Lewis Hamilton oder Nico Rosberg. Einer von ihnen wird sich am nächsten Sonntag zum Formel-1-Weltmeister krönen. Entweder Hamilton nach 2008 zum zweiten Mal oder Rosberg erstmalig. Der Showdown in Abu Dhabi ist das ultimative Finale eines Duells, das nicht erst in dieser Saison entbrannt ist, sondern bis in die Kindertage der beiden Kontrahenten zurückreicht. Motorsport-Magazin.com beleuchtet die sich immer wieder kreuzenden Laufbahnen der Titelaspiranten.

Teamkollegen zu Kart-Zeiten

Sowohl Hamilton als auch Rosberg begannen ihre Motorsportkarrieren im Kart. Nachdem Hamilton McLaren-Teamchef Ron Dennis 1995, im Alter von zehn Jahren, angesprochen und um ein Formel-1-Cockpit gebeten hatte, meldete sich dieser drei Jahre später bei ihm und nahm ihn ob seiner starken Leistungen in das Nachwuchsprogramm des britischen Traditionsrennstalls auf.

Hamilton wurde Kart-Europameister, Foto: Sutton
Hamilton wurde Kart-Europameister, Foto: Sutton

Im Jahr 2000 stieg Hamilton in die Formula A auf, wo er gemeinsam mit Rosberg für den Rennstall TeamMBM.com antrat. Das Duo dominierte die Serie und Hamilton kürte sich mit dem Punktemaximum vor Rosberg zum Kart-Europameister. Auch im Jahr darauf blieben die beiden Teamkollegen, stiegen jedoch in die höherklassige Formel Super A auf.

Dino Chiesa hatte das Duo damals als Teamchef unter seinen Fittichen. "Die beiden sind auch damals schon hart miteinander umgegangen, haben sich auf der Kart-Strecke keinen Zentimeter geschenkt", erinnert er sich. "Die Formel 1 war immer das Ziel von beiden, das stand in ihren Augen, wenn sie den Helm vor Rennstart aufgesetzt haben. Die beiden kannten ihren Weg ganz genau."

Hamilton und Rosberg fuhren für TeamMBM.com, Foto: Sutton
Hamilton und Rosberg fuhren für TeamMBM.com, Foto: Sutton

Wiedervereint in der Formel 3

Nach den gemeinsamen Kart-Jahren trennten sich die Wege von Hamilton und Rosberg vorerst. Den Briten verschlug es 2001 und 2002 in die Formel Renault, während Rosberg in der Formel BMW an den Start ging. Hamilton blieb auch 2003 in der britischen Formel Renault, die er mit zehn Siegen in 15 Rennen überlegen gewann, wohingegen sich Rosberg bereits in die Formel 3 Euro Series wagte.

Jubel über den Doppelsieg in Bahrain, Foto: Sutton
Jubel über den Doppelsieg in Bahrain, Foto: Sutton

Am Ende der Saison 2003 kam es für das Duo zu einem Wiedersehen. Sowohl Hamilton als auch Rosberg traten beim Korea Super Prix sowie dem Macau Grand Prix an, um sich mit den besten Nachwuchspiloten der Welt zu messen. Hamilton startete in Korea zwar von der Pole Position, schied im Rennen allerdings aus, während Rosberg nicht über den elften Platz hinauskam. In Macau sahen beide nicht die Zielflagge.

2004 vollzog auch Hamilton den Sprung in die Formel 3 Euro Series und traf somit dauerhaft auf seinen Kollegen aus Kart-Tagen. Rosberg, der für das Team seines Vaters Keke startete, gewann die ersten beiden Saisonrennen und wurde schlussendlich Gesamtvierter, Hamilton feierte einen Sieg und belegte zwei Punkte hinter dem Deutschen den fünften Rang. Auch in Macao war das Duo wieder am Start, der Erfolg fiel jedoch ähnlich überschaubar wie in der Vorsaison aus. Dafür setzte es beim Bahrain Superprix einen Doppelsieg - mit Hamilton vor Rosberg.

Spaß beim Kochen in Macao, Foto: Sutton
Spaß beim Kochen in Macao, Foto: Sutton

Erfolge in der GP2

Im Jahr darauf trennten sich die Wege wieder. Hamilton blieb eine zweite Saison in der Formel 3 Euro Series, die er in überlegener Manier für sich entschied, Rosberg stieg hingegen in die GP2 auf, die 2005 als Unterbau der Formel 1 ihre Premiere feierte. Der gebürtige Wiesbadener und Wahl-Monegasse krönte sich prompt zum Champion, was ihm die Tür zur Königsklasse aufstieß.

Rosberg gewann die GP2 2005, Hamilton 2006, Foto: Sutton
Rosberg gewann die GP2 2005, Hamilton 2006, Foto: Sutton

Rosberg unterschrieb 2006 einen Vertrag beim Team Williams, für das er bereits parallel zu seinen GP2-Einsätzen getestet hatte. Während der Deutsche seine erste Formel-1-Saison bestritt, trat Hamilton in der GP2 an und gewann ebenfalls sofort den Titel. Daraufhin gelang auch ihm der Sprung in die Formel 1 zu McLaren, sodass er sich 2007 erneut mit Rosberg auf der Rennstrecke messen konnte.

Hamiltons kometenhafter Aufstieg

So gleichförmig Hamiltons und Rosbergs Karrieren bis zu diesem Zeitpunkt auch verlaufen waren, so unterschiedliche Wendungen nahmen sie ab ihrem Einstieg in die Formel 1. Rosberg hatte es schwer, mit dem Williams-Boliden gute Ergebnisse einzufahren und schaffte erst 2008, in seiner dritten Saison, den Sprung auf das Podium. Er wurde beim Saisonauftakt in Melbourne Dritter, Hamilton gewann.

Großer Jubel bei der Weltmeisterparty, Foto: Sutton
Großer Jubel bei der Weltmeisterparty, Foto: Sutton

Hamilton hingegen startete in der Formel 1 sofort durch, stand in den ersten neun Rennen seiner Rookie-Saison auf dem Podium und verpasste den Titel um lediglich einen Punkt. 2008 sollte es dann aber soweit sein und der Brite krönte sich im wohl dramatischsten Finale der Formel-1-Geschichte zum Weltmeister.

Hamilton hielt McLaren bis 2012 die Treue, Rosberg heuerte bereits 2010 beim neugegründeten Mercedes-Werksteam an und wurde Teamkollege von Michael Schumacher. Es war dem Deutschen vorbehalten, sowohl den ersten Podestplatz (Malaysia GP 2010) als auch den ersten Sieg (China GP 2012) für die Silberpfeile einzufahren.

Hamilton gratuliert Rosberg zu dessen erstem F1-Podium, Foto: Sutton
Hamilton gratuliert Rosberg zu dessen erstem F1-Podium, Foto: Sutton

Wiedervereint bei Mercedes

Als sich Schumacher dazu entschloss, seine Karriere endgültig zu beenden, machte sich Mercedes auf die Suche nach einem würdigen Nachfolger und wurde in Hamilton fündig - das Duo aus Kart-Zeiten war wieder vereint! Obwohl Hamilton nur einen Sieg feierte, während Rosberg zwei Mal gewann, behielt der Brite 2013 im teaminternen Duell die Oberhand und schloss die Saison als Vierter ab.

2013 kam es zur Wiedervereinigung bei Mercedes, Foto: Sutton
2013 kam es zur Wiedervereinigung bei Mercedes, Foto: Sutton

Aufgrund des neuen Motorenreglements avancierte Mercedes 2014 zum Klassenprimus der Formel 1 und war für die Konkurrenz aus eigener Kraft unschlagbar. So kam es, dass sich Hamilton und Rosberg die Rennsiege untereinander ausmachten und schon bald feststand, dass einer von ihnen die WM-Krone erobern würde.

Mit dieser Möglichkeit vor Augen, gewann das Duell zusehends an Schärfe, die ehemals zelebrierte Freundschaft trat sukzessive in den Hintergrund. Im Qualifying zum Großen Preis von Monaco verbremste sich Rosberg, woraufhin Hamilton wegen gelber Flaggen nicht in der Lage war, seine Zeit zu verbessern, vom zweiten Platz starten musste und auf dem engen Straßenkurs keine Chance hatte, das Rennen zu gewinnen.

Belastetes Verhältnis

"Um ehrlich zu sein, war Nico nie in Deutschland, also ist er kein Deutscher", stichelte Hamilton in weiterer Folge gegen seinen Stallgefährten und kehrte hervor, wie schwierige seine Kindheit unter ärmlichen Verhältnissen in England gewesen sei, wohingegen Rosberg im mondänen Monaco in Saus und Braus aufgewachsen wäre. Trotz einer Aussprache blieb das Verhältnis belastet und sollte in Belgien auf eine regelrechte Nagelprobe gestellt werden.

Rosberg wollte auf der Ardennen-Achterbahn von Spa nach verlorenem Start die Führung zurückerobern, schlitzte dabei jedoch Hamiltons Reifen auf. Rosberg wurde schlussendlich Zweiter, Hamilton schied aus und kochte vor Wut. Er warf seinem Teamkollegen vor, den Unfall absichtlich in Kauf genommen zu haben. Die Teamleitung rund um Niki Lauda und Toto Wolff schlug sich auf Hamiltons Seite und fortan hatte der Brite Oberwasser.

Wer hat im Titelkampf die Nase vorne?, Foto: Sutton
Wer hat im Titelkampf die Nase vorne?, Foto: Sutton

Hamilton gewann die folgenden fünf Rennen, übernahm die WM-Führung und löste nebenbei Nigel Mansell als erfolgreichsten britischen Formel-1-Piloten ab. Kaum jemand hätte es für möglich gehalten, dass Rosberg beim Finale in Abu Dhabi nicht mehr aus eigener Kraft Weltmeister werden kann, doch Hamiltons Lauf erlaubt es ihm, sich trotz der doppelten Punkte einen zweiten Platz zu leisten.

Noch acht Tage, dann erreicht das seit anderthalb Jahrzehnten schwelende Duell seinen Höhepunkt. Wer sich am Ende auch immer durchsetzen wird, egal ob Hamilton oder Rosberg, der Triumph wird nicht nur wegen des Gewinns des Weltmeistertitels besonders süß schmecken.