Der tragische Tod von Justin Wilson rückt die Debatte um geschlossene Cockpits im Formelsport wieder in den Vordergrund. Der IndyCar-Pilot starb am Montag an den Folgen eines herumfliegenden Teils eines Konkurrenten, das Wilson beim Rennen in Pocona direkt am Kopf traf. Trotz Helmes waren die Verletzungen so schwer, dass der Brite ins Koma fiel und nicht wieder aufwachte.

Bereits vergangene Woche soll sich nach Meldungen von motorsport.com die FIA mit den technischen Chefs der Formel-1-Teams getroffen haben. Demnach soll es nächsten Monat eine neue Testrunde für ein tragfähiges Konzept geschlossener Boliden geben. Bereits in der Vergangenheit gab es solche Tests, nachdem Felipe Massa in Ungarn 2009 durch eine Feder schwer verletzt wurde. Ein weiterer ähnlicher Unfall ereignete sich eine Woche zuvor in der Formel 2, als Henry Surtees von einem herumfliegenden Reifen getroffen und tödlich verletzt worden war.

Justin Wilson wurde von einem herumfliegenden Teil getroffen und starb einen Tag später, Foto: Youtube
Justin Wilson wurde von einem herumfliegenden Teil getroffen und starb einen Tag später, Foto: Youtube

Dem theoretischen Vorteil der höheren Sicherheit stehen allerdings einige praktische Probleme im Weg. Frühere Versuche in Form einer Art Kampfjet-Dach führten entweder dazu, dass das Dach zerbrach oder das Trümmerteil in die Luft schleuderte, wodurch es zu einer Gefahr für die Zuschauer wurde.

Nachteil der erschwerten Bergung

Ein für die FIA besonders wichtiger Aspekt war die mögliche Behinderung einer Bergung der Fahrer nach einem Unfall. Als Beispiel kann der Unfall zwischen Fernando Alonso und Kimi Räikkönen in Spielberg gelten. Da der McLaren quasi direkt auf dem Ferrari landete, hätte es für den Finnen kaum eine Möglichkeit gegeben, das Auto zu verlassen, wenn eine Cockpithaube vorhanden gewesen wäre. Ein ebenfalls oft genannter Grund, keine Cockpithauben einzusetzen, ist die DNA des Formelsports. Dieser besteht nach Puristen aus einem nicht-überdachten Monoposto mit freistehenden Rädern.

Um die Nachteile auszuräumen, soll es nun eine neue Idee geben, die Fahrer zu schützen. So sollen vor dem Cockpit mehrere, unterschiedlich hohe Lamellen angebracht werden. Diese würden Trümmerteile abhalten, jedoch die Bergung des Fahrers oder seinen Ausstieg aus dem Cockpit nicht behindern. Bei den Tests kommenden Monat soll dieses Konzept betrachtet werden, ebenso soll der Vorschlag eines Halo-Designs, das Mercedes entworfen hatte, zur Sprache kommen. Dabei wäre der Fahrer nicht komplett eingeschlossen, sondern eine Art Ring um das Cockpit würde den Fahrer abschirmen.

Whiting fordert Umsetzung

Der technische Direktor der FIA, Charlie Whiting, lobt gegenüber Autosport das Mercedes-Konzept. "Es deckt den Fahrer nicht komplett ab, man kann den Fahrer immer noch herausholen, was das Wichtigste ist. Aber es ist ein Stahlbügel über dem Kopf des Fahrers und davor, mit einem zentralen Halt", erklärte er das System. Auch das System mit den Lamellen versucht er zu präzisieren. "Lamellen von unterschiedlicher Höhe werden auf dem Chassis und davor angebracht, und das in einem Winkel, die sie für den Fahrer fast unsichtbar machen", so Whiting.

Für ihn ist die Einführung geschlossener oder zumindest gesicherter Cockpits fast schon eine Herzensangelegenheit. "Wir haben sehr viel Zeit, Mühen und Untersuchungen in dieses Projekt gesteckt. Das war nicht einfach, eigentlich war es sogar extrem hart. Aber ich kann den Tag, an dem es [die Einführung der Cockpits] passiert, definitiv sehen. Eines Tages wird es etwas geben, das die Gefahr des Fahrers, verletzt zu werden, minimiert", blickt Whiting in eine aus seiner Sicht bessere Zukunft.

Dass es keine absolute Sicherheit gibt, weiß auch der Renndirektor. "Ob es einen Fahrer so gut schützt vor Trümmern wie ein Kampfjet-Cockpit, bezweifle ich. Aber es bietet ihm Schutz", hebt er hervor. Er mahnt: "Wir müssen vorsorgen. Wir müssen etwas tun, auch wenn es nicht zu 100 Prozent sicher ist und den Fahrer nicht unter allen möglichen Umständen schützt. Aber wenn es die Situation verbessert, muss es gut sein. Es muss einen Weg geben."