Michael Schumacher. Wie beginnt man ein Portrait über den erfolgreichsten Formel 1-Piloten aller Zeiten? Was gibt es über jemanden noch zu schreiben, der alles gewonnen hat was es in seiner Sportart zu gewinnen gibt? Was kann über ihn noch gesagt werden, dass noch nicht in einem von unzähligen Artikeln, Portraits, Fernsehbeiträgen oder Büchern niedergeschrieben oder gesagt wurde? Wo soll man beginnen?

Vielleicht bei seiner unglaublichen Erfolgsgeschichte und seiner sich in astronomischen Höhen befindlichen Siegstatistik? Bei seinen 83 Grand Prix Siegen. Bei seinen 213 Grand Prix Teilnahmen. Bei seinen 137 Podestplätzen. Bei seinen 63 Pole Positions. Bei seinen 66 schnellsten Rennrunden. Bei seinen sieben Weltmeistertiteln. Bei seinen 1.108 WM-Punkten. Bei seinen 103 Startplätzen in der ersten Startreihe. Oder bei einem seiner anderen Rekorde aus einer schier unendlichen Liste an Bestwerten? Besser nicht, denn all diese Bestmarken könnten schon morgen überholt und veraltet sein...

Sollten wir dann also besser den klassischen Einstieg wählen? Der 1,74 m große, gelernte Kfz-Mechaniker wurde am 3. Januar des schönen Jahres 1969 als Sohn eines Kartbahnpächters in Hürth-Hermülheim geboren... Nein, diese Variante wird dem besten F1-Piloten seiner Zeit und dem besonderen Anlass nun wirklich nicht gerecht.

Beginnen wir also lieber mit dem Moment seines größten Erfolges? Eine gute Idee, welche jedoch schon bald an ihre Grenzen stößt: Denn was war Michael Schumachers größter Erfolg? War es der Gewinn seines ersten Formel 1 WM-Titels, welchen er anno 1994 trotz einiger regeltechnischer Diskussionen und eines Unfalls im letzten Saisonrennen in Adelaide mit dem Benetton-Team für sich sichern konnte?

Oder war es der Gewinn seines insgesamt dritten Fahrerweltmeistertitels im Jahr 2000, als er nach vielen Jahren der Aufbauarbeit zusammen mit der Scuderia Ferrari den WM-Pokal erstmals seit dem Jahr 1979 wieder nach Maranello holte? Oder war es überhaupt keiner seinen vielen Titelgewinne, sondern sein erster Grand Prix Sieg mit Benetton-Ford in seinem so genannten Wohnzimmer Spa-Francorchamps 1992? Die überlegenen Triumphfahrten in den Jahren 2002 und 2004? Oder sein erster Sieg in Rot im verregneten Barcelona 1996?

Diese Liste ließe sich wohl ewig fortsetzen und würde die Aufgabe eines perfekten Einstiegs wohl nie erfüllen. Also drehen wir den Spieß doch einfach um und versuchen es mit dem Moment seiner größten Niederlage. Des schlimmsten Schocks in seiner sportlichen Karriere.

Aber auch hier ist die Auswahl überraschend groß: Waren es die Disqualifikationen und Betrugsvorwürfe zu Benetton-Zeiten? Die hitzigen Gefechte mit Damon Hill und Jacques Villeneuve auf und neben der Rennstrecke? Die Kollisionen in den WM-Finals von 1994 und 1997 sowie die anschließende Aberkennung des Vizeweltmeistertitels 1997? Oder war es doch sein bislang schlimmster Unfall am 11. Juli des Jahres 1999 im britischen Silverstone, als er sich nach einem technischen Defekt in der ersten Rennrunde in der Stowe-Corner sowohl das rechte Schien- als auch das rechte Wadenbein brach?

Womöglich ist es am besten einfach andere über ihn sprechen zu lassen, wenn man herausfinden möchte wer dieser Michael Schumacher wirklich ist. "Was soll ich sagen? Michael ist schnell, sogar unglaublich schnell. Und er ist engagiert, intelligent, topfit, und jederzeit bereit. Michael ist ohne jeden Zweifel der beste Fahrer mit dem ich je das Glück hatte zusammen arbeiten zu dürfen." So die Worte von Schumachers langjährigem Benetton- und Ferrari-Weggefährten Ross Brawn. Dem Mann, der Schumacher während der Rennen immer mit seinen genialen strategischen Schachzügen ins Ohr flüstert.

Eine andere wichtige Seite des Seriensiegers beleuchtet sein enger Freund und Teamboss Jean Todt: "Die Scuderia ist längst seine zweite Familie. Wir beide verstehen uns auch ohne Worte. Michael trägt das Ferrari-Pferd in seinem Herzen und jeder bei Ferrari verehrt ihn geradezu grenzenlos."

Und egal wie viele Statistiken, Erfolge, große oder auch niederschmetternde Momente man in der langen und glänzenden Karriere des Michael Schumacher auch finden kann, so führt der beste Weg – so zu sagen die Ideallinie – um den Mann zu beschreiben, dessen offizielle Biographie aus der Feder seiner Pressedame Sabine Kehm einfach nur "SCHUMACHER" heißt, über jenen Michael Schumacher, den die meisten gar nicht kennen.

Es ist der Weg der all die allgemein verbreiteten Meinungen und Vorurteile über einen arroganten, überheblichen und kühl berechnenden Perfektionisten außen vor lässt und sich stattdessen auf jenen Michael Schumacher konzentriert, der sich als Familienmensch für Hilfsbedürftige einsetzt, Jahr für Jahr mehr oder minder öffentlich beachtet Millionenbeträge für Kinder in Not spendet und seine eigene Familie am liebsten weit weg vom künstlichen F1-Paddock weiß.

Wer ist dieser Kerpener also genau? Er ist ein Mensch wie jeder andere auch. Ein liebender Familienvater. Und zufällig eben auch noch der erfolgreichste Formel 1 Pilot aller Zeiten...