Sir Frank Williams im Interview

Es vergeht derzeit kaum ein Tag, an dem die Zukunft der Formel 1 nicht in der Diskussion steht. Wie blicken Sie der Zukunft entgegen?

Frank Williams: Mit mehreren Jahrzehnten Formel-1-Erfahrung im Rücken betrachte ich das eher philosophisch. Bedrohungen und Herausforderungen kommen und gehen. Solange jeder darauf achtet, dass wir guten Rennsport liefern, den die Fans sehen wollen, wird die Formel 1 bestehen und florieren. Nicht nur in der Formel 1, sondern allgemein im Leben wird sehr viel Energie auf politischen Nebenschauplätzen verbraucht. Aber solange wir auf die wichtigen Elemente fokussiert bleiben, wird auch das Interesse vorhanden sein und damit auch die finanzielle Grundlage, die uns ermöglicht, Rennen zu fahren.

Wie sehen Sie die Rolle der FIA und der FOM?

Frank Williams: FIA und FOM haben in den vergangenen Jahrzehnten gute Entscheidungen in der Führung bzw. in kommerziellen Belangen getroffen. Sie haben die Bedeutung und die Anziehungskraft der Formel 1 vor anderen international aufstrebenden Sportarten manifestiert. Aber es ist wichtig, dass wir die bestehenden Arrangements hinterfragen und eine Lösung finden, um den Sport so zu organisieren, dass die Teams solvent und die Hersteller an Bord bleiben. Und, das ist sehr wichtig, wir müssen für den Unterhaltungswert sorgen. Diese Vorgaben erfüllen wir wirklich nicht immer.

Wie geht es WilliamsF1 in diesen unruhigen Zeiten?

Frank Williams: Die Lage ist weiterhin nicht einfach. Aber wir sind noch immer ein unabhängiges Unternehmen und haben in BMW einen sehr fähigen und mit guten Ressourcen ausgestatteten Partner. Das passt beiden Parteien gut. Wir investieren viel Energie, um unsere beiden Organisationen nahtlos technisch zu vernetzen. Das zahlt sich aus. Was die kommerzielle Seite betrifft, so sind wir weiterhin rege und freuen uns, 2005 wichtige neue Partner begrüßen zu dürfen. Wir wissen, dass das nicht selbstverständlich ist. Und wir wissen auch, dass wir etwas falsch machen, wenn wir trotzdem keine Titel gewinnen.

Gab es Mengenrabatt dafür, dass Sie gleich beide Fahrer ausgetauscht haben?

Frank Williams: Es wird natürlich eine Weile dauern, bis die Neuen im Team Fuß gefasst haben. Aber ich bin überzeugt, dass sie viel Schwung einbringen. Nicht nur, weil sie bei jeder Gelegenheit bestätigen wollen, dass sie die richtige Wahl waren. Man darf auch den Ansporn für unsere Mitarbeiter nicht unterschätzen, mit neuen Gesichtern zu arbeiten. Ich will damit Ralfs und Juans Leistungen keineswegs schmälern, aber es herrscht spürbare Vorfreude auf die kommende Saison.

Sam Michael im Interview

2004 wurden Sie der jüngste Technische Direktor der Formel 1. Empfinden Sie angesichts der Berufserfahrung von Amtskollegen einen besonderen Druck?

Sam Michael: Für solche Gedanken habe ich gar keine Zeit. Seitdem ich hier bin, habe ich immer mit großem Ehrgeiz an jedem Chassis gearbeitet, das hier entstand. Andere haben mehr Erfahrung, aber ich habe ein gutes Team um mich herum: Gavin Fisher, Loïc Bigois, Frank Dernie, Rob Gearing und natürlich Patrick Head. Die Mannschaft ist wichtiger als ein Einzelner. Meine Aufgabe ist es, jeden auf den Weg zu bringen, den ich für die richtige Richtung halte und ihnen hohe Ziele vorzugeben.

Es gibt nicht viele Australier in der Formel 1, aber die sind in hohen Positionen. Ist Erfolg eine Frage der Mentalität?

Sam Michael: Nun ja, wenn man in Australien in den Motorsport hineinwächst, muss man mit dem, was man zur Verfügung hat, einfallsreich umgehen. Dort wird erheblich weniger in den Rennsport investiert als in Europa. Aber ich denke keinesfalls, dass die Nationalität über den Erfolg oder Misserfolg eines Menschen entscheidet.

Ihr Beruf lässt Ihnen wenig Freizeit. Was tun Sie in dieser wenigen Zeit abseits der Strecke, um zu entspannen?

Sam Michael: Ich verbringe Zeit mit Vanessa und unseren beiden Kindern, Toni and Jac. Wir versuchen, einmal im Jahr für eine Woche gemeinsam wegzufahren, meistens nach Frankreich. Gelegentlich ergibt sich auch unterwegs mal ein freier Tag, aber das ist in meiner neuen Position schwieriger geworden. Ich laufe gern und habe auch einen Ergometer zu Hause. Wann immer es geht, setze ich mich abends da noch zwanzig Minuten drauf. Außerdem surfe ich gern. Und wenn ich einen Tag im Rahmen des australischen Grand Prix freischlagen kann, gehe ich dort gerne mit Freunden aus.

Ihre Frau ist eine ehemalige australische Meisterin im 400-Meter-Lauf. Machen Sie Jogging-Ausflüge mit ihr?

Sam Michael: Sonntags gehe ich manchmal mit Vanessa laufen. Ich habe sie aber nur einmal abhängen können – da war sie im sechsten Monat schwanger. Sonst hatte ich nie eine Chance gegen sie. Ihre Gegenwart ist sehr inspirierend. Sie hat mit ihren juristischen Auszeichnungen und Erfolgen im Sport schon sehr jung sehr viel erreicht. Ohne ihre Unterstützung könnte ich mein Formel-1-Engagement definitiv nicht aufrechterhalten.

Was würden Sie wohl tun, wenn Sie nicht in der Formel 1 wären?

Sam Michael: Ich kann mir wirklich nicht vorstellen, irgendetwas anderes zu tun. Müsste ich das, würde ich sagen, Raumfahrt oder Bergbau kämen in Frage. Aerodynamik und der schwere Maschinenbau für Minen haben mich immer interessiert.

Mario Theissen im Interview

Die FIA hat zum dritten Mal in Folge die Laufleistung für die Motoren erhöht. Wie sehen Sie diese Entwicklung?

Mario Theissen: Grundsätzlich unterstützt BMW Maßnahmen, die der Kostenreduzierung dienen. Diesen Zweck kann die Vorgabe, mit einem Motor 1500 Kilometer zu bestreiten, mittelfristig erfüllen. Und unter dem Aspekt der Kosteneinsparung sehen wir diese Reglementänderung auch.

Welchen Entwicklungsaufwand erforderte die Änderung?

Mario Theissen: Zunächst einmal hat sie vermeidbaren Aufwand verursacht. Dadurch, dass die erneute Verdoppelung der Laufleistung erst im Juli bekannt gegeben wurde, waren viele bis dahin getroffene Vorbereitungen vergebens. Der P85 hatte bereits Prüfstandsreife. Mit Kenntnis der neuen Vorgabe sind wir sofort daran gegangen, auf Basis des BMW P84 der Saison 2004 einen neuen Motor zu entwickeln, der standfest für zwei Veranstaltungen ist.

Wie erreicht man die Erhöhung der Standfestigkeit?

Mario Theissen: Jedes einzelne der mechanisch und thermisch hoch belasteten Bauteile muss widerstandsfähiger ausgelegt werden. Dies führt schnell dazu, dass der Motor größer und schwerer wird, was wiederum Drehzahl und somit Leistung kostet. Diese Einbußen durch neue Lösungen zu minimieren, war eine sehr komplexe Aufgabe für die BMW Ingenieure.

Was wünschen Sie sich bezüglich des Reglements für die Zukunft?

Mario Theissen: Erstens Stabilität. Bei unserem Einstieg durften wir diese bis zum Auslaufen des Concorde Agreements Ende 2007 erwarten. Zweitens muss die Formel 1 Spitzentechnologie bieten. Das ist ein großer Teil ihrer Faszination. BMW tritt in der Formel 1 nicht als Sponsor an, sondern um technische Kompetenz im Motorenbau zu demonstrieren.

Und sportlich?

Mario Theissen: Nach vier sehr erfolgreichen Jahren sind wir 2004 erstmals hinter den Erwartungen geblieben. 2005 wollen wir mit neuen Fahrern, neuem Chassis und neuem Motor zu alter Stärke zurückfinden. Strukturelle und personelle Maßnahmen sowie der neue Windkanal müssen Früchte tragen.

Freut sich BMW über einen auf 19 Rennen erweiterten Kalender?

Mario Theissen: Neue Austragungsländer bedeuten ein Stück Zukunftssicherung für die Formel 1. So kann die Wirtschaftskraft weiterer Märkte erschlossen werden. Selbstverständlich bedeutet eine Saison mit 19 Rennen höhere Einsatzkosten als eine mit 16, 17 oder 18 Grands Prix wie in den vergangenen Jahren. Diese Mehrkosten sollten durch eine Beschränkung der Testfahrten aufgefangen werden.

Profitiert die BMW Serienentwicklung vom F1-Engagement?

Mario Theissen: Auf jeden Fall. Mit der Standortwahl und der direkten Anbindung der Formel-1-Fabrik haben wir von Anfang an kurze Wege zwischen Serie und Rennsport geschaffen. So kann die Formel-1-Entwicklung auf das Know-how des BMW Forschungs- und Innovationszentrums FIZ zugreifen. Für das FIZ wiederum stellt das F1-Projekt mit seinen extremen Anforderungen ein hervorragendes Labor dar, einen realen Technologiebeschleuniger. Zudem haben wir unsere F1-Gießerei mit der Seriengießerei vernetzt und es mit der Teilefertigung genauso gehalten. In allen Bereichen wird der Austausch sowohl durch räumliche Nähe als auch durch Verantwortlichkeiten generiert. So werden F1-Gießerei und –Teilefertigung von den Experten betrieben, die auch Serienteile gießen und bearbeiten. In Summe generieren wir in kurzen Zeiträumen Innovationen für die kommende Generation von BMW Serienmotoren. Vergleichbare Synergien ergeben sich inzwischen in den Bereichen Getriebe und Antriebsstrang.