Donnerstagabend in Monaco. Der Regen aus dem Freien Training hat sich allmählich verzogen, dennoch ist es noch spürbar kühl im beengten Fahrerlager des Fürstentums. Zum Glück gibt es Jacken. Eine solche schadet auch im gut klimatisierten McLaren Brand Centre, so nennt sich der Motorhome-Palast von Ron Dennis offiziell, keinesfalls. "Kimi ist gleich da", sagt die McLaren-Pressesprecherin beruhigend, um sich nach kurzem Zögern schnell zu verbessern: "Kevin natürlich, Kevin ist gleich da."

Ein bisschen erinnert der McLaren-Rookie tatsächlich an einen seiner finnischen Vorgänger in Woking. Er stammt als Däne ebenfalls aus dem Norden Europas, wenn auch nicht ganz so weit nördlich wie der Iceman. Er ist noch blutjung und er ist nicht unbedingt ein Freund vieler Worte, was man ihm in seinem jungen Alter von 21 Jahren aber locker verzeiht.

Kein Kampf um den Sieg mehr

Kevin Magnussen mit unserer Motorsport-Magazin.com Redakteurin Kerstin, Foto: McLaren Mercedes
Kevin Magnussen mit unserer Motorsport-Magazin.com Redakteurin Kerstin, Foto: McLaren Mercedes

Für einen Rookie wie Magnussen ist der Sprung aus der Renault World Series in die Formel 1 durchaus beachtlich. "Es ist ein großer Schritt, in jeder Hinsicht", bestätigt Magnussen, nachdem er neben der Motorsport-Magazin.com-Redakteurin Platz genommen hat. "Ich arbeite jetzt mit mehr Leuten im Team zusammen. Das Auto ist komplexer und schneller. Der Lifestyle ist anstrengender. Man muss sich an viele Dinge gewöhnen, wenn man in die Formel 1 kommt."

Eine Situation, die Eric Boullier, Magnussens Renndirektor und de facto Teamchef, als Rookie-Syndrom bezeichnet. Jeder Fahrer, der aus einer Nachwuchskategorie wie der Formel 3 Europameisterschaft, der GP2 oder eben der Formel Renault 3,5 in die Königsklasse aufsteigt muss eines verinnerlichen: "Wenn man nicht das beste Auto hat, kann man nicht um den Sieg fahren."

Damit haben die meisten Neulinge Schwierigkeiten, betont Boullier. Mit dem Feedback und der Arbeit seines Piloten ist der Franzose sehr zufrieden. "Er schlägt sich für einen Rookie sehr gut", sagt der Renndirektor. Einen Nachteil gegenüber einer Fahrerpaarung mit zwei erfahrenen Piloten sieht der Ex-Lotus-Mann nicht.

Rookie-Syndrom trifft alle Toptalente

Das Rookie-Syndrom ist jedoch nicht auf McLaren, also ein - man ist fast dazu geneigt, zu schreiben 'ehemaliges' - Topteam begrenzt. Auch Sauber-Pilot Esteban Gutierrez berichtet dem Motorsport-Magazin.com-Redakteur vor einem Jahr von dieser schwierigen mentalen Umgewöhnung. Plötzlich war er kein Sieganwärter mehr, sondern einer von vielen im dicht umkämpften Mittelfeld.

"Aus Fahrersicht ist es am schwierigsten, zu akzeptieren, dass man als Team nur ein bestimmtes Performance-Fenster besitzt", erklärte uns Gutierrez nach seinem ersten halben Jahr in der Formel 1. Als Fahrer müsse er verstehen, dass er nicht über dieses Limit hinausgehen dürfe, sonst begehe er Fehler. Diese Tatsache zu akzeptieren, ist aus Gutierrez' Sicht die größte Herausforderung für einen F1-Rookie.

"Oh ja", pflichtet Max Chilton bei, der im vergangenen Jahr ebenfalls sein Formel-1-Debüt gab und von Motorsport-Magazin.com am gleichen Tag wie der Mexikaner mit dieser Frage konfrontiert wurde. Chilton und Gutierrez fuhren 2012 gegeneinander in der GP2.

"Wir waren Dritter und Vierter in der Gesamtwertung und es ist ein komisches Gefühl, wenn man Rennen gewonnen hat und plötzlich am Ende des Feldes fährt", erklärte Chilton, der die Veränderung der Perspektive rasch akzeptiert hat. "Es geht jetzt darum, das Beste aus dem Auto herauszuholen und nicht mehr darum, vorne mitzukämpfen - das ist unmöglich für uns."

Magnussen: Einsicht der erste Schritt zur Besserung

Esteban Gutierrez beschrieb Stephan die Herausforderung des Rookie-Syndroms, Foto: Sutton
Esteban Gutierrez beschrieb Stephan die Herausforderung des Rookie-Syndroms, Foto: Sutton

Magnussen hat bei McLaren definitiv bessere Voraussetzungen als Chilton und Gutierrez in ihrer Rookie-Saison 2013, genau genommen auch viel bessere Chancen als sie diese beiden in diesem Jahr besitzen. Nach Platz zwei bei seinem Debütrennen in Australien wurde Magnussen sogar schon als neuer Lewis Hamilton gefeiert.

Den Dänen kümmert das in bester Iceman-Manier wenig. "Das Schwierigste ist der Umgang mit deinen eigenen Erwartungen", sagt er Motorsport-Magazin.com. Bereits in Melbourne sei ihm klar gewesen, dass er dieses Ergebnis nicht sofort würde wiederholen können. "Dennoch war es schwierig zu akzeptieren, dass wir in Malaysia und Bahrain nicht die Pace hatten." Es habe einige Zeit gedauert, bis er das eingesehen habe. Einer der Schlüssel, um das Rookie-Syndrom erfolgreich abzulegen.

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