Motorsport ist gefährlich. Am vorletzten Wochenende wurde dies der Weltöffentlichkeit einmal mehr eindrücklich vor Augen geführt, als der ehemalige Formel-1-Pilot Justin Wilson beim IndyCar-Saisonfinale in Pocono von einem umherfliegenden Teil eines anderen Autos am Kopf getroffen wurde und zwei Tage später den Folgen des Unfalls erlag. Sofort wurde wieder der Ruf nach geschlossenen Cockpits laut - und tatsächlich hat die FIA angekündigt, weitere Tests in diese Richtung durchführen zu wollen.

Breite Front für Cockpithauben

Auch im Formel-1-Fahrerlager hat der Tod Wilsons tiefe Spuren hinterlassen und dazu geführt, dass sich immer mehr Piloten für Cockpithauben aussprechen. "Es gibt im Jahr 2015 neue Technologien. Manche davon können bei der Sicherheit helfen. Die sind immer willkommen. Ich denke, die F1 würde nichts verlieren von ihrer DNA", hielt Fernando Alonso im Vorfeld des Italien GP fest. "Ich bin sicher, dass die FIA und die Teams auf diese Möglichkeit schauen. Ich weiß nicht, ob man eine Lösung finden wird, aber wir sollten offen sein, zu testen und auszuprobieren. Das ist eine gute Sache."

Jenson Button, Alonsos Teamkollege bei McLaren, vertritt eine ähnliche Sicht der Dinge. "Das waren jetzt wirklich schreckliche Jahre für den Sport, besonders die letzten Monate mit Jules und Justin", betonte der Brite, der aber auch Dan Wheldon, der 2011 im IndyCar-Cockpit starb, nicht vergessen wollte. "Ich war immer einer, der gesagt hat, das sind offene Autos und die sollten ein offenes Cockpit haben. Aber ich denke, es ist jetzt genug für uns alle", hat bei Button ein Umdenken eingesetzt. "Es muss etwas getan werden. Früher oder später. Es ist schade, dass es erst einen Tod braucht, bis die Leute aufmerksam darauf werden und die Dinge zu ändern. Das ist immer dasselbe. Aber wir brauchen eine Veränderung."

Kommt das geschlossene Cockpit in der Formel 1?, Foto: youtube/FIA Institute
Kommt das geschlossene Cockpit in der Formel 1?, Foto: youtube/FIA Institute

Ebenfalls in den Chor jener, die ein Dach über dem Helm bevorzugen würden, stimmte Valtteri Bottas ein. "Wenn es einen als Fahrer nicht zu sehr behindert, sehe ich kein Problem", könnte sich der Finne mit einer Cockpithaube anfreunden. "Es gab viele Unfälle, wenn etwas den Kopf getroffen hat, somit denke, ich wenn etwas gefunden werden kann, um das zu verhindern, wäre es gut. Es gibt Leute, die sagen, das wäre kein F1-Auto, aber ich wüsste nicht, welchen Unterschied das machen soll, wenn es eine Haube gibt, durch die man durchsehen kann. Ich bin sehr offen für solche Dinge."

Sebastian Vettel galt in der Vergangenheit als einer der Kritiker, die sich gegen überdachte Cockpits ausgesprochen hatten, doch im Lichte der jüngsten Ereignisse hat auch beim vierfachen Weltmeister ein Sinneswandel eingesetzt. "Wir hatten jetzt in letzter Zeit erstaunlich oft Zwischenfälle mit schwierigen Kopfverletzungen", sagte der Heppenheimer. "Drei Fahrer, die in den letzten Jahren dadurch ihr Leben verloren haben. Auch wenn ich kein Fan davon bin, ehrlich gesagt, ist es etwas, was wir uns anschauen müssen."

Nico Hülkenberg bei den 24 Stunden von Le Mans, Foto: Porsche
Nico Hülkenberg bei den 24 Stunden von Le Mans, Foto: Porsche

Hülkenberg fürchtet um den Nervenkitzel

Herrscht in der delikaten Frage der Cockpithauben also Einigkeit unter den Piloten vor? Nicht ganz, denn Nico Hülkenberg tanzt aus der Reihe. Aufgrund seiner Einsätze auf der Langstrecke mit Porsche weiß der Force-India-Pilot ganz genau wie es ist, in einem geschlossen Cockpit zu sitzen, und will dieses Gefühl in der Formel 1 nicht erleben. "Für mich ist Single-Seater-Racing mit offenen Cockpits", stellte der Deutsche klar. "Klar, alles ist möglich, alles ist denkbar, aber es war eh und je so. Das heißt nicht, dass es eh und je so bleiben muss, aber das ist meine persönliche Meinung, dass die Autos so aussehen sollten."

Für Hülkenberg geht jeder Rennfahrer ein bewusstes Risiko ein, das ganz einfach zu seinem Beruf dazu gehört. "Das ist auch ein Teil, warum wir das mögen und was den Kitzel am Racing ausmacht, dass die Gefahr ein bisschen mitfährt", betonte er. "Natürlich wurde der Sport in den letzten 20 Jahren extrem sicher gemacht, aber man kann nicht alle Gefahren ausblenden und wegbekommen. Das sollte man auch nicht, denn dann nimmt man auch ein bisschen den Reiz weg, den der Motorsport mit sich bringt", hält Hülkenberg nichts davon, die Piloten in Watte zu packen.

Daran, dass ihm dasselbe Schicksal wie Justin Wilson widerfahren könnte, denkt der Force-India-Pilot nicht. "Das ist so unglücklich, er hat noch nicht mal selber etwas gemacht. Das Timing könnte schlechter nicht sein, dass ein Teil rumfliegt und ihn am Kopf trifft", sieht er nur eine geringe Wahrscheinlichkeit, dass sich der Vorfall aus Pocono wiederholen könnte. "Das ist etwas, an das du als Fahrer überhaupt nicht denkst, wenn du fährst. Klar ist es uns bewusst, dass es passieren kann, aber deshalb wechseln wir nicht den Job."

Nach Informationen von Motorsport-Magazin.com sind die Chancen auf eine Cockpit-Haube in absehbarer Zeit aber eher gering. Aktuell hat die FIA Zweifel daran, dass die Piloten weiterhin sicher aus dem Cockpit geborgen werden können.