Wie begann Ihre Motorsportkarriere?

Tim Densham: Rennsport hat mich schon immer fasziniert. Nach meinem Universitätsabschluss arbeitete ich zunächst bei Rolls Royce. Eines Tages fiel mir eine Ausgabe der Fachzeitschrift "Autosport" in die Hände, in der zwei Stellenangebote ausgeschrieben waren – eines vom Shadow-Team, das andere von Lotus. Ich bewarb mich auf beide. Von Shadow erhielt ich einen Brief, in dem stand, dass sie zwischendurch Konkurs angemeldet hatten. Aber Lotus lud mich zu einem Vorstellungsgespräch ein. So begann alles...

Das alles geschah vor 25 Jahren. Was hat sich seitdem in Ihrem Beruf verändert?

Tim Densham: Die größten Veränderungen brachten aus meiner Sicht die Einführung der CAD-Technologie (Computer Aided Design) und die Fortschritte bei den Produktionstechniken mit sich. Heutzutage entwickeln wir ein Auto, produzieren die Komponenten und nach acht Tagen steht der Wagen fertig da. Das Besondere daran: Sämtliche Teile passen. Und wenn einmal etwas nicht hundertprozentig stimmen sollte, müssen wir nur kleinere Änderungen vornehmen. Vor 20 Jahren brauchten wir in diesen Fällen sehr gute Verbindungen zu den Zulieferern und mussten Nachtschichten einlegen, damit Lotus-Chef Colin Chapman am nächsten Morgen den Fehler nicht bemerkt.

Wie würden Sie den Renault R25 beschreiben?

Tim Densham: Im Grunde genommen handelt es sich bei diesem Auto um eine Evolution des R23 und des R24, der Modelle aus den beiden Vorjahren. Der R25 verbindet sozusagen das Beste aus diesen beiden Rennwagen. Durch die lange Vorlaufzeit in unseren Entwicklungsprozessen können wir die größten Risiken von vorneherein ausschließen. Wir berechnen und testen jedes einzelne Teil des neuen Autos und bauen es teilweise auch zu Versuchszwecken einen Testträger ein. Bei der Entwicklung des R25 kam es uns darauf an, alles so kompakt wie möglich zu bauen, um den Aerodynamikern alle Freiheiten bei der Gestaltung der Karosserie zu geben. Alles in allem haben wir meiner Meinung nach einen sehr guten Job gemacht, denn Chassis, Motor und Getriebe scheinen sehr gut miteinander zu harmonieren. Der R25 sieht wie ein Auto aus, das als Ganzes entwickelt wurde und nicht als Kombination einzelner Komponenten.

Renault F1 gehört zu den wenigen Teams, die sowohl Chassis als auch Motor selber entwickeln und produzieren. Wie müssen wir uns diesen Prozess vorstellen?

Tim Densham: Die Ingenieure beider Renault F1-Workshops verstehen die Aufgaben und Arbeitsweise des jeweils anderen Teams immer besser. Es findet eine umfangreiche Kommunikation zwischen Enstone und Viry-Châtillon auch über die kleinsten Details statt. Ich glaube, dass uns die Integration von Chassis und Motor von Jahr zu Jahr besser gelingt. Unsere Kollegen in Viry gehen immer sehr gut auf unsere Wünsche und Vorstellungen ein. Und ich denke, dass es anders herum genauso funktioniert.

Wo liegen ihre Prioritäten, wenn Sie ein Auto entwickeln?

Tim Densham: Zunächst einmal muss ein Rennwagen schnell sein. Egal wie handwerklich perfekt Sie ein Auto bauen – wenn es zu langsam ist, nützt es niemandem. Darüber hinaus ist die Kommunikation innerhalb des gesamten Teams sehr wichtig. Wir bei Renault F1 arbeiten in dieser Beziehung sehr gut miteinander. Viele gute Ideen kommen zum Beispiel von unseren Mechanikern, die Vorschläge machen, wie Teile modifiziert werden könnten. Durch das neue Reglement haben wir an den Rennwochenenden noch weniger Zeit, an den Autos zu arbeiten. Deshalb müssen sämtliche Komponenten leicht zugänglich sein. Ich wäre nie so vermessen, beim Renault R25 von "meinem" Auto zu reden. Es ist ein Produkt ausgezeichneter Teamarbeit.

Stichwort Weiterentwicklung. Wann beginnen Sie damit?

Tim Densham: Von Anfang an. Teilweise kommen uns bereits während der Entwicklungsphase gute Ideen, die aus verschiedenen Gründen aber nicht sofort umgesetzt werden können. Wir überlegen uns dann, zu welchem Zeitpunkt wir sie einführen. Schließlich entscheiden dann die Technischen Direktoren, wie wichtig die einzelnen Komponenten sind und wann wir sie produzieren sollen. Ich persönlich finde, man kann nie genug Entwicklungsteile herstellen. Wir sollten dem Testteam immer mehr Komponenten zur Verfügungen stellen, als sie tatsächlich testen können.

Nach 25 Jahren Formel 1: Was sind Ihre besten Erinnerungen?

Tim Densham: Als Renningenieur war es mein erster Sieg mit Lotus, als unser Pilot Elio de Angelis den späteren Weltmeister Keke Rosberg beim Großen Preis von Österreich um Haaresbreite schlagen konnte. Als Designer war es Fernando Alonsos erster Sieg beim Grand Prix von Ungarn 2003. Der erste Erfolg für ein Auto, für das ich verantwortlich zeichnete. Ich hoffe, da kommen noch einige mehr dazu.