Unter den Stahl-Traversen der historischen Eisenbahnstation "Estaicón da Franca" wurde heute in Barcelona mit dem Toyota TF105, theoretisch, eines der Siegerautos der kommenden Saison präsentiert – geht man von dem ehrgeizigen Fünfjahresplan aus, den Toyota beim Formel 1-Einstieg im Jahr 2002 verlautbart hat. Dessen ist sich auch Teamchef Tsutomu Tomita bewusst: "Unser ultimatives Ziel ist es, in der Formel 1 zu siegen, aber wir wissen, dass man dafür Zeit benötigt."

2004 war ein schwieriges Jahr für Toyota – die planmäßigen Podestplätze waren außer Reichweite. Und so muss der Masterplan relativiert werden, Tomita sagt: "Unser Ziel ist es, mit dem TF105 einen bedeutenden Schritt in Richtung Siege zu machen." Ob Toyota in der kommenden Saison wieder zu jener Stärke zurückfinden kann, welche man beim Debüt an den Tag legen konnte, liegt also an jenem TF105, der heute der Weltöffentlichkeit vorgestellt wurde.

Geleitet wurde das Projekt von den für Chassis und Motor zuständigen Technischen Direktoren Mike Gascoyne und Luca Marmorini – wenig überraschend ist der TF105 eine Evolution, dem Übergangsmodell TF104B sehr ähnlich. Gascoyne erklärt: "Sobald wir eine Vorstellung des Reglements für 2005 erhielten, setzten wir umgehend unsere Entwicklungsziele, um 2005 einen Vorteil zu erlangen." Es wurden zwei Projektgruppen gebildet – eine für die Weiterentwicklung des TF104 respektive die Entwicklung des TF104B, eine für die Konzeption des TF105. Ihr stand der Österreicher Gustav Brunner vor. Der Bolide wurde früh fertig, Toyota hat ausreichend Zeit, um den neuen Boliden zu schärfen – dafür musste man "unglücklicherweise die Weiterentwicklung des TF104B vorzeitig stoppen", wie Gascoyne erklärt.

Die Ingenieure mussten, wie ihre Kollegen von der Konkurrenz, vor allem auf das neue technische Regelwerk reagieren. Dieses soll die hohen Kosten reduzieren und die "Show verbessern" – Toyota`s Präsident John Howett hofft, dass die Änderungen ihre Wirkung zeigen, andernfalls hofft er wiederum, dass "die Verantwortlichen flexibel genug sind, um auf sensible Art und Weise abermals Korrekturen vorzunehmen."

Aerodynamik: 25 Prozent weniger Abtrieb

Die größte Herausforderung in punkto Regeländerungen sei die Aerodynamik gewesen, sagt Mike Gascoyne. "Mit Änderungen beim Front- und Heckflügel, sowie beim Diffusor." Man habe "zirka 25 Prozent an aerodynamischem Abtrieb verloren", doch im Laufe der Saison wolle man "wieder einige Prozentpunkte gutmachen".

Das heute präsentierte Aerodynamikpaket ähnelt in vielen Bereichen dem TF104B, die Seitenkästen beispielsweise, oder die schlanker verlaufende Nase und die ausgebuchtete Frontflügelhalterung. Das Heckflügelkonzept jedoch wirkt beim TF105 etwas extremer. Die früher Toyota-typischen Kiemen an den Seitenkästen mussten wie schon beim TF104B einem Kamin weichen. Auch die Auspuffanlage ist eine Weiterentwicklung jener des TF104B.

In Melbourne allerdings wird der TF105 mit einem neuen Aero-Set Up antreten - laut Presseaussendung soll sich dadurch die "ästhetische Erscheinung" des Boliden "substanziell ändern".

Im Fokus: Der Schwachpunkt Heck

Gustav Brunner erläutert, wodurch sich der TF105 von seinen Vorgängern unterscheidet: "Zum Unterschied zu den Vorgängermodellen besteht der TF105 aus vielen Teilen, die übernommen wurden. Auf der mechanischen Seite haben wir hart gearbeitet, den TF104B leichter als den TF104 zu halten. Dies hat sich nun auf natürliche Weise auf den TF105 übertragen – doch der Teufel steckt im Detail, daher gibt es am TF105 einige Neuerungen im Bereich der Mechanik."

Technikdirektor Gascoyne fügt hinzu: "Gustav und sein Team haben die gesamte Mechanik überarbeitet, vor allem aber das Heck, wir fühlten, dass das Heck eine unserer Schwächen im letzten Jahr war." Zudem habe man, wie immer bei der Entwicklung eines neuen Boliden, versucht, den Schwerpunkt zu senken und das Gewicht zu reduzieren. Zugleich habe man die Steifheit des Chassis verbessert, und auch ein leichteres und zugleich verwindungssteiferes Getriebe gebaut.

Im Vordergrund stand auch eine "Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Chassis- und Motorenabteilung" – dies habe beim TF105 zu einer "besseren Integration des Motors" geführt.

Motor: Selbes PS-Level, doppelte Lebensdauer

Der Motor muss in der kommenden Saison zwei Rennwochenenden überstehen, der neue RVX-05 ist eine Weiterentwicklung des RVX-04 – man habe jedoch früh damit begonnen, sensible Teile wie die Kurbelwelle oder den Motorblock zu verstärken, sagt Motorenchef Luca Marmorini. Im Endeffekt musste aber "jeder Teil einem extensiven Zuverlässigkeitstest unterzogen werden". Schon im Juli wurde am Prüfstand eine Hybridversion des RVX-05 gezündet.

Marmorini erklärt stolz: "Wir werden die Saison 2005 mit dem selben Level an PS starten, wie wir die Saison 2004 beendet haben – nur mit der doppelten Lebensdauer." Ein Beweis dafür, dass die Zweiwochenendmotoren zumindest in punkto Speedreduktion keinerlei Wirkung haben. Wie auch immer – das Toyota-Aggregat galt schon im letzten Jahr als eines der stärksten. Es wird darauf ankommen, welche Fortschritte die Chassisabteilung mit dem TF105 leisten konnte und ob der Problembereich Heck damit beseitigt werden konnte.

Dass es der Designabteilung mit der sanften Evolution TF105 gelungen ist, dem ehrgeizigen Fünfjahresplan zumindest annähernd entsprechen zu können oder gar an die starken Einstiegsleistungen anzuschließen – darauf hoffen natürlich die beiden Einsatzpiloten Jarno Trulli und Ralf Schumacher. Toyota hat erstmals zwei GP-Sieger im Stall…

Ralf Schumacher hofft auf einen Ferrari-Effekt: "Die Chassis- und die Designabteilung im selben Haus zu haben, ist sehr wichtig – denn alle arbeiten an einem gemeinsamen Ziel. Dass Toyota in Deutschland stationiert ist, stellt ein weiteres Plus für mich dar." Jarno Trulli ist für sein neues Team bereits beim Japan-GP angetreten – er dämpft allzu hohe Erwartungen: "Wenn man von unserer Position im letzten Jahr ausgeht, kann man einen weiteren Schritt in Richtung Spitze erwarten, dazu ist Toyota sicher in der Lage, aber man muss die Dinge Schritt für Schritt angehen." Unterstützt werden Ralf Schumacher und Jarno Trulli von Ex-Einsatzfahrer Olivier Panis, der als Test- aber auch als Ersatzrennfahrer agieren wird, und von Ricardo Zonta, der an den GP-Freitagen den dritten Wagen steuern wird. Beide sind mit dem Team familiär – die beiden Neuen also an der Front, während die "alteingesessene Garde" die Entwicklungsarbeit vollbringt. Toyota hat also vier gute Piloten an Bord.

Vom Budget her ist Toyota bekanntlich wenig beschränkt - hält der TF105, was er verspricht, sollte einem Aufstieg nichts mehr im Wege stehen…

Technische Daten TF105

Chassis TF105
Monocoque Karbonfiber Konstruktion
Benzintank ATL Sicherheitszelle
Dämpfer Sachs/Toyota
Räder BBS
Reifen Michelin
Bremsen Brembo
Bremsmaterial Hitco
Steuerung Toyota Servolenkung
Lenkrad Toyota/Magneti Marelli
Sicherheitsgurte Sparco
Elektronik Toyota/Magneti Marelli
Getriebe Toyota/Xtrac Siebenganggetriebe
Radstand 3.090 mm
Länge 4.530 mm
Höhe 950 mm
Breite 1.800 mm
Gewicht 600 kg (mit Fahrer & Kamera)

Technische Daten RVX-05

Motor RVX-05
Bezeichnung RVX-05
Anzahl der Zylinder 10
Hubraum 2998cc
PS mehr als 900 PS
Drehzahl 19.000 Umdrehungen
Zündkerzen Denso
Benzin Esso
Schmieröle Esso