Der amtierende DTM-Champion Manthey-Porsche kassierte beim Saisonauftakt in Oschersleben eine böse Klatsche: Titelverteidiger Thomas Preining und sein neuer Teamkollege Ayhancan Güven fuhren der Konkurrenz am Wochenende gnadenlos hinterher. Die einzigen im diesjährigen Starterfeld verbliebenen Porsche 911 GT3 R kamen in den Rennen nicht über die Plätze 10 und 13 (Preining) sowie zweimal P14 (Güven) hinaus.
Unter Rennbedingungen ging wenig, in den Qualifyings noch weniger: Das Höchste der Gefühle für den Rennstall aus Meuspath war der 16. Startplatz von DTM-Meister Preining am Samstag. Und das in Oschersleben, einer Strecke, die dem GT3-Porsche in der Theorie liegen sollte und wo 2023 noch sechs 911er durchaus dominant auftraten, wie insgesamt vier Podestplätze in beiden Rennen belegten.
Porsche fährt auch mit 25 Kilo weniger hinterher
Nun könnte man annehmen, dass die üblichen Parameter der Balance of Performance verantwortlich waren für die diesjährige Manthey-Pleite in Oschersleben. Im Vergleich zum Vorjahr fuhren die Porsche zu Beginn mit 1.325 Kilogramm Mindestgewicht und damit 35 Kilo mehr an Bord. Ein 1,5 Millimeter kleinerer Restriktor (38 statt 39,5 Millimeter) schraubte die Leistung zusätzlich um einige wenige PS herunter.
Doch diese beiden Faktoren - Gewicht und Leistung - seien laut Manthey-Geschäftsführer Nicolas Raeder gar nicht entscheidend dafür gewesen, dass sich die Top-Fahrer Preining und Güven derart schwertaten in der Magdeburger Börde. Auffällig: Im Sonntagsrennen fuhren die 911er nach zwei BoP-Änderungen mit 25 Kilogramm weniger Zusatzgewicht, doch ein Performanceanstieg wollte sich trotzdem nicht einstellen.
Manthey-Porsche in Oschersleben - Ergebnisse
Fahrer | Qualifying 1 | Rennen 1 | Qualifying 2 | Rennen 2 |
---|---|---|---|---|
Thomas Preining | P16 | P10 | P17 | P13 |
Ayhancan Güven | P18 | P14 | P20 (inkl. 3-Platz-Gridstrafe) | P14 |
Manthey überrascht: Fahrzeughöhen-Änderung als Hauptproblem
Stattdessen machte Manthey-Chef Raeder überraschenderweise die ebenfalls in der BoP veränderte Fahrzeughöhe des Porsche als größtes Problem aus. Tatsächlich mussten die 911er in Oschersleben mit mehr Bodenfreiheit fahren als in der Saison 2023: Laut BoP-Liste betrug die Mindesthöhe an der Vorderachse 101 Millimeter und damit 5 Millimeter mehr als im Vorjahr (96mm). Die Mindesthöhe von 120 Millimeter an der Hinterachse blieb unverändert.
"Unser Auto lebt sehr von der Fahrhöhe, recht stark vom Unterboden und von der Aero", führte Raeder aus. "Wir haben das (die neue Fahrzeughöhe; d. Red.) nie gegenfahren können und wussten nicht, wie groß der Einfluss ist. Aber jetzt ist ganz klar, dass uns die Performance fehlt." Während Parameter wie Gewicht oder Leistung nach einer linearen Kurve verlaufen würden, sei das mit Blick auf größere Änderungsvorgaben am Fahrwerk nicht der Fall.
Manthey von mangelnder Performance überrascht
Der Manthey-Chef erklärte, dass sich die veränderte Fahrzeughöhe auf den Anstellwinkel, die Aero-Balance, die Schwerpunkthöhe sowie die Kinematik auswirke: "Du hebst das Auto vorne um fünf und hinten um acht Millimeter an. Dadurch hebt sich der Schwerpunkt, und die Kinematik sowie der Luftwiderstand ändern sich. Das sind vier Dinge, bei denen man theoretisch sagen könnte, dass sie im Einzelnen nicht so viel ausmachen. Wir hätten das auch nicht gedacht."
Von der tatsächlichen Performance wurde die ambitionierte Manthey-Mannschaft dann in Oschersleben eiskalt erwischt. Schon in den Freien Trainings belegten Porsche-Werksfahrer Preining und Ex-Porsche-Junior Güven Plätze im hinteren Mittelfeld. "Wir haben viele Aero-Maps und Daten", so Raeder. "Aber manchmal passieren Dinge, die nicht linear sind und die man nicht versteht. Auf einmal bist du aus dem Fenster raus. Und wenn die Vorderachse nicht arbeitet, nützen auch 20 PS mehr nichts. Es gibt Effekte, die man nicht so leicht versteht, und das scheint gerade so etwas zu sein."
Raeder: Keine Kritik an BoP - aber an Zeitpunkt der Bekanntgabe
Raeder legte im MSM-Gespräch ausdrücklich Wert darauf, nicht auf die Balance of Performance 'eindreschen' zu wollen. Was dem Manthey-Geschäftsführer hingegen nicht gefiel, war der zeitliche Ablauf: Die BoP-Liste für Oschersleben sei laut eigenen Angaben erst nach einem Test am 16. April an gleicher Stelle erschienen, wodurch das Team den Eingriff in die Fahrwerkseinstellung nicht mehr habe testen können. Raeder: "Wir haben nach dem Oschersleben-Test davon erfahren. Das ist das Einzige, wo ich sage: Das ärgert mich sehr. So etwas gehört für mich in einen BoP-Test und nicht fünf Tage vor dem Rennen."
Trotz stundenlanger Analysen während des Rennwochenendes wollte Raeder nicht grundsätzlich ausschließen, dass das Team etwas übersehen habe. An den Einsatzautos per se habe es aber nicht gelegen: "Fakt ist, dass wir sehr gut vorbereitet und aussortiert waren und ansonsten auch keine Fehler gemacht haben. Die Fahrer waren gut drauf und sagten, dass sich die Autos gut fahren. Trotzdem waren wir weg, weil anscheinend die Achillesferse des Autos getroffen wurde."
DTM-Auftakt in Oschersleben eine "Katastrophe"
Vergleichswerte mit anderen Porsche-Kundenteams in der DTM gibt es nicht, um überprüfen zu können, ob es die Marken-interne Konkurrenz nicht einfach besser hinbekommen hat. Das Team 75 von Le-Mans-Sieger Timo Bernhard und Toksport WRT treten dieses Jahr nicht mehr an, womit nur die beiden Manthey-Porsche im DTM-Teilnehmerfeld verblieben sind. Der von Olaf Manthey gegründete Rennstall belegt nach Oschersleben mit 15 Punkten nur den achten Platz in der Team-Tabelle.
Eine "Katastrophe" sei der Saisonauftakt aus Sicht von Raeder gewesen, "das macht so keinen Sinn". Vor dem nächsten DTM-Event auf dem Lausitzring (24.-26. Mai) sollen alle Daten noch einmal gründlich analysiert werden, um mögliche eigene Fehler auszuschließen. Wünschenswert sei laut Raeder eine Rückkehr zu einer BoP-Einstufung aus dem Vorjahr als Absprungbasis: "So weit weg wie hier waren wir noch nie. Im Moment können wir nicht gescheit mitfahren. Das ist auch nicht mit fünf Kilo weniger oder zehn PS mehr getan."
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