Sir Frank Williams hat unlängst einen seiner legendären Motivationspfeile abgeschossen: "Ich will nicht in Details gehen, aber es ist möglich, dass wir Button nehmen und Heidfeld für ein Jahr an ein anderes Team ausleihen." Adressat Nick Heidfeld hat bei den Weiß-Blauen bekanntlich nur einen Einjahresvertrag in der Tasche, während Mark Webber bis Ende 2006 verpflichtet wurde. Im Sommer soll Jenson Button dann angeblich wissen, ob er durch eine Vertragsklausel weiter an B·A·R-Honda gebunden ist - doch der Performance der Aufsteiger des letzten Jahres zufolge wird der Brite im Jahr 2006 zu haben sein.

Williams über Heidfeld: Ich liebe seine Manöver!

Frank Williams ist bekannt für seine harten Motivationspillen, die er auch jenen Piloten verabreicht, die er verehrt. Nick Heidfeld lieferte in Sepang einen ausgezeichneten dritten Platz und war auch in der Wüste von Sakhir wieder podestverdächtig unterwegs, bis ihm das BMW-Aggregat einen Strich durch die Rechnung machte. Williams: "Nick hat mich sehr überrascht, er ist ein sehr guter Rennfahrer auf höchstem Niveau. Ich liebe seine Manöver. Wir freuen uns darauf, ihn in dieser Saison noch öfter auf dem Podest zu sehen."

Heidfeld will auch 2006 bei Williams fahren!

BMW-Motorsportdirektor Mario Theissen streute dem Mönchengladbacher ebenfalls Rosen: "Nick hat die Erwartungen mehr als bestätigt und einen großen Beitrag zur Entwicklung des Autos geleistet. Dass wir wesentlich schneller als in den Wintertests sind, ist auch sein Verdienst." Es ist also alles andere als sicher, dass "Quick Nick" am Ende des Jahres sein Cockpit räumen muss. Sein Manager Werner Heinz erklärte: "Wenn er seine Leistung bringt, wird Nick weiter im BMW sitzen. Er hat einen Einjahresvertrag, ein Tauschgeschäft ist kein Thema." Heidfeld sagt: "Ich denke, ich habe bisher das Vertrauen bestätigt." Für ihn sei es wichtig, seine Messlatte Mark Webber zu schlagen: "Wenn ich immer schneller bin als er, gibt es keinen Grund, mich nicht weiterzubeschäftigen. Schließlich will ich irgendwann mal Weltmeister werden." Das sind genau jene Worte, die ein Frank Williams hören möchte...

Denn auch der "Rollstuhlgeneral", wie man ihn ehrfurchtsvoll nennt, möchte endlich wieder die Meisterschaft gewinnen. Der Zeitpunkt für den ersten gemeinsamen Titel mit Partner BMW sei längst gekommen. Das sagte er 2004, das sagte er auch in diesem Winter. Setzte man im letzten Jahr auf die radikale Weiterentwicklung des Doppelkiels durch Designerin Andrea Terzi, hat man in diesem Jahr mit dem FW27 auf eine eher konventionelle Lösung vertraut.

BMW: Hausaufgaben in Sachen Kühlung...

Im Gegensatz zum Vorjahr gestaltete sich der Saisonbeginn nicht zu einem Desaster - doch auf Titelkurs sind derzeit zumindest andere unterwegs. BMW gab zu, dass man in Sachen Kühlung noch Hausaufgaben zu erledigen habe. Theissen erklärte: "Auch mit der Konfiguration für maximale Kühlung gelangten wir in Bahrain an thermale Limits, weshalb wir nicht die volle Drehzahl nutzen konnten." Im August werde es beim Türkei-Debüt der F1 ähnlich heiße Konditionen geben, bis dahin müsse man die Kühlung verbessern. Williams kündigte eine wesentliche Weiterentwicklung des FW27 an, vor Saisonbeginn gab es Probleme im hauseigenen Windkanal...

Williams weiß, dass er sich in punkto Chassis keine weiteren Flops mehr leisten kann, denn Partner BMW verlangt ein konkurrenzfähiges Fahrzeug, welches auch in der Lage ist, die Motorkraft in Siege und eben den Titel umzusetzen. BMW und Williams - nur unter dem Druck der Bayrischen Motorenwerke soll Williams sich dazu bereit erklärt haben, in seinem Team aufzuräumen, neue Strukturen und Arbeitsweisen einzuführen, oder Langzeitkumpane Patrick Head zu "entlasten". Zwischen BMW und Williams soll es heftig kriseln. Für die Salzburger Nachrichten ist das Verhältnis sogar "zerrüttet, weil sich BMW mehr Mitsprache erwarten, als dies Williams und Co zulassen".

Theissen: 2006 zu über 50 Prozent ein zweites Team! Entscheidung im Juni!

Den Gerüchten im Fahrerlager zufolge soll BMW daher bereits heftig mit Sauber flirten. Offiziell wird selbstverständlich dementiert, doch hinter vorgehaltener Hand wird sogar von einer "bereits existierenden schriftlichen Übernahmeerklärung" gemunkelt. Bestätigt wurden nur Gespräche mit Sauber. "Dass wir im kommenden Jahr ein weiteres Team mit Motoren ausrüsten werden, ist zu mehr als 50 Prozent fix. Eines der Teams, mit dem wir verhandeln, ist Sauber", bestätigte Theissen gegenüber Speed TV. Und: "Wir haben aber auch mit Red Bull Racing gesprochen."

Im Juni soll laut Theissen eine Entscheidung gefällt werden. Es würde dabei nicht um einen Verdienst, sondern um "gemeinsame Operationen" gehen - und um "das Vertrauen, den richtigen Partner zu haben". Ein kleiner Giftpfeil in Richtung Grove? Theissen sprach sich jedenfalls dafür aus, dass Williams und das noch nicht fixierte zweite Team die gleichen Motorenspezifikationen erhalten.

Frank Williams kann also davon ausgehen, dass 2006 ein weiteres Team die 2,4 Liter V8-Aggregate der Bayern verwenden wird. Damit wird BMW eine Vergleichsmöglichkeit haben, der Druck für die Mannschaft aus Grove wird solchermaßen sicher nicht kleiner werden. Im Jahr 2007 droht ein Jahrzehnt ohne WM-Titel - das will Frank Williams ganz sicher verhindern. Er wird sich entscheiden müssen, ob er die Titeljagd mit Webber/Heidfeld oder Webber/Button oder einem anderen Gespann in Angriff nehmen will. Ein Titel schon in diesem Jahr ist - zumindest derzeit - eher Wunschdenken...