Die Spannung in Maranello steigt. Ist Ferrari in diesem Jahr mit dem F14 T der große Wurf gelungen und nach siebenjähriger Durststrecke kann endlich der heiß ersehnte Weltmeistertitel eingefahren werden? Bei den Testfahrten erwies sich der rote Bolide zwar als durchaus zuverlässig, am Speed mangelte es jedoch nicht zu knapp, wie der Rückstand auf die Gegnerschaft - allen voran Mercedes - zeigte. Wie es tatsächlich um die Konkurrenzfähigkeit des neuen Arbeitsgeräts von Fernando Alonso und Kimi Räikkönen bestellt ist, wird sich beim Saisonauftakt im Albert Park zu Melbourne weisen.

"Während der Tests haben wir 24 Stunden am Tag gearbeitet, um sicherzustellen, dass der Wagen bereit war, aber wenn wir einmal in Melbourne sind, sind wir aufgrund der Regeln stärker eingeschränkt in dem, was wir tun können und wie viele Stunden wir arbeiten können", blickt Ferraris Technikchef Pat Fry auf den Saisonstart. Für den Briten steht fest, dass sich wegen des neuen Reglements die Gestalt des gesamten Rennwochenendes verändern wird. "In der Vergangenheit war die Standfestigkeit der Formel-1-Autos unglaublich, aber dieses Jahr bedeutet ihre schiere Komplexität, dass es eine Herausforderung wird - besonders im Qualifying und dem Rennen."

Während in den ersten Rennen des Jahres zahlreiche technisch bedingte Ausfälle befürchtet werden, sich die Lage mit der Zeit jedoch entspannen sollte, müssen sich die Teams den Sprit über die gesamte Saison exakt einteilen - bekanntlich sind nur mehr 100 kg pro Grand Prix erlaubt. "In manchen Rennen werden wir vom Treibstoff limitiert sein und werden den besten Weg finden müssen, um ihn zu sparen", weiß Fry. "Effektiv werden wir die elektrische Energie gegen den Spritverbrauch aufrechnen - es ist unser Job herauszufinden, was die beste Kombination für das Rennen ist."

Alonso erwartet keine großen Änderungen

Fernando Alonso macht sich keine Sorgen, dass aufgrund der limitierten Spritmenge der Formel 1 ihr Reiz abhandenkommen könnte. "Ich glaube nicht, dass es gegenüber den Vorjahren einen großen Unterschied geben wird", sagt der Spanier. "Wir mussten wegen des hohen Verschleißes sehr auf die Reifen achten. Jetzt werden wir auf die Reifen achten, ein bisschen auf die Batterien und auf den Spritverbrauch - aber es ist alles dasselbe."

Alonso freut sich, dass es wieder los geht, Foto: Sutton
Alonso freut sich, dass es wieder los geht, Foto: Sutton

Der zweifache Weltmeister denkt zudem nicht, dass es den Zuschauern überhaupt auffallen wird, wenn die Piloten etwas vom Gas gehen, um mit dem wertvollen Treibstoff hauszuhalten. "Wenn wir drei Zehntel pro Runde langsamer fahren, ist es vor einer Tribüne ein halbes Zehntel. Wenn also jemand erkennen kann, wann wir Sprit sparen, muss er ein ziemlicher Experte sein."

Obwohl 2014 zahlreiche neue Regeln in Kraft treten, sowohl auf technischer als auch auf sportlicher Seite, hat sich an der Faszination der Königsklasse nichts geändert, ist Alonso sicher. "Wenn das grüne Licht angeht, wird sich in puncto Adrenalin, Überholmanöver, Strategie, Fahrermanagement oder Reifensparen nichts ändern", ist der Ferrari-Pilot überzeugt. "Die Dinge werden sehr, sehr ähnlich wie im letzten Jahr sein, wenn das grüne Licht angeht."

Alonso macht kein Geheimnis daraus, dass ihn Mercedes während der Testfahrten beeindruckt hat. Allerdings gilt es für ihn das erste Rennen abzuwarten, um die Tatsachen zu beurteilen - gleiches gilt für Red Bull. "Viele reden über ihre Probleme, aber vielleicht kommen sie zum ersten Rennen und sind vorne", warnte der Spanier. Zunächst möchte sich Alonso auf seine eigenen Aufgaben konzentrieren, denn davon gebe es genug. "Ich denke, wir sollten nicht zu pessimistisch oder zu optimistisch sein, denn es ist wahrscheinlich für alle ein blindes Rennen in Sachen Performance."

Räikkönen hofft auf Podestplatz

In das gleiche Horn bläst Teamkollege Kimi Räikkönen. Nach den Testfahrten, die aus Ferrari-Sicht vor allem gegen Ende nicht problemfrei verliefen, will sich der Finne nicht zu weit aus dem Fenster lehnen und von einem Ferrari-Sieg sprechen. "Es ist sicherlich das Ziel, aber an diesem Wochenende warten so viele Unbekannte", schilderte der Melbourne-Sieger des Vorjahres. "Wir müssen sehen, wie wir starten, unser Bestes geben und versuchen, vorne dabei zu sein, das Rennen zu beenden, um hoffentlich zumindest auf dem Podest stehen."

Kimi Räikkönen glaubt an einen Podestplatz - mindestens, Foto: Sutton
Kimi Räikkönen glaubt an einen Podestplatz - mindestens, Foto: Sutton

Der Ferrari-Pilot startet aber mit viel Optimismus in den Saisonauftakt. Sollte Ferrari alles richtig machen, sollte die Mannschaft seiner Meinung nach vorne dabei sein. Diese Auffassung teilt auch Teamkollege Alonso. "Wenn wir alles richtig machen, sollten Punkte oder sogar das Podest möglich sein", zeigte sich Alonso optimistisch, warnte aber gleichzeitig, dass selbst ein minimaler Fehler 2014 das Rennen in Melbourne sofort beenden kann. "Wir müssen 100 prozentig konzentriert sein."

Ferrari: Melbourne Bilanz

Ferrari in Melbourne: Ferrari ist gemeinsam mit McLaren das erfolgreichste Team beim Rennen in Melbourne. Bei 18 Auflagen triumphierte die Mannschaft aus Maranello genauso wie der britische Konkurrent sechs Mal. Wie nicht anders zu erwarten, steuerte Michael Schumacher mit vier Erfolgen (2000, 2001, 2002, 2004) den Löwenanteil bei, Eddie Irvine (1999) und Kimi Räikkönen (2007) siegten jeweils einmal.

Fernando Alonso in Melbourne: Etwas Zählbares nahm Fernando Alonso fast immer mit, wenn er im Albert Park fuhr. Außer bei seiner ersten Teilnahme 2001 beendete der Asturier jedes Rennen in Melbourne in den Punkten, fünf Mal (2004 - 2007, 2013) schaffte er dabei den Sprung aufs Podium. 2006 fuhr er für Renault seinen ersten und bis dato einzigen Sieg auf dem fünften Kontinent heraus.

Kimi Räikkönen in Melbourne: Kimi Räikkönen kam in Melbourne auf Anhieb gut zurecht. Gleich bei seiner Premiere im Albert Park (2001) ergatterte der Finne mit Platz sechs noch einen WM-Punkt. Bei insgesamt zehn Rennen in Melbourne landete er fünf Mal auf dem Podium. Zwei dritten Plätzen (2002, 2003) ließ er 2006 einen zweiten Rang folgen, bevor er in seinem Weltmeisterjahr 2007 den ersten Sieg feierte. Nach einigen eher durchwachsenen Auftritten gewann der Iceman im Vorjahr in Diensten von Lotus erneut.

Redaktionskommentar

Motorsport-Magazin.com meint: Dass Kimi Räikkönen seinen Sieg aus dem Vorjahr wiederholen kann, ist unwahrscheinlich. Ferraris größter Trumpf beim ersten Saisonrennen dürfte die Konstanz sein, doch da auch die Mercedes-Teams diesbezüglich gut aufgestellt sind und dazu noch über eine starke Pace verfügen, werden sich Räikkönen und Fernando Alonso wohl mit Plätzen abseits des Podiums begnügen müssen. (Philipp Schajer).