Red Bull ließ sich wie einige andere Teams bis zum letzten Augenblick vor dem Auftakt der Testfahrten Zeit, ehe es seinen Jubiläumsboliden vorstellte - das Team geht in seine zehnte Saison in der Formel 1. "Das Auto wird etwas anders aussehen", kündigte Teamchef Christian Horner bereits an, wobei die derzeit viel zitierte Nase des Boliden für ihn nicht das Elementare ist. "Was unter der Decke steckt, wird der spannende Aspekt", spielte er auf die neuen Turbomotoren an.

Der RB10 wird von einem Triebwerk aus dem Hause Renault befeuert, das auf den wenig klangvollen Namen Energy F1 hört. "Wir sind überzeugt, dass wir mit Renault zusammen über ein konkurrenzfähiges Paket verfügen", sagte Horner. "Es gibt momentan sehr viel Hörensagen, aber wie jedes Jahr zählt nur das, was bis zur Flagge in Melbourne passiert."

Weit vor dem Fallen der ersten Zielflagge ist beim Weltmeisterteam einiges passiert. Mark Ellis, Chefdesigner für Fahrzeugdynamik, und Gilles Wood, Chefingenieur für Simulation und Analyse, heuerten bei Mercedes an. Aerodynamikchef Peter Prodromou wird sich 2015 McLaren anschließen. Horner fürchtet nicht, dass darunter die Motivation Prodromous leiden wird. "Er ist komplett auf das aktuelle Auto fokussiert." Red Bull werde in den nächsten Monaten nach einem geeigneten Nachfolger suchen.

Für Ellis wurde bereits intern ein Ersatz gefunden. Pierre Waché, bislang Chefingenieur für den Bereich Fahrzeugperformance, wird mit sofortiger Wirkung den Bereich Fahrzeugdynamik übernehmen. Waché steht seit zwölf Monaten bei Red Bull unter Vertrag und nahm nach seinem Wechsel von Sauber im Juni seine neue Arbeit auf.

Newey auf dem Sprung?

Doch damit nicht genug der personellen Unruhe. Bereits in der vergangenen Saison machten Gerüchte die Runde, Adrian Newey könnte der Formel 1 mit ihrem immer strikteren Reglement früher oder später überdrüssig werden. "Es ist bedauerlich und eine Gefahr, dass die Vorschriften immer restriktiver werden", erklärte er. Eine Alternative hat sich für das Design-Genie bereits aufgetan. Er erhielt ein Angebot aus dem Segelsport und führte am Rande des Abu Dhabi GP positive Gespräche.

Noch ist ein Abschied allerdings nicht in Stein gemeißelt und Horner glaubt fest an Newey. "Er ist genau so hungrig und motiviert, wie er es immer war", betonte er. Das Gleiche gelte auch für ihn selbst. "Ich muss nie kämpfen, um die Motivation zu finden", unterstrich er. "Gewinnen macht süchtig. Es ist die Angst vor dem Scheitern, die uns alle bei Red Bull antreibt. Die Formel 1 ist so ein konkurrenzfähiges Geschäft, dass man es sich nicht leisten kann, einen Schritt zu verpassen."

Weiterhin mit an Bord ist der vierfache Weltmeister Sebastian Vettel. Doch auch bei ihm hat sich in der Winterpause etwas getan. Der 26-Jährige wurde zum ersten Mal Vater. Die Konkurrenz wird hoffen, dass ihn das langsamer macht. Die andere Veränderung ist der neue Fitnesstrainer an seiner Seite. Der Red-Bull-Pilot setzt künftig auf die Dienste von Antti Kontsas, der zuletzt Toro-Rosso-Mann Jean-Eric Vergne betreute. Kontsas ist nach Heikki Huovinen und Tommi Pärmäkoski bereits der dritte finnische Trainer, dem Vettel vertraut.

Diese Veränderungen sind jedoch nicht der Grund dafür, dass Vettel laut der dpa von einem turbulenten Saisonstart ausgeht. "Jetzt ist alles neu: Neues Auto und neuer Motor und neuer Antriebsstrang. Ich glaube, jetzt gibt's für alle Teams sehr viel mehr zu tun", erklärte er. Angesichts der massiven Regeländerungen sei "wirklich jeder Einzelne zu hundert Prozent gefragt".

Sein neuer Teamkollege Daniel Ricciardo, der mit der Startnummer 3 ins Rennen geht, hofft darauf, leistungstechnisch näher an Vettel zu sein, als es seinem Landsmann und Vorgänger Mark Webber gelang. Doch der junge Australier ist sich der Stärke seines Mannschaftskameraden bewusst. "Ich glaube nicht, dass er seine Höchstleistung bereits erreicht hat - was ein bisschen beängstigend für mich und die anderen Fahrer ist. Er ist beeindruckend", schwärmte er. "Ich bin jünger als er, deshalb denke ich, dass ich meinen Höhepunkt noch nicht erreicht habe."