Die Vorzeichen standen für Mercedes beim zweiten Gastspiel auf dem Circuit de Catalunya besser, da beide Piloten nach Krankheit beziehungsweise Schmerzen wieder fit waren. "Ich fühle mich diese Woche deutlich besser. Ich habe viel mehr Energie. Ich gehe jetzt sogar noch eine Runde laufen, weil ich an diesem Nachmittag nicht viel zu tun hatte", erklärte Lewis Hamilton nach seinem ersten Einsatz am Donnerstag.

Hamilton hatte an diesem Tag nach 48 Runden und der damit geringsten Tagesausbeute für Mercedes während der Testfahrten 2015 früh Feierabend. Grund war ein Problem mit der MGU-K, das umfassende Reparaturen erforderte. "Es ist gut, solche Dinge herauszufinden und mögliche Schwierigkeiten jetzt auszubügeln. Das bedeutet, dass sie hoffentlich nicht beim ersten Rennen auftreten", zeigte sich Hamilton pragmatisch. Er habe sich trotz der geringen Rundenzahl bereits für den Saisonstart bereit gefühlt. "Das Gefühl im Auto war positiv und es war gut, die Reifen ans Arbeiten zu bekommen."

Mercedes eine Sekunde vor dem Rest

Am Freitag saß Nico Rosberg erstmals im Auto und sorgte prompt für ein Ausrufezeichen. Auf weichen Reifen fuhr er die Tagesbestzeit von 1:22.792 Minuten heraus, die in den folgenden Tagen nicht mehr unterboten werden sollte und die schnellste Rundenzeit der gesamten Testfahrten 2015 darstellte. Die Bestzeit sei bei den Testfahrten zwar nicht viel wert, aber trotzdem eine kleine Zugabe, räumte Rosberg ein. "Ich bin froh, Schnellster zu sein. Es ist sicherlich besser als nicht Schnellster zu sein", meinte er lachend.

Der Konkurrenz bereitete vor allem die Tatsache Kopfzerbrechen, dass Mercedes diese Fabelzeit auf weichen Reifen erzielte. Denn laut Williams-Cheftestingenieur Rod Nelson beträgt der Unterschied zwischen den weichen und den superweichen Reifen - zumindest bei Williams - zwischen sechs und acht Zehnteln pro Runde.

Lotus-Pilot Romain Grosjean sieht Mercedes ebenfalls auf die Plätze eins und zwei abonniert. "Ich kann nicht sagen wo wir stehen, denn das ist vertraulich, aber ich kann ganz eindeutig sagen, dass Mercedes das beste Team ist", sagte der Franzose gegenüber französischen Medien. "Ich denke, sie sind im Moment eine Sekunde vor dem Rest. Also haben sie recht beeindruckende Arbeit abgeliefert."

Setup-Sorgen und Streckenprobleme

Trotz der überlegenen Pace, die er an diesem Tag zeigte, war Rosberg nicht ganz zufrieden. "Obwohl die Zahlen während der frühen Runs den Eindruck vermittelten, dass wir mit dem Setup richtig liegen, waren wir eigentlich ziemlich weit entfernt von dem, wo wir sein sollten", klagte er. "Das war ungewöhnlich und hat uns etwas überrascht." Er habe viel Übersteuern bemerkt, das Heck sei unruhig gewesen und er habe keine Traktion gehabt. "Letztendlich, vor allem zum Ende hin, fühlte es sich dann immer besser an. Die weichen Reifen verleihen dir dann sowieso Grip. Deshalb ist die Balance nicht wirklich wichtig - es ist mehr oder weniger möglich, eine gute Runde zu fahren."

Am Samstag war Hamilton wieder an der Reihe und beklagte ähnliche Probleme wie Rosberg. "Mit einem Mal fühlte sich das Auto schlechter an als an meinem ersten Tag. Wir nahmen Veränderungen vor, um zu verstehen, ob etwas mit der Strecke passiert ist oder mit den Reifen", berichtete er. Letztendlich schob er die Veränderungen vor allem auf die Streckenbedingungen. "Die Strecke war heute wahrscheinlich mindestens eine halbe Sekunde, wenn nicht sieben Zehntel langsamer als am ersten Tag."

Letzten Endes herrschte bei Mercedes doch eitel Sonnenschein, Foto: Mercedes-Benz
Letzten Endes herrschte bei Mercedes doch eitel Sonnenschein, Foto: Mercedes-Benz

Passend zum Abschluss der Testfahrten verzogen sich bei Mercedes die Gewitterwolken und es herrschte wieder eitel Sonnenschein. Nach 148 Runden mit Setuparbeiten und einem Longrun auf den weichen Reifen kam Rosberg ins Schwärmen. "Es war ein unglaublicher Tag zum Testen, denn die Bedingungen da draußen waren so konstant, zum ersten Mal in diesem Winter." Der Longrun sei trotz der problematischen weichen Reifen gut verlaufen.

Das Testfazit fiel positiv aus, auch wenn Rosberg gegenüber Motorsport-Magazin.com nicht von einer klar erkennbaren Entwicklung sprechen wollte. "Wir haben schon mit einer sehr guten Basis angefangen", begründete er seine Einschätzung. Das Team habe jedoch ein paar große Setupänderungen vorgenommen. "Das war echt etwas Interessantes, das ich so noch nie erlebt habe, so große mechanische Veränderungen. Da haben wir schon ein paar interessante Sachen gefunden", verriet er.

Eine kleine Wolke bleibt jedoch am Sternenhimmel, denn hinter dem Aufgabenpunkt Zuverlässigkeit steht noch kein Haken. "Ich denke nicht, dass du dich bezüglich der Zuverlässigkeit jemals wohlfühlst. Du bringst das Auto ans Limit, daher kann Zuverlässigkeit immer ein Thema sein", meinte Hamilton, der jedoch von Verbesserungen in diesem Bereich berichtete. "Wir wissen nicht, was morgen oder im ersten Rennen passiert, aber das Team gibt alles, was es kann."

Rosberg wollte nicht von Sorgen sprechen, denn das sei nicht das richtige Wort. "Es ist einfach schwierig, diese Autos perfekt hinzubekommen", meinte er. "Das gilt für alle Teams. Das war letztes Jahr unsere Schwäche und das wollen wir dieses Jahr verbessern. Wir sind auf dem richtigen Weg, aber es ist noch früh in der Saison und es ist eine unserer größten Herausforderungen."