Zu leise, zu langsam, zu kompliziert, und obendrein auch noch hässlich: Die neue Formel 1 musste sich in den vergangenen Wochen einiges an Kritik gefallen lassen. Das neue Motorenreglement wurde von vielen pessimistischen Stimmen begleitet - noch lange vor dem ersten Saisonrennen in Australien. Die Testfahrten in Jerez lieferten zwar einen kleinen Vorgeschmack auf 2014, doch scharf war das Bild noch lange nicht; erst ab den beiden Tests in Bahrain werden die Teams an der Performance und am Speed arbeiten. Viele Experten und Beobachter bewahren noch die Ruhe, bis sich wirklich aussagekräftige Schlüsse ziehen lassen. Zu dieser Gruppe zählt auch Ferrari-Teamchef Stefano Domenicali, der zur Ruhe mahnte.

"In dieser Situation ist es am besten, keine vorschnellen Schlüsse zu ziehen und damit in die Karten der Miesmacher zu spielen, denn ein Hang zur Selbstzerstörung macht keinen Sinn", sagte Domenicali. Es sei schließlich bei jeder Veränderung an der Tagesordnung, über diese zu diskutieren und zu kommentieren. Bei den Tests in Jerez seien zu keiner Zeit mehr als fünf Autos gleichzeitig auf der Strecke gewesen, deshalb müsse man den weiteren Verlauf abwarten. "Schauen wir uns erst einmal an, was passiert, wenn 22 Autos gleichzeitig fahren, bevor wir sagen, dass alles schief gelaufen ist", so Domenicali. "Wenn man eine Richtung eingeschlagen hat, muss man diese konstruktiv fortsetzen."

Ein großer Kritikpunkt ist der Sound der neuen Turbo-Generation. Die neuen 1,6 Liter-Motoren haben den Geräuschpegel an der Rennstrecke im Vergleich zum V8 doch deutlich gesenkt. In Jerez waren einige verwundert, dass sie in der Boxengasse mit dem Handy telefonieren konnten - zu Zeiten der 'lauten' Formel 1 quasi ein Ding der Unmöglichkeit. Sollten sich die Fans wegen des Sounds von der Königsklasse des Motorsports abwenden, müssten laut Domenicali gegebenenfalls Änderungen her. "Wenn wir nach einer gewissen Zeit bemerken, dass ein Spannungselement, wie etwa der Sound, fehlt, müssen wir schauen, wie wir am besten darauf reagieren", so Domenicali.

Gleichzeitig konnte sich der Teamchef der Scuderia kaum vorstellen, dass allein der fehlende Sound die Fans vom Rennstreckenbesuch abhält. Zuletzt erlebte die Formel 1 in diesem Punkt allerdings einen Rückgang sowohl vor Ort als auch am Fernseher, was auch Domenicali auffiel. "Wir sollten uns mehr um eine Grand-Prix-Veranstaltung als Ganzes sorgen", sagte er. "Und wir müssen einen Weg finden, um den Sport für junge Leute attraktiv zu machen, denn heutzutage besteht der harte Kern der Fans aus 35- bis 50-Jährigen." Das Auto müsse wieder für Begeisterung stehen und nicht als reines Transportmittel angesehen werden.

Redaktionskommentar

Motorsport-Magazin.com meint: Leicht hat es die Formel 1 wirklich nicht in diesen Tagen. Zwar sind Spannung und Vorfreude auf die kommende Saison groß wie seit vielen Jahren nicht mehr, doch es schwingt ständig etwas Kritik mit - sowohl bei Fans als auch bei Experten. Das erinnert mich an das alte Sprichwort: "Was der Bauer nicht kennt, das frisst er nicht." Heißt: Neues wird eigentlich immer erstmal kritisch beäugt, mit der Zeit stellt sich dann Akzeptanz ein. So sollte es auch bei der neuen Turbo-Formel der Fall sein. Vieles ist noch gewöhnungsbedürftig und wir alle müssen lernen, wie so eine Power Unit denn nun wirklich funktioniert - und am Ende freuen wir uns über die spannenden Rennen mit vielen unbekannten Elementen, die den Sport auf eine neue Ebene hieven. (Robert Seiwert)