Bei Sauber ist 2013 vieles neu: Im Vergleich zum Saisonstart im Vorjahr wechselten neben beiden Fahrern auch der Technische Direktor und der Teamchef. Statt Sergio Perez und Kamui Kobayashi greifen künftig Nico Hülkenberg und Esteban Gutierrez ins Lenkrad. Am Kommandostand übernahm Monisha Kaltenborn schon im Herbst das Zepter von Peter Sauber und für die technische Entwicklung ist statt Ex-Chef James Key, der zu Toro Rosso abwanderte, die vierköpfige Gruppe um Matt Morris, Willem Toet, Pierre Wache und Gianpaolo Dall'Ara verantwortlich. "Wir haben uns als Team weiterentwickelt", sagte Kaltenborn im Rahmen der Testfahrten. "Und wir haben zwei Fahrer, von denen wir glauben, dass sie unser Potenzial realisieren können."

Sauber übergab das Zepter im Herbst an Kaltenborn, Foto: Sutton
Sauber übergab das Zepter im Herbst an Kaltenborn, Foto: Sutton

Teamgründer und -eigentümer Peter Sauber wird künftig nur noch als "gute Seele" des Rennstalls fungieren. Er hatte sich nach Saisonende 2012 mit folgenden Worten aus dem operativen Geschäft zurückgezogen: "Die Weichen für die Zukunft sind gestellt. Ich hoffe, dass ich gar nichts vermissen werde. Ich werde mich an diese neue Situation gewöhnen müssen, aber es liegen ein paar schöne Perspektiven vor mir."

Das Team: Die schon im Laufe des Vorjahres umstrukturierte Truppe tritt ein schweres Erbe an: Vier Podestplätze aus 2012 stellen das beste Saisoneregebnis in der Geschichte des Schweizer Rennstalls (die Zeit als Semi-Werksteam von BMW ausgenommen) dar. Bei den Tests konnte man aber zumindest von der gezeigten Laufleistung her überzeugen: Mit 5.303 Kilometer spulten Hülkenberg und Gutierrez mehr ab als jedes andere Fahrer-Duo. Kaltenborn gab die Marschrichtung vor: "Unser Ziel ist klar: Wir wollen uns verbessern. Der Schlüssel dazu liegt in unserem Auto."

Sauber zählt erneut nicht zu den Reihen der Krösuse in der Formel 1, sollte finanziell dennoch besser dastehen als so mancher Mitbewerber. Kaltenborn wurde im Vorfeld der Saison nicht müde, auf eine baldige Budgetobergrenze zu drängen. "Die hohen Kosten sind der Grund, warum es einigen Rennställen wirtschaftlich schlecht geht", erklärte die Österreicherin. "Wir müssen auf die globale Wirtschaft reagieren und Verantwortung übernehmen - genau wie andere Sportarten das auch tun."

Die Fahrer: Nico Hülkenberg ist mit zwei Jahren Erfahrung der neue Teamleader. Der junge Deutsche hatte im Vorjahr vor allem im letzten Saisondrittel ein Abonnement auf die Punkteränge. Zu vollmundigen Ansagen ließ sich Hülkenberg nach Ende der Testfahrten nicht hinreißen: "Ich habe keine Ahnung, wo wir stehen - das ist die Wahrheit. Es macht keinen Sinn, Versprechungen zu machen, die wir nachher nicht halten können."

Esteban Gutierrez geht gut vorbereitet in seine erste Saison. Bei den Tests war er zwar regelmäßig langsamer als sein Teamkollege, jedoch leistete er sich keine großen Schnitzer und kam auf eine beachtliche Rundenzahl. Der 21-jährige Mexikaner geht realistisch in sein erstes Jahr: "Ich habe mein Bestes getan und freue mich nun auf Melbourne, aber ein Rennwochenende ist noch einmal etwas komplett anderes."

Die Seitenkästen am Sauber sind minimalistisch klein, Foto: Sutton
Die Seitenkästen am Sauber sind minimalistisch klein, Foto: Sutton

Das Auto: Der Sauber C32 ist eines der spektakulärsten Autos im Feld. Die Konkurrenz fragt sich, wie es die Schweizer geschafft haben, die Seitenkästen so minimalistisch ausfallen zu lassen und dennoch für ausreichend Kühlung zu sorgen. Die Mini-Variante bringt enorme Vorteile bei der Anströmung des Diffusors und beim Luftwiderstand. Befürchtete Zuverlässigkeitsprobleme blieben bislang aus: mit über 5000 Kilometer absolvierten Nico Hülkenberg und Esteban Gutierrez mehr Runden als jedes andere Fahrer-Duo.

Zur Zuverlässigkeit gesellte sich noch eine ordentliche Pace. Vor allem Nico Hülkenberg konnte bei den Zeiten überzeugen. Wie schon im letzten Jahr wirkte der Sauber bei den Longruns sehr konkurrenzfähig. Wie Lotus, Mercedes und Red Bull testeten die Schweizer bereits ein DRD, ob dieses System jedoch beim Saisonauftakt zum Einsatz kommt, ist fraglich. An der Fahrzeugfront sorgte der C32 ebenfalls für Aufsehen: der Schlitz in der Nase, der die Luft von der Fahrzeug-Unterseite zur Oberseite leitet, bleibt erhalten, ist jetzt ein wenig in das Vanity Panel integriert.

Saisonziel: Besser als im Vorjahr (WM-Platz 6, 126 Punkte).

PRO: Sauber zeigte sich bei der Herangehensweise an die Saison 2013 extrem mutig. Den Abgang von Sergio Perez konnte Teamchefin Monisha Kaltenborn wohl nicht verhindern, doch mit Nico Hülkenberg scheint ein adäquater Ersatz gefunden. Auch Neuzugang Esteban Gutierrez machte bislang einen guten Eindruck und lässt überdies die Kassen klingeln. Obwohl 2013 von vielen als Übergangssaison bezeichnet wird, ließen die Sauber-Ingenieure keine Karbon-Lage auf der anderen. Der Sauber C32 sieht nicht nur toll aus, er ist auch schnell und zuverlässig. Sollten die Pirelli-Pneus so schnell abbauen wie befürchtet, sehe ich Sauber als Geheimfavorit für Podiumsplatzierungen. (Christian Menath)

CONTRA: Sauber ist in der vergangenen Saison am Zenit angekommen. Bei den letzten fünf Rennen sammelten die Schweizer lediglich magere zehn Punkte und deuteten damit bereits einen Abwärtstrend an - das könnte ein Vorgeschmack auf 2013 gewesen sein. Mittelfristig wird es den Privatiers mangels großer finanzieller Ressourcen nicht möglich sein, mit den Giganten der Branche mitzuhalten, hinzu kommt die meiner Ansicht schwächere Fahrerpaarung als im Vorjahr, die außerdem erst im Team heimisch werden muss. Es könnte ein mühsames Jahr für Sauber werden. (Philipp Schajer)