Red Bull erklärte noch vor Saisonbeginn, man werde sicherlich keinen Fahrer rausnehmen, wenn dieser gerade einen "guten Lauf" haben sollte...